Ausstellung
Die sinnliche Ausstrahlung von PVC

Nina K. Doege und Sebastian Daschner zeigen bei Graz in Regensburg, wie stimulierend Kunststoff, Glas und Beton sein können.

18.03.2016 | Stand 16.09.2023, 6:52 Uhr
Nina K. Doege (links) und Sebastian Daschner zeigen bei Graz Kunst aus PVC, Glas und Beton, rechts: Kuratorin Barbara Gaukler −Foto: B. Flohr

Der Kunstverein Graz zeigt eine gelungene Doppelausstellung, Titel: „PVC, Glas und Beton“. Bei aller Unterschiedlichkeit der Arbeiten von Nina K. Doege und Sebastian Daschner ist beiden etwas Wesentliches gemeinsam, sagt Kuratorin Barbara Gaukler: die Liebe zum Material.

Malerei nennt Doege ihre Wandobjekte und als Malerin bezeichnet sie sich selbst. Doch nicht Leinwand oder Papier verwendet sie als Malgrund, sondern unterschiedliche Kunststoffe, die biegbar und verformbar oder auch mal löchrig gestanzt sind. Aber die Farbgebung, die hat sie mit dem Pinsel selbst vorgenommen. Grau in lila schimmert zum Beispiel eine PVC-Tafel. In sie hat die Künstlerin lange Einkerbungen geschnitten, die nun als Fäden wolkig aus der Fläche heraushängen, dem Betrachter entgegenkommen und der Tafel eine dreidimensionale, dynamische, stachelige Wirkung verleihen.

Malerei mit Farbe und Klebebändern

Eine andere Wandtafel, eine Komposition in Orange-Gelb-Weiß in zartem Kunststoff-Schimmer besteht aus Klebebändern. Mit diesen Streifen wurde die Bildfläche umwickelt und das Ganze gibt ein ungegenständliches Farb-Werk der Malerei ab, nur dass neben dem Pinsel, der die Farben auf die Bänder brachte, auch noch die Hand am Werk war, die die Bänder in entsprechender Anordnung um die Bildfläche gewickelt hat. Natürlich ist die Anmutung eine ganz andere als bei üblicher Malerei. Kunst hat viele Möglichkeiten, sich auf die Welt zu beziehen. Man kann sich als Künstler der eigenen Zeit und ihren Erscheinungsformen sogar entgegensetzen, eine Gegenwelt entwerfen, oder aber man kann mit den aktuellen Gegebenheiten spielen, Zustände kritisieren, provozieren, sie verwandeln, sie in der künstlerischen Erscheinung ausreizen und anderes mehr.

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Doege jedenfalls arbeitet mit Werkstoffen, die im täglichen Leben und der Arbeitswelt Verwendung finden. Und selbstverständlich dreht sie deren Gebrauchswert um und streicht die ästhetischen Seiten dieser Materialien heraus, setzt sie uns plötzlich entgegen in einer anderen als der üblichen Sichtweise ihres Gebrauchs: Freilich nicht geschönt, nicht gekünstelt, nicht in diesem Sinn kitschig. Vielmehr erkennen wir sie wieder, unsere Alltagswelt, ihre Ausstrahlung und Assoziationsmächtigkeit, nur eben freigelegt und für sich stehend.

Die Arbeiten bestechen durch ihre Lebendigkeit. Weich und biegbar, transparent und auf sehr sinnliche Weise einladend und bewegt wirken diese Werke: ein PVC-Rechteck zum Beispiel, das eine gewisse homogene Dicke aufweist, dabei leicht gewölbt, an den Rändern aufgeritzt, zerfasert ist; so ist dieses Material eben beschaffen. Eher abgenutzt wirkt es zudem und es macht durch eine opak wirkende Farbdichte in Grün auf sich aufmerksam: von Dunkel- über Meeres- bis Blassgrün. Die ästhetische Wirksamkeit und die komplexe Assoziationsmächtigkeit des Materials hat Nina Doege hier wunderbar verdichtet.

Holz und Beton, in geometrische Formen geschnitten

Auch Sebastian Daschner benutzt gefundenes, dem Alltag und der täglichen Umgebung entnommenes Material, oft Holz- aber auch Beton-Stücke, die er zu geometrischen Formen schneidet. In seiner Malerei bezieht er sich auf den Konstruktivismus, seine Arbeiten bei Graz bezeichnet er aber als Wandobjekte. Was in der Malerei als geometrische Flächen erscheint, das ist bei Daschners Objekten ins Dreidimensionale erweitert. Von vorne betrachtet sieht alles noch relativ flach aus. Tritt man ein wenig zur Seite, sieht man, dass sich Struktur und Komposition aus in- und übereinandergeschachtelten Elementen zusammensetzen. Diese Teile wiederum sind in sich gemasert und bemalt und erweitern die geometrische Komplexität.

Holzdreiecke spielen eine wichtige Rolle, die sich dann zu Rauten fügen, und immer weiter zusammengefügt, ergeben sie ein ganzes Bild an der Wand, das nach einer Art Baukastenprinzip und einem geheimen Plan zusammengesetzt ist. Als analytisch bezeichnet er dieses Vorgehen des Aufteilens und Integrierens und genauso geht der Betrachter vor, wenn er den Blick schweifen lässt über das Ganze und die Einzelteile. Der Modus ist uns ganz geläufig, denn auch unser Alltag besteht zunehmend aus Modulen, die wir nach unserer Wahl, allerdings in vorgegebenem Rahmen, zueinanderfügen. Das fängt an bei der Möblierung der Wohnung und dem Funktionieren digitaler Systeme, und reicht bis zur Büroarbeit in mobilen Teams.

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