Comedy
Das Lebensgefühl der 90er Jahre

Luke Mockridge schwelgt in einer Epoche, in der die Kokosnuss geklaut wurde und in der es noch keine Laktoseintoleranz gab.

18.06.2017 | Stand 16.09.2023, 6:33 Uhr
Angelika Lukesch

Einen roten Faden gab es nicht unbedingt in der Show von Luke Mockridge in der Donauarena. Doch er traf den Nerv des Publikums. Fotos: Jens Niering

Regensburg. Michael Mittermeier hat die Siebziger Jahre für sich gepachtet. Mario Barth versteht sich auf die Sprache Mann-Frau/Frau-Mann und Bülent Ceylan grast die deutsch-türkischen Wechselwirkungen nach Gags ab. Der 28-jährige Comedian Luke Mockridge greift als Thema das auf, das ihm am nächsten liegt, nämlich seine eigene Generation der „Neunziger Jahre“.

Rebellion ist nicht seine Sache

Während in den Sechzigern, Siebzigern und Achtzigern Geborene sich noch fieberhaft fragten, was prägend für die Neunziger Jahre sei, legte Luke Mockridge auf der Bühne der Donauarena los. Der schlaksige junge Mann betrat mit einem gewaltig-pompösen Rap-Intro die Bühne. Der Gegensatz zwischen der unaufgeregten Attitüde und der bombastischen Musik, wie auch dem überdimensionierten Bühnenbild aus mehreren sich langsam drehenden riesigen Rotoren, war wohl gewollt. Das Bombastische passte nämlich so gar nicht zu Mockridge, der eher lässig, unaufgeregt und bisweilen sogar kapriziös wirkte.

Luke Mockridge unterhielt sein Publikum, er begehrte nicht auf: Rebellion ist die Sache der Kinder der Neunziger Jahre nicht. Der zum Entzücken der Fans intonierte Song „I’m a Barbie girl in a Barbie world“ (1997) traf den Nerv einer ziemlich entspannten Generation, die es gerne schön haben will, keinem etwas zuleide tut und die zum Hit der Backstreet Boys „Backstreet’s back all right“ mit strahlenden Gesichtern völlig ausflippte.

Der Comedian machte Regensburg viele Komplimente. Er sei unglaublich gern in der Stadt, das Publikum sei einfach umwerfend. Beim Plausch mit Zuschauerinnen erfährt Mockridge, dass ihm diese von Auftritt zu Auftritt folgten, was ihn begeisterte. Seine Stimme, die beim Schmeicheln stets eine höhere Tonlage einnahm, säuselte: „Frauen, die so oft kommen, kenne ich eigentlich nicht!“

Mit der Berufsgruppe der Lehrer hat Luke Mockridge offensichtlich immer noch ein Hühnchen zu rupfen, nicht umsonst heißt sein bislang erstes Buch „Mathe ist ein Arschloch. Wie (m)ich die Schule fertig machte“. „Grundschullehrer, muss man das studieren?“ fragte er unter Gelächter des Publikums. Mit dem zwölfjährigen Louis suchte er sich eine Kontaktperson im Publikum, der er immer wieder Schokobonbons zuwarf, wenn seine Sprüche zu derb wurden.

Mockridge hatte sein Publikum sehr gut im Griff. Da die Charakterisierung der Neunziger-Generation gar nicht so leicht ist, brauchte er ein Gegenstück, an dem er sich reiben konnte. Diese Rolle dachte er den „Millenials“ zu, den nach der Jahrtausendwende Geborenen. „Die Kinder heute sind verweichlichte Dreckskinder, sie sind gegen alles allergisch. Früher bei der Neunzigern gab es keine Laktoseintoleranz!“ und „Meine Generation, wir sind die Kinder der Neunzigerjahre. Wir sind nun nicht mehr die junge Generation, das sind die Millennials. Die sind komplette Vollscheiße!“

Der Mangel an Charakteristika der Neunziger- Generation trieb Mockridge zu an den Haaren herbeigezogenen Überlegungen: „Jede Generation hat ihre Frage, zum Beispiel bei uns: Wer hat die Kokosnuss geklaut? Ich weiß bis heute nicht, wo die verdammte Kokosnuss ist!“ In den Siebziger Jahren habe die Frage gelautet: „Wer hat an der Uhr gedreht?“ und noch früher „Wer will den totalen Krieg?“ Dieser „Gag“ und überhaupt die Bezugnahme auf die Drittes-Reich-Thematik („Adolf Hipster und die Soja-SS“) passte so gar nicht in die Show, in der es mehr um Teletubbies, Schlümpfe und die Frage ging, wie es in einer Mädels-WG zugeht. Mockridge befasste sich auch mit dem beliebten Thema Mann und Frau und parodierte zum Vergnügen seiner Fans die besoffenen Exemplare. Der Comedian gefällt sich sichtlich in der Parodie, für die er Talent hat. Auch Imitation und Gesang kann er – er imitierte Falco, Mario Barth und Daniel Hartwich.

Beschäftigt Euch mit Euch selbst!

Ein bisschen suchte man in der Show nach dem roten Faden. Mockridge präsentierte von allem etwas: Selbstironie, Parodie, Veräppelung, einige Prisen Selbstreflexion und weise Ratschläge. Die Mockridge-Show endete in einem grandiosen, vom Publikum begeistert mitgetragenem Finale, bestehend aus Hits der Neunziger Jahre. Luke Mockridge hat den Nerv der Neunziger-Jahre-Generation getroffen. Am Ende legte er seinen Fans ans Herz, sich nicht im Internet mit falschen Freunden zu verlieren, sondern sich mit sich selbst zu beschäftigen, „so als würdest du dich selbst als Kind beeindrucken wollen!“