MZ-Serie
Der Arbeitersohn mit Künstlerseele

Bayerische Originale: Hans Brenner war zwar gebürtiger Österreicher, doch er fand in bayerischen Serien eine zweite Heimat.

24.03.2015 | Stand 16.09.2023, 7:10 Uhr
Im preisgekrönten Film „Todesspiel“ feierte Hans Brenner seinen größten Erfolg: Darin stellte er den von der RAF entführten Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer dar.. −Foto: WDR

„Nix für unguat“, das war sein obligatorischer Abschiedsgruß als Fernsehpförtner Alois Baierl. Mit Schirmmütze, Dienstanzug, Krawatte und Schnauzbart kommentierte Hans Brenner zwei Jahre lang jeden Freitag im Bayerischen Rundfunk das Weltgeschehen. Bissig und hintersinnig waren seine Anmerkungen, grantelnd das Auftreten. Hans Brenner gehörte zur großen bayerischen Volksschauspielerriege. Dennoch, nix für unguat: Hans Brenner war gebürtiger Tiroler, am 25. November 1938 in Innsbruck geboren. Doch er lebte viele Jahre in Bayern, feierte große Erfolge auf Münchner Bühnen und spielte in typisch bayerischen TV-Serien mit – von den „Münchner G’schichten“ bis zur „Hausmeisterin“. „Er hat sich selbst gern als Münchner Volksschauspieler bezeichnet“, erinnert sich Susanne Schulz, langjährige Mitarbeiterin am Münchner Volkstheater. Als Brenner mit 59 Jahren einem Krebsleiden erlag, wollte er aber doch in seiner Geburtsstadt begraben werden.

Politik als Thema

Brenner stammt aus einer Arbeiterfamilie. Ein Künstlerberuf ist ihm nicht in die Wiege gelegt, doch nach Abitur und Wehrdienst steht fest: Er geht nach Salzburg an die Schauspielschule. Das erste Engagement hat er am Bregenzer Theater. Sein Weg führt ihn nach Deutschland, er spielt in Heidelberg, Göttingen, München und Berlin. Dort setzt sich Brenner 1968/69 intensiv mit der Studentenbewegung auseinander, hält engen Kontakt mit den damaligen Größen der APO-Szene. Anfang der 1980er Jahre kommt er erneut nach München, das für ihn zur zweiten Heimat wird.

Das liegt vor allem an Ruth Drexel, die er in Berlin kennengelernt hat. Mit ihr kommt er als Privatmann zur Ruhe. Oft spielt er an ihrer Seite im Fernsehen und auch auf der Bühne – vor allem am Münchner Volkstheater, wo Drexel Intendantin war. „Die beiden haben sich wunderbar ergänzt“, erinnert sich Susanne Schulz, „Hans Brenner hatte kein Problem damit, dass sie am Theater seine Chefin war“. Mehr als 25 Jahre sind die beiden ein Paar und haben eine gemeinsame Tochter, Cilli Drexel, die heute ebenfalls als Schauspielerin und Regisseurin arbeitet. Darüber hinaus hat Brenner drei Töchter aus einer früheren Beziehung mit der Schauspielerin Susanne Kappeler und außerdem noch einen Sohn: den Schauspieler Moritz Bleibtreu. Er stammt aus einer Beziehung mit der Schauspielerin Monica Bleibtreu Anfang der 1970er Jahr, die aber nicht lange hält.

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Moritz Bleibtreu wächst ohne seinen Vater in Hamburg auf. „Er hat die Familie verlassen, als ich ein Jahr alt war“, erzählt Bleibtreu einmal der „Bunten“. Er habe den Großteil seiner Jugend eine „Antihaltung“ gegen seinen Vater gehabt: „Ich war nicht sauer, weil er mich alleingelassen hat, sondern weil er meine Mutter alleingelassen hat. Weil ich wusste, wie schwer es für sie war.“ Es wäre die Aufgabe seines Vaters gewesen, seiner Mutter „den Rücken freizuhalten und darauf zu achten, dass sie sich um mich kümmern kann, dass genug zu essen da ist, dass Geld da ist, all das hat er nicht gemacht, und das fand ich ihr gegenüber nicht fair“, so Bleibtreu weiter. Lange Zeit habe er kein Interesse daran gehabt, seinen Vater zu treffen. Erst am Sterbebett von Brenner versöhnen sich die beiden. Ruth Drexel hat Vater und Sohn noch im letzten Moment zusammengebracht.

Charakter und Humor

Hans Brenner ist ein Mann mit vielfältigen Talenten. Er ist als profilierter Charakterdarsteller gefragt und auch als Volksschauspieler erfolgreich. Für seine Rollen im Bertolt Brechts „Der kaukasische Kreidekreis“ und in der „Dreigroschenoper“ wird er 1983 mit der Ludwig-Thoma-Medaille der Stadt München ausgezeichnet. „Das Theater war ihm wichtiger als Fernsehen“, ist sich Susanne Schulz sicher. Aber seine zahlreichen TV-Auftritte machen ihn auch über Bayern hinaus populär, vor allem die Serienrollen: Von „Ein Fall für zwei“ bis „Meister Eder und sein Pumuckl“, vom „Café Meineid“ bis zum „Monaco Franze“ oder „Tatort“ – Brenner ist überall dabei. Für eine TV-Dokumentation verkörpert er auch Adolf Hitler. Sein größter Fernseherfolg war zugleich seine letzte große TV-Rolle: In der preisgekrönten Fernsehdokumentation „Das Todesspiel“ von Heinrich Breloer stellt Brenner den von der RAF ermordeten Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer dar und wird dafür mehrfach ausgezeichnet.

In ernsten Rollen zeigt Brenner sein großes Können, aber er kann auch einfach nur komisch sein. „Als Mensch war er unglaublich fröhlich“, erzählt Susanne Schulz. „Ich habe nie wieder jemanden erlebt, der so unwiderstehlich lachen konnte.“ Schlitzohrig sei Brenners Humor gewesen, erinnert sie sich amüsiert. Außerdem sei Brenner völlig uneitel gewesen, „dabei war er als Schauspieler eine Ausnahmeerscheinung“.