Kriminalität
Wo wird Anna Poddighe versteckt?

Seit drei Jahren ist die Ambergerin verschwunden. Ermittler gehen von einem Verbrechen aus, doch das Opfer ist unauffindbar.

10.06.2015 | Stand 16.09.2023, 7:10 Uhr
Seit drei Jahren ist Anna Franca Poddighe verschwunden. Die Polizei glaubt nicht, dass sie noch lebend gefunden wird. −Foto: Facebook

Anna Franca Poddighe aus Amberg ist spurlos verschwunden. Seit drei Jahren gibt es kein Lebenszeichen mehr von ihr. Dass sie noch am Leben ist, wagen ihre Angehörigen nicht mehr zu glauben. Auch die Ermittler nicht. „Wir gehen davon aus, dass sie Opfer eines Gewaltverbrechens wurde“, sagt der Amberger Oberstaatsanwalt Dr. Thomas Strohmeier der MZ. Denn alles, was über die Vermisste in Erfahrung gebracht wurde, deutet darauf hin. Doch solange die Ermittler das Opfer nicht finden, bleiben wichtige Fragen ungeklärt.

Am 17. Juni 2012, so heißt es im Fahndungsaufruf, wurde Anna Franca Poddighe zuletzt in Amberg von ihrem Lebensgefährten gesehen. Nach seinen Aussagen wollte sie das Altstadtfest besuchen. Zeugen gibt es dafür nicht. Ihre Tasche mit den Ausweispapieren und der Bankkarte ließ Anna Franca Poddighe in der Wohnung zurück. Völlig untypisch, wie ihre ebenfalls in Amberg lebende Schwester Daniela sagt. Mit ihr hatte die Vermisste zuletzt am 15. Juni Kontakt. Dabei hatte die 41-Jährige das Altstadtfest nicht erwähnt, sondern angekündigt, dass sie am 17. Juni zu einem Konzert in die Schweiz reisen wolle. Am späten Nachmittag des 16. Juni war die gebürtige Italienerin noch einmal im Sozialen Netzwerk „Facebook“ aktiv und kommentierte den Beitrag einer Kollegin. Es war das möglicherweise letzte Lebenszeichen der Frau.

Ermittlungen in der Schweiz und Polen

Die Staatsanwaltschaft will den Tag des Verschwindens von Anna Franca Poddighe nicht an einem bestimmten Datum festsetzen. „Der 17. Juni basiert auf Aussagen, die möglicherweise in Frage zu stellen sind“, so Oberstaatsanwalt Strohmeier. Momentan sei die Polizei damit beschäftigt, die letzten Tage und Wochen im Leben der Mutter einer erwachsenen Tochter zu rekonstruieren. Zudem liefen Recherchen im Ausland. Denn die reiselustige 41-Jährige hatte vor, nach ihrem angekündigten Besuch in der Schweiz auch noch nach Polen zu reisen. „Für uns stellt sich allerdings die Frage, ob sie Deutschland überhaupt noch verlassen hat.“

Wie im Fall der 16 Monate lang verschwundenen Maria Baumer ist vor allem die lange Zeit, in der es keinen konkreten Hinweis auf den Verbleib gibt, für die Ermittler ein großes Problem. Es ist die Zeit, die einem möglichen Täter in die Hände spielt.

In der Vermisstensache Poddighe richtet sich aber bislang kein dringender Tatverdacht gegen eine bestimmte Person. „Wir ermitteln in alle Richtungen. Ein Haftbefehl besteht nicht“, betont der Oberstaatsanwalt.

Bereits vor eineinhalb Jahren wurden Profiler in den Fall eingeschaltet, um eine mögliche Tathergangshypothese zu erstellen. Über deren Inhalt drang nichts an die Öffentlichkeit. Die Polizei ließ Waldstücke in der Umgebung von Amberg mit Spürhunden absuchen – ergebnislos. Ebenso brachte ein Auftritt in der Sendung „Aktenzeichen xy“ im März 2013 die Ermittler nicht weiter. In der Sendung wurden die vielen Internetbekanntschaften von Anna Franca Poddighe thematisiert. Dass ein solcher Facebook-Kontakt mit dem Verschwinden zu tun haben könnte, schließen die Ermittler nicht aus.

Gab es Streit ums Geld?

Die Schwester glaubt allerdings „zu 90 Prozent“, dass ein möglicher Täter aus dem allernächsten Umfeld stammt. Sie erzählt, dass das Verhalten des Lebensgefährten nach dem Verschwinden auffällig war. „Ich konnte ihn zehn Tage lang nicht erreichen“, sagte sie der MZ bei einem Gespräch. Auch sei für sie nicht erklärbar, warum er das Auto, das ihre Schwester finanziert habe, so schnell an einen angeblich unbekannten Käufer abgegeben habe. Zudem tauchte er einige Zeit unter und war für die Polizei nicht für Befragungen erreichbar. Nach MZ-Informationen heuerte der Mann neben seiner stundenweisen Tätigkeit als Busfahrer auch als Hilfsarbeiter am Bau an, worüber er die Polizei ebenfalls im Unklaren ließ. Für die Polizei könnten diese Baustellen aber möglicherweise von besonderem Interesse auf der Suche nach Anna Franca Poddighe sein.

Die Gedanken der Schwester kreisen um einen Streit, den es zwischen dem Paar gegeben haben könnte. Möglicherweise um Geld. „Ich glaube, dass er sich auf Anna Francas Konto bedient hat und sie das am Tag ihres Verschwindens bemerkte.“ Etwa 1000 Euro sollen vom Ersparten der Frau in kleineren, nicht erklärbaren Beträgen abgehoben worden sein, will die Familie festgestellt haben. Die Staatsanwaltschaft bestätigt auf MZ-Nachfrage, dass die Vorgänge auf dem Bankkonto Teil der Ermittlungen sind. Ebenso betont sie aber auch, dass es in dem Fall derzeit keine heiße Spur gibt.

Für Daniela Poddighe und ihre Familie sind die drei Jahre Ungewissheit nur schwer auszuhalten. Es vergehe kein Tag, an dem sie nicht an ihre Schwester denke, sagt sie. Sie ist überzeugt: „Wenn Anna Franca noch am Leben wäre, dann hätte sie sich ganz bestimmt bei mir oder ihrer Tochter in Sardinien gemeldet.“ Davon ist auch die Staatsanwaltschaft überzeugt. (ig)