MZ-Kantine
Lange Rede, kurzes Lied

Fredl Fesl füllte mit seiner besonderen Art von Kabarett große Hallen. Bis ihn seine Parkinson-Erkrankung zum Aufhören zwang.

22.06.2016 | Stand 16.09.2023, 6:27 Uhr
Fredl Fesl ist der Begründer des bayerischen Musikkabaretts und wird bis heute von vielen Künstlern als Vorbild verehrt. −Foto: dpa

„Mo, mah! Pater mah du! Da Pater maht a. Maht da Pater, dann mah i a.“ Das Publikum applaudiert, krümmt sich vor Lachen. Dabei ist noch keine Gitarrenseite gespielt und noch kein Ton gesungen, das Lied hat ja noch nicht einmal angefangen. Trotzdem hat der Musikkabarettist Fredl Fesl sein Ziel schon erreicht. Die Zuhörer fühlen sich bestens unterhalten. „Eine ganz spezielle Art von Querulantentum“ nannte es einmal der Kabarettist Andreas Giebel in einer Laudatio auf den Niederbayer. Bis heute gilt Fredl Fesl vielen bayerischen Künstlern als Vorbild. Sein Witz war und ist so anders, dass er bis heute konkurrenzlos ist.

In den 1970er und 80er Jahren konnte bei Fredl Fesl jedes Kind mitsingen. „Taxi“ und „Königsjodler“ oder das Lied vom „Edlen Rittersepp“. Der Musiker mit der Prinz-Eisenherz-Frisur, der nach dem Realschulabschluss und der Zeit bei der Bundeswehr als Kunstschmied, Kulissenbauer und Bierfahrer arbeitete, war schon in der Schule mit einem guten Humor ausgestattet.

Hier sehen Sie eine Darbietung des „Königsjodlers“ aus dem Jahr 1995:

Der Erfinder des Ofenrohrfischens

Der kleine Alfred, der im niederbayerischen Grafenau geboren wurde und im fränkischen Greding aufwuchs, erfand das Ofenrohrfischen. Eine etwas umständliche, aber erfolgversprechende Methode, bei der die Forellen immer in die Falle gingen. Im Wirtshaus der Eltern studierte er, wie er seine Witze vorbringen musste, damit sie bei den Gästen ankamen. „Ich mache die Leute lieber mit ein paar Tropfen Humor nass, bevor ich kübelweise Humor an ihnen vorbeischütte“, schreibt Fredl Fesl in seinem 2015 veröffentlichten Buch „Ohne Gaudi is ois nix“. Die Süddeutsche Zeitung beschreibt den über vier Jahrzehnte andauernden Erfolg so: „Auf Fesls Humor konnten sich immer alle verständigen.“

Wegen seiner Parkinson-Erkrankung hat sich der Musikkabarettist inzwischen weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Seinen geliebten Bagger, mit dem er auf seinem Bauernhof in der Nähe von Altötting seine Fischweiher aushob, hat er verkauft. Die Gitarre kann er nicht mehr spielen. Als ihm der Arzt 1996 die Diagnose überbrachte, sagte er zu dem Künstler „Kopf hoch“ Und daran hielt sich Fredl Fesl, so lange es nur irgendwie ging. Bis 2006 bespielte er die Bühnen, absolvierte Termin um Termin, fuhr quer durch Deutschland.

Dann kam, wie er es nennt, der „musikalische Supergau“. Bei einem Konzert gehorchten ihm die Hände nicht mehr, sein Kopf begann zu zucken. „An diesem Abend wusste ich: Jetzt musst du aufhören. Jetzt ist Schluss.“

Doch das Publikum ist nicht davongelaufen, hat sich nicht abgewendet. Noch heute liegt in seinem Briefkasten Fanpost. Deshalb marschiere er so gerne dorthin, sagte Fesl in einem Gespräch mit dem „Merkur“. Der Musiker Stefan Dettl („LaBrassBanda“) gab unlängst in einem Fragebogen der Zeitschrift MUH an, dass er sich Fredl Fesl als bayerischen Ministerpräsidenten wünschen würde. Für Willy Astor und die Well-Brüder ist der Erfinder der „Schunkelhilfe“ und der „Regenanimationsmaschine“ bis heute kreatives Vorbild. Sie sehen in Fesl den Begründer des Musikkabaretts in seiner heutigen Form. Sogar die junge Generation der Kabarettisten beruft sich noch auf ihn. Der mit seinen Youtube-Videos bekanntgewordene Grantler Harry G. hat als Kind ebenfalls den Witz von Fredl Fesl studiert.

Dabei war es ein Zufall, dass Fesl, der Gitarre, aber auch Klarinette, Akkordeon und Trompete spielt, überhaupt auf der Bühne landete. Regelmäßig trieb er sich als junger Bursche in der Münchner Kleinkunstkneipe „Song Parnass“ herum. Um sich den Eintritt zu sparen, brachte er seine Gitarre mit und behauptete, dass er auftreten solle. Eines Abends fielen dann tatsächlich zwei Musiker aus und Fredl Fesl wurde auf die Bühne komplementiert. Er erzählte später, dass er nur drei Lieder auf der Gitarre spielen konnte, weshalb er den eineinhalbstündigen Auftritt mit langen Erzählungen füllte, die beim Publikum sehr gut ankamen. Die ausschweifenden Vorreden wurden zu seinem Markenzeichen.

Die Feslschen Wortspielereien sind Klassiker geworden: „Warum heißt das Pferd Pferd? Weil es auf der Erd’ steht. Ständ’ es in der Luft hieß es ja Pfluft.“ Nur einmal wurde der Künstler wegen der Reimereien vor Gericht zitiert – ausgerechnet von Fußballtrainer Jürgen Klinsmann. Dem gefiel der Werbe-Slogan nicht, in dem Fredl Fesl mit dem Namen Klinsmann spielte. Er klagte auf seine Persönlichkeitsrechte – und bekam recht, was Fredl Fesl damals im Gerichtssaal mit den Worten kommentierte: „Es gibt Schlimmeres, matschige Semmelknödel zum Beispiel.“

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Seine schwere Erkrankung, sagt Fesl, mache ihm heute an manchen Tagen so schwer zu schaffen, dass selbst ihm der Humor bisweilen abhandenkommt. Dann kann er wegen seiner Schmerzen kaum aufstehen und verspringt die Stunden in seinem Massagesessel. Als das Bayerische Fernsehen den Künstler vor einigen Jahren in der Reihe „Lebenslinien“ porträtierte, wurde Fesl gefragt, was er sich für die Zukunft wünscht. Auf seine Parkinson-Erkrankung anspielend antwortete er: „Wenn mir die Gesichtszüge einfrieren, dann hoffe ich, dass sie mir mit einem leichten Grinsen einfrieren.“

Hier finden Sie weitere Texte aus unserer Serie „MZ-Kantine: Bayerns Künstler“.

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