MZ-Serie
So einen schönen Stadel hat keiner

Historische Wirtshäuser: Markus Lenke hat Mengkofens Zur Post zur gefragten Adresse gemacht – mit einer Hochzeit pro Woche.

05.09.2015 | Stand 16.09.2023, 7:00 Uhr
Wirt Markus Lenke im berühmten, mehr als 300 Jahre alten Stadel. Das solide Gemäuer im Landgasthof Zur Post in Mengkofen wird gerne für Hochzeiten gebucht – inkl. dem klassischen „Brautverziehen“. −Foto: Gabi Schönberger

„Gute Küche und schöne Zimmer gibt’s auch anderswo“, sagt Markus Lenke, der junge Wirt vom Landgasthof Zur Post in Mengkofen. „Aber dieser Stadel ... sowas haben nur wir.“ Und wahrhaftig ist dieser mehr als 300 Jahre alte „Barockstadel“ ein beeindruckendes Backstein-Gemäuer mit einem imposanten Dachgebälk.

„So etwas wäre heute – in dieser Qualität – unbezahlbar“, meint Markus Lenke (33). Davon abgesehen, dass es kaum noch Zimmerleute gibt, die eine so raffinierte Konstruktion zustande brächten. Auch das Wissen, welches Holz man wie lange, wie und wo lagern muss, damit es wie hier nahezu ewig hält, ist nicht mehr populär.

Wenn man den Stadel betritt, umfängt einen auch bei größter Hitze angenehme Kühle. Die heftigsten Stürme konnten dem Dach bisher nichts anhaben, noch hat es jemals hereingeregnet. Kein Wunder, dass hier praktisch jede Woche eine niederbayerische Hochzeit stattfindet. Bis zu 250 Gäste passen hinein und finden inkl. Tanz und Büfett ausreichend Platz. Die Tenne ist für das in Bayern immer beliebter werdende „Brautverziehen“ (Brautstehlen) bestens geeignet.

In einer Notiz aus dem Jahre 1704 ist von einem Posthaus und Wirtshaus Zellerer die Rede, 1754/55 wird das Wegzollamt Mengkofen auch dem Wirt Josef Zellerer anvertraut. 1767 steigt er zum Kaiserlichen Posthalter auf. Betreiber der Post im Heiligen Römischen Reich war die Adelsfamilie Thurn und Taxis, die ihre Firmenzentrale 1748 von Frankfurt am Main nach Regensburg verlagert hatte.

Bedeutenden Besuch erhielt Mengkofen am 20. April 1854, als die damals 16-jährige Kaiserbraut Elisabeth („Sissi“), von München via Landshut kommend, hier haltmachte und im Gasthof Zur Post abgestiegen sein soll. Schulkinder hatten „die Ehre, sie zu begrüßen, ein Bouquet und Gedichtchen zu überreichen“.

Sissi wurde „gehörig angestaunt“

Sissis Bruder, Herzog Carl Theodor in Bayern, damals 14 Jahre alt, saß auf dem Kutschbock und sagte zu den neugierigen Mengkofenern, die die schöne bayerische Prinzessin „gehörig angestaunt“ hatten: „Geht doch weg, Ihr könnt meiner Schwester auch nichts ’runterschauen.“ Tags darauf bestieg „Sissi“ in Straubing einen Raddampfer und fuhr nach Wien, wo sie am 24. April in der Augustinerkirche mit Franz Joseph I. vermählt und damit Kaiserin von Österreich wurde.

Anfang des 20. Jahrhunderts verlor die Post- und Telegraphenstation Mengkofen an Bedeutung – und damit auch Hotel und Gastronomie. Gusti und Kurt Nagelstutz, die im selben Gebäude eine Apotheke betreiben, weckten das Anwesen mit vielen Umbauten aus dem Dornröschenschlaf, bis 2009 Markus Lenke die Leitung von Hotel und Küche übernahm.

Lenke lernte sein Handwerk im Landshuter Romantik-Hotel Fürstenhof bei Küchenchef André Greul und war dann, nach Bundeswehrzeit und Stationen im Landschloss Fasanerie Zweibrücken, im Hotel Goldener Berg in Oberlech am Arlberg und dem Grand Hotel Kronenhof in Pontresina (Engadin), Küchenchef im Hotel Mohnenfluh, wiederum in Oberlech.

Über eine Anzeige im „Rolling Pin“ – dem Fachmagazin für Hotellerie, Gastronomie und Kreuzfahrt – erfuhr Markus Lenke, dass für den Landgasthof Zur Post ein neuer Pächter gesucht würde. „Das Haus war ein Begriff“, sagt er, „aber ich wollte nur das Restaurant zusammen mit dem Hotel betreiben, nicht getrennt.“ So kam es.

„Gehoben gutbürgerlich-modisch“

Das Vier-Sterne-Hotel hat 30 Zimmer mit 45 Betten. Die meisten Hotelgäste sind Geschäftsreisende, die in den umliegenden Industriestandorten – z. B. BMW oder Develey Senf und Feinkost in Dingolfing – zu tun haben.

Lenkes Küche, die auch von vielen der 6000 Mengkofener geschätzt wird, ist „gehoben gutbürgerlich mit modischen Einschlägen“: so erfreut sich z. B. die Burger- oder Steakkarte nachhaltiger Beliebtheit. Das Fleisch stammt ausschließlich von der Landmetzgerei Adolf Baur aus Ronsberg im Allgäu, ausgeschenkt werden Biere vom Augustiner-Bräu, der ältesten Brauerei Münchens (Grundsteinlegung 1294 an der Neuhauser Gasse).

Die dreiflügelige Anlage mit Walmdach und den charmanten Ochsenaugen-Fenstern ist zwar ein gutes, altes bayerisches Wirtshaus, im Inneren aber modern und mit viel zeitgenössischer Kunst ausgestattet. Ins Stüberl passen 25 Personen, in den Wintergarten 34 und auf die Terrasse (besonders schön an milden Abenden) noch mal 25 Gäste. Im Tagungsraum finden Konferenzen, Geschäftstreffen, Schulungen und das beliebte „Krimidinner“ statt. In fast allen Gastro-Führern ist der Gasthof Zur Post aufgeführt, was man an Urkunden und Aufklebern an der Glastür sofort bemerkt.

Diese Bilderstrecke ist leider nicht mehr verfügbar.

Gegenüber steht die Kirche Mariä Verkündigung. Sie wurde 1717 von Franz Adam Freiherr von Lerchenfeld gestiftet, der mit Kutsche und Gemahlin in der hochwasserführenden Aitrach versank und gelobte, eine Kirche zu stiften, wenn er überleben würde ...

Lage des Gasthauses:

Alle Serienteile sowie Infos rund um das Thema „Historische Wirtshäuser“ finden Sie hier.