MZ-Serie
Über Nacht wird man 176 Jahre älter

Eine aufgefundene Urkunde brachte es an den Tag: Die Drossenfelder Bräuwerck-Tradition gibt es schon seit dem Jahr 1473.

09.04.2016 | Stand 16.09.2023, 6:48 Uhr
Küchenchef Karl Heinz Jarema in der Bräuwerck-Gaststube. Der verstorbene Schauspieler Klaus Höhne sagte ihm mal, dass „Jarema“ spanischen Ursprungs sei; er könne sich doch „Don Charema“ nennen. −Foto: Gabi Schönberger

Wenn man den tadellos sanierten Gasthof „Drossenfelder Bräuwerck“ betritt, liest man auf dem Edelrostblech im Eingang „Tradition seit 1649“. Das konnte man im Juli 2014, als in diesem schönen Bauensemble der Betrieb wieder aufgenommen wurde, geltenlassen. 367 Jahre Brautradition sind ja nicht wenig.

Niemand konnte ahnen, dass im Staatsarchiv Bamberg eine Urkunde sensationellen Inhalts schlummerte, die seit einer Ewigkeit offenbar niemand mehr angeschaut hatte. Vor vier Wochen öffnete Amtsleiter Dr. Stefan Nöth eine säurefreie Archivschachtel und entnahm ihr mit weißen Baumwoll-Handschuhen den „Concessions=Brief Herrn Marggraf Albrechts Churfürst zu Brandenburg für Ullein Maysel zu Neu Drossenfeld zu Errichtung einer Schenkstatt allda“. Gegeben zu Culmach „am Montag nach Sank Jacobb des heiligen“ (vermutlich war es der 28. Juli) 1473.

Über Nacht kamen also noch 176 Jahre Brautradition hinzu. „Damit spielen wir in einer Liga mit der Mönchshof-Brauerei in Kulmbach, die 1349 gegründet wurde“, freut sich Rainer Schimpf (61), ehrenamtlicher Vorstand der Bräuwerck-AG. Vor lauter Freude und auch zum 500. Geburtstag des Bayerischen Reinheitsgebotes hat Bräuwerck-Braumeister Bernd Weibbrecht (45) das Jubiläumsbier „1473 – Urwerck“ mit Rauchmalz gebraut.

Kurfürst Albrecht Achilles von Brandenburg (1414-1486) „glänzte als der tapferste, gewandteste, stärkste und der einzige niemals überwundene Ritter“, so steht es in einem Turnierbuch des 15. Jahrhunderts. Er hatte das Fürstentum Kulmbach von seinem Bruder geerbt, der den schönen Namen Johann der Alchimist trug.

Geflügel nur vom Kleinbauern

Wer sich heute im Gasthaus Drossenfelder Bräuwerck niederlässt, kann sich’s gut gehen lassen. Einige Gäste, zumal die aus dem nahen Bayreuth, kennendas Restaurant im benachbarten Schloss, wo Sternekoch Heini Schöpf wirkt, und sind neugierig geworden.

Küchenchef im Bräuwerck ist Karl Heinz Jarema (54), der im Hotel Bad Alexandersbad gelernt und u. a. in der Alten Feuerwache in Kulmbach und im Restaurant „rot.“ in Gärtenroth gekocht hat. Sein Credo ist die saisonale, wetterangepasste Küche, „frisch auf fränkischer Basis“. Die Zutaten stammen „aus heimischer, möglichst extensiver Produktion“, Fleisch von Weiderindern, Geflügel vom Kleinbauern.

Bei Karl Heinz („Charly“) Jarema werden Kroketten und Sauce hollandaise noch selbst gemacht, für Haxn, gefüllten Kammbraten und Flammkuchen gibt’s einen Holzofen, in dem auch eigenes Brot (z. B. Dinkelfladen) gebacken wird. An fränkischen Köstlichkeiten wie Drossenfelder Bratwürste, Bierfleisch, Ochsenbacken in Dunkelbier geschmort (Bestseller), Ziebeleskäs oder Schwarzbier-Mousse hat’s keinen Mangel. Der Bierschnaps „Wercksgeist“ wird vor der Haustür bei Popp in Pechgraben gebrannt.

Unfiltriertes, naturbelassenes Bier

Ein berühmter Bräuwerck-Gast bei den Neudrossenfelder Europatagen war Otto von Habsburg (†2011), Sohn des letzten Kaisers von Österreich-Ungarn. Er beeindruckte mit den Worten, man müsse die Ukraine an die EU binden – sonst bestünde die Gefahr, dass Russland sie okkupiere. Darüber spricht man hier immer noch.

Lage des Restaurants:

Weitere Teile unserer Serie „Historische Wirtshäuser im Osten Bayerns“ lesen Sie hier.

Aktuelle Nachrichten vonmittelbayerische.deauch über WhatsApp. Hier anmelden:http://www.mittelbayerische.de/whatsapp