Interview
Röhrl – der Jugend (k)ein Vorbild

Seine ersten Versuche im Auto machte Walter Röhrl mit neun. Noch heute hat die StVO für ihn mehr Empfehlungscharakter.

06.03.2017 | Stand 16.09.2023, 6:32 Uhr
Philipp Froschhammer
Katharina Eichinger
Julia Weidner
Ex-Rallye-Weltmeister Walter Röhrl achtet auf die Umwelt. Wenn er mit dem Auto unterwegs ist, hat er aber kein schlechtes Gewissen. −Foto: obs/dpa

Herr Röhrl, erinnern Sie sich an Ihre erste Fahrstunde?

Das war 1964 in der Fahrschule Grashuber. Der Herr Grashuber, war damals eine Autorität in dem Bereich. Als wir in einem VW Käfer losgefahren sind, meinte er nach 500 Metern: „Aha, wieder ein Schwarzfahrer...“

Schwarzfahrer?

Weil ich davor natürlich schon Auto gefahren war. Das erste Mal mit neun Jahren. Mein Vater und ich sind damals zu einem Steinbruch gefahren. Er hat 500 Meter entfernt geparkt. Plötzlich kam sein Wagen – scheinbar ohne Fahrer – angerollt. Ich konnte ja kaum übers Armaturenbrett schauen. Ohne Abwürgen habe ich das damals geschafft. Von dem Moment an durfte ich immer auf unserem Hof fahren.

Fahren ohne Führerschein!

Im Video sehen sie Walter Röhrl in unserem Medienhaus beim Interview:

Und Ihre Vorbildfunktion?

Ich darf halt nichts machen, wobei ich erwischt werde.

Das heißt, sobald keiner hinsieht, ist es okay?

Ich fahr nur schnell, wenn ich mir ganz sicher bin: kein Mensch und kein Auto weit und breit. Das hat gut funktioniert bis jetzt.

Unser Kollege ist mal bei Ihnen mitgefahren. Der hat ganz schön Angst bekommen.

Ich fahre nur schnell, wenn ich mir ganz sicher bin.

Hat die Straßenverkehrsordnung also keinen Sinn?

Doch. Aber Gesetze müssen für die Dümmsten gemacht werden. Der Gesetzgeber muss die Dummköpfe schützen. Ich fahre immer mit Bedacht und Voraussicht. Nur wenn man so eine Einstellung hat, kann man 50 Jahre unfallfrei überstehen. Dass ich keinen Punkt in Flensburg habe, zeigt, dass ich mich im Großen und Ganzen benehme.

Kein Punkt oder noch nie ein Punkt?

Ich habe in meinem ganzen Leben nur einen Punkt gehabt.

Was ist da passiert?

Haben Sie daraus gelernt?

Ja. Ich bin jetzt noch vorsichtiger – aber mit Widerwillen. Jetzt bremse ich das Auto bei der Ortstafel auf 50 ab. Was natürlich nicht zuträglich ist für den Umweltschutz.

Ein Rallye-Fahrer ist ohne Beifahrer nur die Hälfte wert. Walter Röhrl spricht zu seinem 70. über seine Co-Piloten.

Sie sprechen schon zum zweiten Mal die Umwelt an. Sie fahren doch Oldtimer.

Ich überlege mir grundsätzlich, ob ich Autofahren muss oder nicht. Wenn ich nicht muss, fahre ich mit dem Fahrrad. Wenn ich dienstlich oder mit Oldtimern unterwegs bin, dann genieße ich das Autofahren und habe nicht den geringsten Anflug von schlechtem Gewissen.

Wenn ich dienstlich oder mit Oldtimern unterwegs bin, dann genieße ich das Autofahren und habe nicht den geringsten Anflug von schlechtem Gewissen.

Ist es aus umweltethischer Sicht vertretbar, Rallyes zu fahren?

Auf jeden Fall. Der Rallyesport hat zur beschleunigten Entwicklung der Automobile beigetragen - auch was den Verbrauch betrifft. 1965 habe ich mit meinem Käfer mit 34 PS zehn Liter (Anmerkung der Redaktion: auf 100 Kilometer) gebraucht. Das schaffe ich heute mit einem Auto mit 550 PS. Da sehen Sie, was dieser Sport auch umwelttechnisch bewegt hat. Auch vom Sicherheitsgurt über Gürtelreifen, ABS bis hin zu Scheibenbremsen - all das wurde durch den Fortschritt des Rallyesports kreiert. Durch den Sport müssen die Hersteller Neuerungen regelrecht im Zeitraffer entwickeln.

Automarken, die Sie zum Teil noch heute vertreten, sind in den Abgasskandal verwickelt. Wie haben Sie reagiert, als das publik wurde?

Haben Sie schon mal ein Elektro-Auto getestet?

Ja.

Im Video gewährt Walter Röhrl einen Einblick in seine Garage:

Das Video ist leider nicht mehr verfügbar. Suchen Sie ein bestimmtes Video? Hier geht's zur Mediathek.

Wie stehen Sie dazu?

Da krieg ich einen Lachkrampf. Mein Weg zur Arbeit nach Stuttgart sind 400 Kilometer. Wenn ich ein Elektroauto fahren würde, würde ich nur die Hälfte der Zeit zur Verfügung stehen, weil ich die ganze Zeit rumstehen und das Auto nachladen müsste. Für mich kommt das nicht in Frage, ein E-Auto macht nur Sinn in der Stadt – und da fährt man mit dem Fahrrad.

Die Regensburger Rallye-Legende Walter Röhrl wird heute 70 Jahre alt. Doch als Testfahrer für Porsche gibt er weiter Vollgas. Lesen Sie hier ein weiteres Interview mit Röhrl.

Und wie ist es vom Fahrspaß her?

Wieso?

Da fahre ich eine Runde schnell und dann sagt mir das Auto: „System überhitzt, halbe Leistung“. Dafür kauf ich mir ein Auto mit 500 PS, das nach fünf Kilometern sagt, dass es auf halber Leistung fährt. Bin begeistert.

500 Pferde trinken einfach mehr als eins.

Wie kommen Sie heute nach Hause?

Mit meinem Porsche Panamera Turbo mit bescheidenen 550 PS. Wenn ich auf der Landstraße so fahre, wie es sich gehört, verbraucht er 9,6 Liter. Wenn ich auf der Rennstrecke Vollgas gebe, sind es 50 Liter. Das ist aber in Ordnung, 500 Pferde trinken einfach mehr als eins.

Wie lange brauchen Sie mit ihrem Porsche bis nach St. Englmar?

Bei dichtem Verkehr brauche ich eine Stunde, heute früh bin ich 42 Minuten gefahren.

Google sagt man braucht 54 Minuten.

Klar, ich war sportlich unterwegs.

Hier sehen Sie Walter Röhrl und Christian Geistdörfer bei der Arbeit:

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