MZ-Serie
Er kann alles, außer hochdeutsch

Kabarettist Michl Müller begann in der Faschingsbütt. Heute füllt er mit Geschichten und schrägen Schlagern große Hallen.

16.11.2016 | Stand 16.09.2023, 6:43 Uhr
Er lästert über Flexitarier und Frauen im Fitnessstudio genauso wie über die Flüchtlingspolitik: der fränkische Kabarettist Michl Müller −Foto: Daniel Biskup

Schlager über die Liebe, über schlaflose Nächte und den Sonnenuntergang auf Barbados – zum Glück hat Michl Müller bessere Themen. Ingwerreiben, Vollwärmeschutz und Fleischereifachverkäuferinnen. Wenn der fränkische Kabarettist von der Gelbwurst singt, dann reißt es das Publikum von den Sitzen. Das ist bei einem Konzert von Andrea Berg oder Helene Fischer zwar nicht anders, aber bei den Schlagerköniginnen gibt es sonst wenig zu lachen.

Ein Faschingsprinz hätte Michl Müller werden können – in edle Robe gewandet und mit einer schönen Prinzessin an seiner Seite. Aber er wählte schon als Kind den Weg in die Bütt. Im Faschingsclub BTC Garitz in Bad Kissingen trat er bei den Kinderelferratssitzungen in der Sporthalle auf. Da war er gerade erst eingeschult worden. 1995 schrieb er sein erstes kabarettistisches Programm, gut zehn Jahre später machte ihn die Fastnacht in Franken in Veitshöchheim, die jedes Jahr im Bayerischen Fernsehen ausgestrahlt wird, einem Millionenpublikum bekannt.

„Der Hochleistungskomiker“

Als „Hochleistungskomiker“ hat der Nordbayerische Kurier den Kabarettisten einmal bezeichnet. Zwölf Programme hat er in zwölf Jahren auf die Bühne gebracht. Normalerweise touren Künstler zwei bis drei Jahre mit ein- und demselben Stück. Auch sonst gehört Michl Müller zur schnellen Truppe. Wenn sich eine neue Pointe ergibt, dann wird sie ins aktuelle Tourprogramm eingearbeitet. Für seine Fernsehshow „Drei, Zwo, Eins, Michl Müller“ reagiert er, wie er in einem Interview mit dem Bayerischen Fernsehen erzählte, sogar tagesaktuell. „Letztendlich entscheide ich auch noch spontan am Abend der Sendung und vielleicht auch noch während der Sendung, was ich für erwähnenswert halte.“ Dafür liest der Kabarettist jeden Morgen mindestens zwei Zeitungen, um politisch auf dem Laufenden zu sein.

Der Terror in Paris, die Flüchtlingskrise – auch vor sensiblen Themen schreckt der 44-Jährige, der auf der Bühne stets ein schwarzes T-Shirt mit dem Aufdruck „Dreggsagg“ trägt, nicht zurück. „Die Engländer sagen: Wir nehmen 4000 Flüchtlinge auf. 4000 – boah! Hoffentlich kippt da nicht die Insel“, lästert er. Aus dem Terror macht er einen Derrorismus – und schon lässt es sich auch über so ernste Themen lachen. „Ich folge der Devise: Lieber über ernste Themen lachen, als gar nicht darüber sprechen“, sagt Müller.

Sehen Sie hier Michl Müllers Auftritt bei der Fastnacht in Franken 2016:

Nur wenn es ums Private geht, wird der Franke mundfaul. Im Internet suchen weibliche Fans auf Klatsch- und Tratsch-Plattformen nach Informationen, ob der Kabarettist verheiratet oder gar Familienvater ist. Die Unterhaltungen enden – zumindest aus Sicht der Fans – immer unbefriedigend. Man weiß es nicht. Nur so viel hat Michl Müller über sich verraten: Nach der Schule lernte er den Beruf des Werkzeugmechanikers, danach arbeitete er als Härter bei den Svenska Kugellagerfabriken in Schweinfurt. 2004 tauschte er seinen Job gegen das Bühnenleben. Etwa 160 Mal tritt er im Jahr auf. Nicht nur im bayerischen Raum, wo man ihn gut versteht, sondern auch im Norden. Dann wird das Fränkische auf den kleinsten gemeinsamen Nenner gebracht. So viel, dass man es noch hört und so wenig, dass man es auch versteht.

Michl Müllers Repertoire ist enorm. Er ist politisch pointiert, aber ebenso gut kann er Alltagsgeschichten so lustig erzählen, dass das Publikum Tränen lacht. Etwa über Holger und dessen Freundin Eileen, die von der Fleischereifachverkäuferin zur Heilpraktikerin umgeschult hat und nun selbst Knochenbrüche mit Globoli therapiert. Oder über Jean Pascal, den seine Mutter für hochbegabt hält, weil er ins Bett nässt. Oder den armen Heinz, der wieder den O-Saft trinken muss, auf den er immer so Sodbrennen bekommt. Aber der is halt grad im Angebot, sagt seine Frau.

Im Duell mit den Oberpfälzern

Mit Frankenlob spart er nicht – das gilt insbesondere für die Fastnacht in Franken, wo er ja jedes Jahr gegen die geballte Macht der Oberpfalz, die Altneihauser Feierwehrkapelln, auftrumpfen muss. „Mir Franken, wir sind ja die Südamerikaner Deutschlands – Tango, Rumba, Cha-Cha-Cha, das haben wir im Blut.“ Im Vergleich mit den so „taktlos“ auftretenden Altneihausern nimmt man ihm das glatt ab.

Länger als drei Stunden dauert ein Abend mit Müllers aktuellem Programm „Ausfahrt freihalten“. Da braucht es Sitzfleisch und gute Zwerchfellmuskulatur. Das Publikum kann davon aber scheinbar nicht genug kriegen. „Keine Minute Langeweile“, schrieb neulich ein Fan nach dem Aufttritt in Parsberg. Ein anderer meinte: „Grünwald und Co. können heimgehen.“ Und Andrea Berg und Helene Fischer? Die können langsam auch einpacken. Mit Hall und Hüftschwung schafft es Michl Müller irgendwann auch noch in die Schlagercharts.

Wir verlosen für Kurzentschlossene fünfmal zwei Karten für den Auftritt von Michl Müller am 19. November um 20 Uhr in der Mehrzweckhalle in Obertraubling. Wer gewinnen will, schickt eine E-Mail angewinnspiel@mittelbayerische.de. Stichwort: Michl Müller. Einsendeschluss ist der 16. November um 20 Uhr. Die Gewinner müssen die Karten im Verlagsgebäude des Mittelbayerische Medienhauses abholen!