MZ-Serie
Er kann Spielen, Singen und Södern

Der Kabarettist und Schauspieler Stefan Zinner ist Familienmensch – auch auf der Bühne. Nur als Söder wird er zum Choleriker.

01.11.2016 | Stand 16.09.2023, 6:39 Uhr
Kürzlich gastierte Stefan ZInner mit seinem Programm „Wilde Zeiten“ in der Alten Mälzerei in Regensburg. −Foto: altrofoto.de

Um aus etwas Gutem etwas sehr Gutes zu machen, braucht es manchmal nur ein paar Oliven. Zumindest gilt das für den Hackbraten von Kabarettist und Schauspieler Stefan Zinner. Den peppt er mit den würzigen Steinfrüchten zum „weltbesten“ seiner Art auf. „Ohne Oliven salzt du dich ja z’tot“, sagt er. Mit dem richtigen Würzen kennt sich der gebürtige Trostberger auch beruflich gut aus. Auf dem Nockherberg gibt er in der Rolle des Markus Söder dem Singspiel Pfeffer, als Kabarettist versüßt er dem Publikum mit Alltagsgeschichten den Abend. Und dass er dazu noch singt, schreibt, Fernsehfilme dreht und zu Hause drei Kinder bespaßt, ist für ihn das Salz in der Suppe. „Genau diese Mischung und Abwechslung machen mir Spaß“, sagt der 42-Jährige.

Von der Schule direkt auf die Bühne

Künstlerisches Talent wurde ihm vermutlich in die Wiege gelegt. Doch Stefan Zinner sagt, dass er in der Schule nicht mit selbigem groß aufgefallen wäre. „Ja gut, ich war schon im Schultheater, aber der Klassenclown war ich nicht“, erzählt er im Gespräch mit unserer Zeitung, während er auf der Bühne der Alten Mälzerei seine Gitarren stimmt. „Von früheren Mitschülern höre ich, dass ihnen schon damals klar war, welchen Weg ich einschlagen würde, mir selbst war das nicht bewusst.“ Kurz vor dem Fachabitur saß der Trostberger dann im Berufsinformationszentrum, um seine Fähigkeiten und Fertigkeiten, wie es so schön heißt, auszuloten. „Ich hab mir nur die Adressen der Schauspielschulen ausdrucken lassen.“ Von diesem Moment an war die Richtung klar und der Weg ans Ziel erstaunlich kurz. Gemeinsam mit dem in Regensburg lebenden Schauspieler Marcus Mittermeier besuchte er die Ruth-von-Zerboni-Schauspielschule in München und wurde von dort direkt ans Landestheater in Salzburg engagiert. Nach drei Jahren wechselte er an die Münchner Kammerspiele. Das Theater zählt zu den besten deutschen Sprechbühnen. Unter anderem spielte Zinner unter der Regie von Herbert von Achternbusch in „Daphne von Andechs“. Doch nach fünf Jahren zog er erneut weiter. Er nahm erste Fernsehrollen an. „Shoppen“ wurde ein Überraschungserfolg. Unter der Regie von Marcus H. Rosenmüller spielte er in „Beste Zeit“. „Räuber Kneißl“ oder „Die Perlmuttfarbe“. Es folgen Auftritte bei den „Rosenheim-Cops“, in mehreren Münchner „Tatort“-Folgen, in den Krimis von Rita Falk („Dampfnudelblues“, „Winterkartoffelknödel“).

Doch Zinner nimmt man nicht nur den grobschlachtigen Metzger Simmerl und den bulligen Weiberhelden („Shoppen“) ab, seit über zehn Jahren glänzt er auch in der Rolle des selbstverliebten Markus Söder beim Singspiel auf dem Münchner Nockherberg. Legendär sein Auftritt 2010 in „Bavaria sucht den Super-Politiker“, wo er den ungestümen Part im Frankenduell gibt und mit „Söder, Söder“ gegen Karl Theodor Freiherr zu Guttenberg (Stefan Murr) ansingt –was dazu führt, dass am Ende der Bavaria (Luise Kinseher) die Hutschnur reißt.

Der Söder mag seinen Söder

Wenn Söder Ministerpräsident wird, dann höre ich auf, hat Stefan Zinner vor einigen Jahren in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung gesagt. Im Gespräch mit dem Mittelbayerischen Medienhaus relativiert er die Aussage. „Der Söder gibt was her und die Rolle macht Spaß. Solange der Rosi (Marcus H. Rosenmüller) das Singspiel macht, bin ich weiter dabei.“ Das dürfte auch im Sinne des Parodierten sein. Söder soll über sein Double gesagt haben: „Mein Schauspieler kann was.“ Im Gegensatz zum Nockherberg, wo sich Stefan Zinner ganz streng an seinen Text und die Regieanweisungen hält, bieten ihm das Kabarett den künstlerischen Freiraum, seine eigenen Gedanken zu Papier zu bringen. Tatsächlich, sagt Zinner, sitze er vor einem leeren Blatt und lasse seinen Gedanken freien Lauf. „Und irgendwas kommt dann schon.“

Viel hat er schon über sein Familienleben verraten. So viel, dass er eigentlich damit aufhören wollte. „Aber dann kommt halt doch immer wieder was, was man einfach weitererzählen muss.“ So wie neulich, als seine jüngste Tochter mit der Einladung zu einer Geburtstagsparty auch gleich eine Liste mitgereicht bekam, in der Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten eingetragen werden konnten. Könnte sein, dass die Geschichte im neuen Programm „Relativ simpel“, mit dem Zinner ab Februar 2017 auf Tour geht, einen Platz finden wird.

Derzeit ist Zinner noch mit „Wilde Zeiten“ unterwegs (u.a. am 26. November im Aventinum in Abensberg). Dabei geht es ebenfalls um Alltägliches. Um Menschen, die er beim Metzger, beim Bäcker oder im Urlaub trifft. Es geht um aufgeblasene Typen, die nach Höherem streben und dabei auch vor Waffen oder besser gesagt vegetarischen Wurfgeschossen nicht zurückschrecken. Zu den witzigen Geschichten gibt es Zinner selbstgetextete Songs. Im neuen Programm, so verrät er, wird die Musik durch einen Begleitmusiker noch etwas aufgepeppt.

Als wären die aktuelle Tour, das Schreiben am neuen Programm und die Kinder, die Zinner betreut während seine Frau als Neurochirurgin arbeitet, noch nicht genug, dreht er aktuell auch eine Mini-Serie, unter anderem in der Oberpfalz. In „Das Verschwinden“ geht es um eine Mutter (Julia Jentsch), die nach ihrer Tochter sucht. Die Dreharbeiten laufen bis Dezember. „Zusammen mit der Tour ist es derzeit schon ein sportliches Programm“, sagt der Kabarettist. Aber Zinner mag es ja gut gewürzt – nicht nur im Hackbraten.

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