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Eine Metzgerin mit Herz und Hand

Beate Müller aus Aholming könnte sich viel Arbeit sparen. Aber sie will nicht – der Qualität und der Tiere wegen.

31.10.2015 | Stand 12.10.2023, 10:03 Uhr
Beate Müller aus Aholming ist stolz auf ihre kleine Dorfmetzgerei. Aber sie spürt, dass das Ansehen ihres Berufsstands schwindet. Die Metzgerin bleibt trotzdem ihren Traditionen treu. −Foto: Sabine Franzl

Beate Müller senkt den Deckel des Kutters über die edelstählernen Flügelmesser, die gleich wie eine scharfe Schiffsschraube durch den mageren Fleischbrei aus Schwein und Rind rotieren werden. „In Gott’s Nam’“, sagt sie und legt den Hebel um. Der Motor dröhnt, die Messer heulen schrill, während die Metzgerin immer wieder Eisschnee in die offene Seite des sich drehenden Bottichs schaufelt, viereinhalb Hände Salz und ein paar Hände weiterer Gewürze zugibt und ab und zu mit der Hand durchs Brät fährt, um die Konsistenz zu prüfen.

Kein Mitläufer, sondern ein Querläufer

„Wenn ich das Schicksal der Viecher in die eigene Hand nehme, kann ich beeinflussen, wie das Tier vor der Schlachtung behandelt wird.“Beate Müller, Metzgermeisterin

Sie führt ein Schwein in den Hänger, tätschelt es und kutschiert es, wie jeden Tag, in aller Ruhe zu einem Kollegen, der es in Lohn schlachtet. „Wenn ich das Schicksal der Viecher in die eigene Hand nehme, kann ich beeinflussen, wie das Tier vor der Schlachtung behandelt wird“, sagt Beate Müller. Mittags holt sie die Schweinehälften wieder. Rind bezieht sie von einem anderen Bauern in der Nähe, der Weideochsen züchtet. Wenn Zeit Geld ist, dann wäre das ein schlechtes Geschäft. Keiner zahlt Beate Müller ihre Extrastunden, ihr Fleisch ist nicht teurer als anderswo. Sie könnte sich beliefern lassen mit einer Sau oder einem Rind von irgendwo. Aber gut schlafen tät’ sie dann auch nicht mehr.

Als Sechsjährige hat sie schon Würste abgedreht

Vielleicht muss man in den Beruf hineinwachsen wie sie, um ihn wirklich zu schätzen, von klein auf, aber ohne jeden Zwang. Sie erinnert sich, dass sie schon als Sechsjährige Würste abgedreht hat und immer an die scharfen Messer wollte, aber nicht durfte. „Der Bap’ und ich, wir waren schon ein Team“, sagt Beate Müller. Trotzdem konnte der Vater nicht damit rechnen, dass eine seiner drei Töchter in seine Fußstapfen treten würde. Überleg’ dir das gut, sagte er seinem mittleren Mädel. Eine Frau als Metzgerin. Aber da gab’s nicht viel zum Überlegen.

Den Anschnitt will sie immer frisch haben

Leberkäse gibt’s täglich frisch. Das Magerbrät im Kutter ist fertig, das spürt sie an den Händen. Mit gekonntem Schwung holt sie einen zähen Batzen um den anderen aus dem Kutter. Jetzt ist der Speck an der Reihe: Erst im Wolf, dann im Kutter verwandeln sich die Stücke zu Brei, der am Ende wieder mit dem Magerbrät gekuttert wird. Gegen Mittag legt Beate ein letztes Mal den Hebel um. „In Gott’s Nam’.“