Serie
Der hassgeliebte Sternekoch

Alfons Schuhbeck gerät immer wieder in die Schlagzeilen, oft auch in kritische. Seinem Erfolg tut das keinen Abbruch.

12.03.2017 | Stand 16.09.2023, 6:30 Uhr
Katja Meyer-Tien
Gewürze sind für Sternekoch Alfons Schuhbeck nicht nur für den Geschmack von Bedeutung, sondern auch als Heilmittel. −Foto: Schuhbecks Internet GmbH

Er will nicht über die Vergangenheit reden, sagt Alfons Schuhbeck. Wer nur von der Vergangenheit redet, hat mit der Zukunft nichts mehr zu tun. Und Zukunft möchte der 67-Jährige noch eine Menge vor sich haben, schließlich sieht er sich in der Jugend des Alters. Mit 90, sagt er, arbeite er dann halbtags. Nur ein Scherz, schiebt er hinterher.

Alfons Schuhbeck ist unter den Münchner Sternköchen der wohl bekannteste. Und der umstrittenste. Nicht allen behagt die Omnipräsenz des Mannes, der in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur als Fernsehkoch und Buchautor bekannt wurde, sondern auch einen der schönsten Plätze im Zentrum Münchens zu seinem Wohn- oder besser: Esszimmer umgestaltet hat. Orlando Bar, Eisladen, Orlando, Schuhbecks Tee und Schokolade, Gewürze, Südtiroler Stubn, Schuhbecks Kochschule. Und seit Dezember noch ein Restaurant, das Boettners, ganz neu unter Schuhbecks Namen. Kein Wunder, dass er bei einigen längst den Spitznamen Platzlhirsch weg hat.

Richtig geplant hat er das alles nicht, sagt Schuhbeck, als er dann doch von der Vergangenheit erzählt. Von seiner Kindheit auf dem Land bei Traunstein. Geerdet, bodenständig, sagt er. Eine Zeit, in der die Familie nicht viel hatte. Aber wir waren glücklich über jeden Sonnentag. Er musste dann eine Ausbildung zum Fernmeldetechniker machen, obwohl ihm das Technische gar nicht lag. Er wusste, dass er lieber mit Menschen arbeitet.

Sein späterer Adoptivvater Sebastian Schuhbeck brachte ihm dann das Kochen nahe. Es war eine ganz andere Zeit, vor dem, was Schuhbeck als Renaissance des Kochens bezeichnet. Techniken, die für die meisten Köche heute selbstverständlich sind, schonende Zubereitung, niedrige Temperaturen, langsames Garen waren noch fremd in deutschen Küchen, Neues und Gutes suchte man in Frankreich. Und dahin zog es den jungen Schuhbeck, obwohl ihm alle davon abrieten: Die Deutschen, sagte man ihm, will in Frankreich kein Koch. Er fuhr trotzdem. Direkt zur Champs Élysées, ging von Restaurant von Restaurant und fragte so lange, bis er einen Koch fand, der ihn nahm. Ohne dass er ein Wort Französisch konnte.

Kontakt zu Witzigmann gesucht

Schuhbeck lernte und genoss das Leben in Frankreich, er mag das Leben in der Stadt. Lernte außerdem in Salzburg, Genf und London, wollte dann unbedingt zu Eckart Witzigmann, den er beharrlich 35 Tage lang an der Hintertür des berühmten Restaurants Aubergine erwartete, bis Witzigmann ihn zuerst mit zum Fußballspielen und dann mit in die Küche nahm. Witzigmann, daran gab es für Schuhbeck keinen Zweifel, war der Vorreiter des neuen Kochens in einer Zeit des Umbruchs: Die gesamte Esskultur stand auf dem Prüfstand.

1980 übernahm Schuhbeck dann in Waging das Kurhausstüberl seiner Eltern. Er setzte um, was er gelernt hatte und erntete schon drei Jahre später dafür seinen ersten Stern. Schnell stieg sein Restaurant auf zum Szenetipp für Münchner, Schuhbeck wurde bekannt. Und fiel tief, als er mitten in einen millionenschweren Skandal um einen Anlageschwindel geriet. Das sind die Wege, die das Leben geht, sagt er heute. Schuhbeck fiel auf die Füße, gründete einen erfolgreichen Partyservice und hält mit seinen Südtiroler Stubn am Platzl bis heute einen Stern.

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Es ist Teil seines Erfolgsrezeptes, dass er mit einer Mischung aus sympathisch grantelndem Bayernkopf, Lausbubencharme und erhabenem Selbstbewusstsein zwar polarisiert, dabei aber eben auch fasziniert und beeindruckt. Immer wieder gerät er in die Schlagzeilen, oft auch in kritische, wie nach seinen Werbekampagnen für Fertiggerichte, Fast Food oder Autobahnrestaurants. Seinem Erfolg tut das keinen Abbruch.

Er erklärt das mit seinem Ehrgeiz, seiner harten Arbeit, und damit, dass er aus voller Überzeugung hinter dem stehe, was er verkauft. Disziplin und Leidenschaft, gute Zutaten, gut zubereitet. Mit nahezu missionarischem Eifer betont er dabei immer wieder die Bedeutung der Gewürze nicht nur für den Geschmack, sondern auch als jahrhundertealte Heilmittel.

Mit seinen Gewürzläden hat sich Schuhbeck einen Traum erfüllt, alle Mischungen stellt er selbst zusammen. Mit fachkundiger Hilfe, die ihn auch bei der Entwicklung neuer Rezepte unterstützt: Zu seinem mittlerweile 200-köpfigen Team gehören unter anderem ein Arzt und ein Ernährungswissenschaftler, ein Kardiologe und ein Immunologe, seine Erzählungen sind gespickt mit Anekdoten aus der Geschichte der Gewürze.

„Muss mir nichts mehr beweisen“

In der Küche ist Alfons Schuhbeck oft zu finden, wenn auch nicht immer, um selbst zu kochen: Ich muss mir nicht mehr beweisen, dass ich eine Soße machen kann, sagt er. Viel wichtiger sei es, die jungen Leute anzuleiten. Er ist stolz auf das, was er aufgebaut hat, und wo Schuhbeck draufstehe, da sei auch Schuhbeck drin. Denn er habe alles entwickelt, Konzepte, Rezepte, es sind seine Leute, die alles umsetzten. Er selber sei das Zugpferd, sagt er.

Wann immer er kann, ist Schuhbeck am Platzl, selbst bei mehrtägigen Dreharbeiten fliegt er abends nach München zurück, um seine Gäste zu begrüßen. Überall nach dem Rechten zu sehen. Um nach einem langen Tag nachts noch sein Fitnessprogramm zu absolvieren. Und um Pläne zu machen, für die Zukunft. Der müsse man sich anpassen, ohne jedem Trend hinterherzujagen. Seine Südtiroler Stubn bekommt deswegen nun eine Verjüngungskur, eine Mischung aus regionaler und italienischer Küche will er hier anbieten. Und damit das 200-Plätze-Restaurant, das für ein exklusives Sternelokal ohnehin überdimensioniert erscheint, öffnen für ein Publikum, das nicht vier, fünf Stunden lang mehrere Gänge genießen, sondern einfach nur etwas Gutes essen möchte.

Sein neuestes Projekt, das Boettners mit nur 36 Plätzen, soll dann den Genießern gewidmet sein. Und vielleicht auch den ein oder anderen weiteren Stern ans Münchner Platzl holen.

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