MZ-Serie
Alles eine Sache der Kopfarbeit

Die Firma Stöhr in Wernberg-Köblitz ist der größte Mützenproduzent in Europa. Die Spezialisierung hat den Fortbestand des Unternehmens gesichert.

28.09.2013 | Stand 16.09.2023, 7:24 Uhr
Katja Bock

Ralph Weber leitet in dritter Generation das Familienunternehmen Walter Stöhr GmbH in Wernberg-Köblitz. Sein Großvater begann mit Socken, später mit gestrickter Babykleidung. Foto: Gabi Schönberger

Lange war die Mütze nur ungeliebtes Accessoire und diente vor allem beim Sport zum Schutz vor Kälte, bis sie sich in den letzten Jahren zum Trend-Accessoire wandelte. Vom Tierkopf über Bommel bis zur Beanie ist die Kopfbedeckung in ihrer Stil-Vielfalt nicht mehr aus dem Straßenbild wegzudenken. Kaum zu glauben, dass dabei die meisten Mützen in Europa aus Wernberg-Köblitz kommen. Mit Kunden wie Adidas, Bogner oder Mammut und der Eigenmarke „Stöhr Knitwear“ ist die Firma Stöhr aus Wernberg-Köblitz der größte Mützenproduzent Europas.

Vom Socken- zum Mützen-Profi

Von Außen kaum einsehbar liegt das Firmengebäude eingebettet in eine Wohnhaussiedlung. Minimalistisches, funktionales Design und eine klare Formensprache kennzeichnen das Gebäude. „Die ersten Gebäude wurden in den Sechziger Jahren von einem Bauhaus-Schüler entworfen und dann Stück für Stück im gleichen Stil weitergebaut“, erklärt Firmenchef Ralph Weber die eindrucksvolle Architektur. Seit über 60 Jahren ist das Traditionsunternehmen am Standort in der Oberpfalz. Dabei beginnt die Geschichte von „Stöhr Knitwear“ mit einer glücklichen Fügung des Schicksals. „Mein Großvater war Prokurist bei einem Textilmaschinenhersteller in Chemnitz. Nach dem zweiten Weltkrieg wollte ihn die Firma nicht mehr übernehmen und er hat als Abfindung Maschinen bekommen“, erzählt Weber, der das Unternehmen in dritter Generation leitet. Eigentlich gar keine Erfahrung mit der Produktion, gründet Walter Stöhr 1948 mit den Maschinen sein Unternehmen in Woppenhof bei Wernberg-Köblitz und spezialisiert sich zunächst auf die Produktion von Socken. Nach einem großen Brand in der Firma beginnt er schließlich mit den verbliebenen Handstrickautomaten Mützen und Babygarnituren herzustellen. Damit traf Stöhr den Nerv der Zeit und konnte Versandwarenhäuser, Einkaufsverbände und Warenhauskonzerne als Kunden gewinnen.

Seit 2006 eine eigene Linie

„Den Einbruch der Textilbranche in den 80er Jahren, haben wir vor allem durch die Spezialisierung auf das Nischenprodukt Mütze überlebt“, erklärt Weber. Mit der Verbindung aus Produktion und Design gelingt es dem Unternehmen große Modelabels wie Adidas, Bogner oder Schöffel als Kunden zu gewinnen. „Bei Adiddas statten wir alle Athleten aus. Also alle Sportler von den Biathleten bis Skifahrer haben Mützen aus dem Haus Stöhr auf.“ Der nächste große Schritt für das Unternehmen folgt 2006 als Stöhr seine hauseigene Linie lanciert. „Wir haben diesen Schritt gemacht, weil er für uns Unabhängigkeit bedeutet, aber wir uns natürlich auch selbst verwirklichen können. Außerdem ist man selbst dafür verantwortlich, ob man Erfolg hat oder auch nicht“, erklärt Weber. Seit 2010 ergänzen das Sortiment der hauseigenen Marke „Stöhr Knitwear“ die beiden Linien „Stöhrfaktor“ und seit 2011 „Stöhrenfried“.

„Stöhrfaktor ist jung, wild und bunt. Knallige Farben und Grobstrick kennzeichnen das Design. Stöhrenfried ist das Pendant für die Kleinen.“ Vom Panda bis zur Bommel-Mütze Aus den Strickautomaten laufen unentwegt die neuesten Muster. Von einfarbig in Grau bis zu leuchtenden Neonfarben mit Zick-Zack-Muster wird alles per Computer gesteuert. Im hinteren Teil sitzen drei Mitarbeiterinnen und fertigen nur Mützen-Bommel an speziellen Maschinen. „Bommel aus Wolle oder auch Pelz bleiben auch die kommenden Saisons noch ein großes Thema bei den Mützen, genauso wie die groben Strukturen.“ Wirft man einen Blick in das Lookbook für 2013/2014 zeigt sich der Winter, zumindest was die Kopfbedeckung betrifft, farbenfroh und musterreich. Die Bandbreite reicht von Eisblumen-Motiven bis zu Katzengesichtern.

Produziert wird alles in Wernberg-Köblitz und dem zweiten Standort Marienberg in Sachsen. „Unsere ganzen Produkte sind alle „Made in Germany“. Wir sind einer von zweien, die noch in Deutschland produzieren.“ Um den hohen Qualitätsanspruch zu gewährleisten, stammen alle Garne aus Italien.

Produktion mit Heimarbeitsplätzen

„Nach dem Design werden die Mützen zunächst gestrickt, gebügelt, genäht und nach der Qualitätskontrolle versendet.“ Rund 40 feste Mitarbeiter am Standort in Wernberg und 25 in Marienberg sorgen für den reibungslosen Ablauf. „Wir haben zusätzlich auch noch Heimarbeiter. Unser Firmenbus fährt dann jeden Tag ca. 100 Kilometer und holt die Sachen ab. Das sind ganz unterschiedliche Produktionsprozesse, von Etiketten ankleben bis zu Näharbeiten.“

Mit rund 750 000 verkauften Teilen im Jahr und 5,5 Millionen Umsatz ist Stöhr mittlerweile der größte Mützenproduzent Europas. Seit über 60 Jahren auf dem Markt, überzeugt das Oberpfälzer Unternehmen mit Funktionalität, Qualität und modischem Gespür.