Interview
„Ich habe viel Abwechslung im Leben“

Wir haben mit der Regensburger Musikerin Birgit Muggenthaler-Schmack über Privats und ihre Band Schandmaul gesprochen.

01.07.2017 | Stand 16.09.2023, 6:30 Uhr
Michael Scheiner

Gerade ist Muggenthaler-Schmack mit Songwriting und Ideen für die Jubiläumsshow beschäftigt. Foto: Muggenthaler

Sie ist Mutter zweier aufgeweckter Kinder, der Ältere kommt heuer in die Schule. Dann ist sie auch noch Schäferin, füttert täglich Hühner, macht Hausarbeiten und übt abends auf einer ausgeliehenen Oboe. Denn neben Hausfrau, Mutter und Tierversorgerin ist Birgit Muggenthaler-Schmack vor allem eines: Musikerin. Die staatlich geprüfte Ensembleleiterin im Bereich Klassik spielt diverse Flöten, Dudelsack, Schalmei und Pfeifen. Zudem singt sie auch und ist damit die Allzweck-Wunderwaffe bei einer der erfolgreichsten deutschen Mittelalter-Rockbands, bei Schandmaul. Noch ohne „Schmack“ im Namen hat sie die Band mit Thomas Lindner (voc, acc, guitar), Anna Katharina Kränzlein (v, Drehleier) und drei anderen Musikern aus dem Münchner Gäu 1998 gegründet. Im nächsten Jahr wird mit großer Tour und neuem Album 20-jähriges Bestehen gefeiert. Gerade ist Muggenthaler-Schmack mit Songwriting und Ideen für die Jubiläumsshow beschäftigt – und entsprechend aufgekratzt.

Ein aufgeschlossener Mann, zwei Kinder, die gern mithelfen: Wer hat denn am Muttertag Frühstück gemacht?

Mein Mann und meine Kinder! Nachdem ich es jetzt meinem Mann einige Jahre eingebläut habe, dass Muttertag ohne Blumen oder irgendeine Form von Entgegenkommen gar nicht geht, hat er’s jetzt auch gefressen. Mir geht es darum, das Bewusstsein zu schärfen für alles, was sonst traditionell noch immer die Frau meistens macht. Als Unternehmer ist mein Mann ja viel weg, arbeitet oft 60 bis 70 Stunden in der Woche. Er bemüht sich aber sehr, mich zu entlasten. Kürzlich habe ich einen Workshop „Folk auf der Blockflöte“ beim Blockflöten-Hersteller Mollenhauer in Fulda gegeben. Da war er schon gefordert.

Als Musikerin bist Du freier in deiner Planung, wenn Du nicht gerade mit der Band unterwegs bist. Einfach ist die Organisation der Familie dennoch sicher nicht?

Das stimmt. Tagsüber sind die Kinder zusammen in der Kindertagesstätte. Fürs Hinbringen und Holen hat sich eine Nachbarschaftskooperation gebildet. Wir wechseln uns ab, das klappt super. Sonst haben wir mit Au- pairs gute Erfahrungen gemacht. Nur zur Zeit ist es etwas schwierig, da haben wir eine Lücke.

Ihr habt auch Schafe und Hühner. Wie ist es dazu gekommen und wer versorgt denn die Tiere?

…und Kanarienvögel, die fliegen hier frei herum. Sie haben zwar auch eine Voliere, aber meist sind sie draußen. Bei unserer Hochzeit habe ich zwei Schafe und einen Bock geschenkt bekommen. Jetzt sind es 37 Stück, die auf einer eingezäunten Weide leben. Da helfen uns Freunde und Bekannte, alleine würde ich das nicht mehr hinkriegen. Hühner habe ich mir schon immer vorgestellt, schon wegen der frischen Eier. Vor zwei Tagen ist aber ihr Dach bei einem Unwetter beschädigt worden, das muss bald repariert werden. Füttern tu’ die meistens ich.

Also funktioniert die Aufteilung der Familienaufgaben noch ganz traditionell?

Das ist ein Thema(stockt),…da muss ich weiter ausholen. Vor einer Familiengründung hat man ja bestimmte Ideen im Kopf, wie die Aufgaben verteilt sein sollen und so, wenn Kinder da sind. Ich nehme an, auch als Mann. Wenn die Kinder dann da sind, funktioniert das bei meiner Generation in 70 Prozent aller Fälle – vielleicht auch mehr – doch so, dass es eher traditionell abläuft. Zumindest ist das meine Erfahrung. Ich denke, da laufen oft noch Programme ab, die unbewusst sind. Weil sie vorgelebt worden sind, weil sie ganz tief in der Gesellschaft verankert sind. Ich beobachte das bei Freunden. Wir sind eingeladen, die Frau sitzt beim Essen mit dem Säugling am Busen, füttert mit der anderen Hand den Vierjährigen und guckt, dass der Sechsjährige nicht vom Stuhl kippt. Das Essen ist fertig und der Mann sitzt da mit dem Weißbier und referiert. Er hat nicht einmal gefragt, ob er was übernehmen kann. Ich denke, es braucht noch ein paar Generationen, bis es wirklich hinhaut.

Da gibt es bestimmt auch manchmal Konflikte. Wie geht ihr damit um?

Wir haben darüber gesprochen. Und damit gegenseitig das Bewusstsein füreinander geschärft. Trotz seiner Arbeitsbelastung bemüht sich mein Mann unglaublich. Ich muss mir aber dennoch oft Lösungen ausdenken, die ohne ihn funktionieren.

Du selbst bist neben Schandmaul auch noch mit Deiner eigenen Band Sava und anderen Musikern unterwegs. Wie bekommst Du alle beruflichen Verpflichtungen und Wünsche unter einen Hut?

Meine Termine stehen ja meist ziemlich lange vorher fest. Schandmaul kommt immer zuerst, darum dreht sich alles. Sava gibt es eigentlich nicht mehr. Ich habe das Projekt stillgelegt, das wäre zu viel geworden. Als Gast werde ich oft von Almara eingeladen. Das ist ein internationales Ensemble für Alte Musik von Elisabeth Pawelke, das sich auf ein weltliches Repertoire aus dem Mittelalter und der Renaissance spezialisiert hat. Das macht mir enorm viel Freude und bietet Herausforderung. Ist auch viel anspruchsvoller als bei Schandmaul. Insgesamt habe ich einen unglaublichen Grad an Abwechslung in meinem Leben, komme viel rum. Ich treffe Leute, sehe andere Städte. Dafür nehme ich die Rumorganisiererei gern in Kauf.

Ab Juli geht ihr wieder auf Tour. Wieviel Vorarbeit ist da notwendig?

Seit März proben wir wieder und ich merke, wie schnell ich wieder drin bin. Beim Evangelischen Kirchentag in Berlin hatten wir jetzt den ersten Vorabauftritt, im Juli geht’s dann richtig los. Offenbar sind sehr viele Leute in der Evangelischen Kirche Schandmaul-Fans. Ich denke, weil es viele positive Texte gibt bei unseren Songs – und alles, was mit Tod und Teufel zu tun hat, mit einem Augenzwinkern gemacht ist. Ganz anders als bei Bands, die mit umgedrehten Kreuzzeichen auf die Bühne kommen.

Bei Mittelalter-Bands lassen sich manchmal esoterische oder gar rechte Inhalte finden. Ihr habt euch mit „Bunt und nicht braun“ eindeutig anders verortet. Hat sich das irgendwie ausgewirkt?

Als wir den Song rausgebracht haben, hat es schon einige Dislikes auf unseren Seiten gegeben. Es gibt wohl unter unseren Fans einige, die man nicht unbedingt haben möchte. Uns ist früher auch schon eine Nähe zu rechtem Gedankengut unterstellt worden. Wir sind auch einmal angegangen worden, einen Festivalauftritt abzusagen, weil – neben 30 anderen Bands – dort auch Freiwild aufgetreten sind. Das haben wir nicht getan, aber es macht die Vorbehalte deutlich, die es uns gegenüber in manchen Kreisen gibt.

Bezieht sich das auch auf den Echo? Ihr seid bereits mehrfach nominiert gewesen, habt aber die Auszeichnung bisher nie bekommen.

Die Band „In Extremo“ war bereits achtmal nominiert und hat ihn nicht bekommen. Wir werden ihn auch nie bekommen. Das hängt mit dem gewissen Argwohn zusammen. Und von der Jury wird das wohl einfach als nicht cool angesehen – Rock mit mittelalterlichen Instrumenten und ebensolchen Themen. Dabei wollen wir die Leute, unser Publikum, nur gut unterhalten. Wie in einem Film sind sie zwei Stunden vom Alltag weg, lassen sich in eine andere Zeit und eine andere Welt versetzen, wo sie auch träumen und loslassen können.

Das hört sich so ähnlich wie bei den Schlagerleuten an.

Hm, ja! Bloß ich hoffe und denke, dass wir musikalisch vielseitiger sind. Ich will nicht sagen anspruchsvoller, denn Schlager kann auch sehr anspruchsvoll sein. Und wir sind auch inhaltlich vielseitiger.

Wer schreibt die Texte, wer die Musik?

Texte schreiben sowohl Thomas, Martin, manchmal Anna als auch ich. Die Musik ist ein Gemeinschaftsprodukt aus einer einfachen Lagerfeuerversion. Da arbeiten alle kreativ dran.

Wer bekommt dann die Einnahmen aus der Gema-Abgabe?

Das Geld teilen wir durch sechs. Wenn einer die Grundidee geliefert hat, versuchen wir die Prozente zuzuordnen.

Der Text ist eine Leseprobe aus der Sonntagszeitung, die die Mittelbayerische exklusiv für ePaper-Kunden auf den Markt gebracht hat. Ein Angebot für ein Testabo der Sonntagszeitung finden Siein unserem Aboshop.

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