Kabarett
Schnipsi geht auf Zeitreise

Claudia Schlenger wird 70, steht seit 35 Jahren mit Hanns Meilhamer auf der Bühne – und steckt noch immer voller Pläne.

11.12.2017 | Stand 16.09.2023, 6:17 Uhr
Alois C. Braun

Claudia Schlenger alias Schnipsi: Mitte Dezember wird sie 70 – in aller Frische. Foto: Janine Guldener

„Muatter, i bin a Guckuck“, so hieß das erste Programm von Claudia Schlenger und Hanns Meilhamer. Sie präsentierten es mit großem Erfolg. Wie alles, was die beiden seitdem unter dem Namen Herbert und Schnipsi produziert haben. 2017 gibt es zwei Gründe zum Feiern: Das Duo arbeitet seit 35 Jahren zusammen und Claudia Schlenger wird Mitte Dezember 70.

Die gebürtige Bad Tölzerin hat noch manche Kindheitserinnerungen präsent. „Mein Vater war als Soldat im Krieg und man merkte, dass er ob der schrecklichen Erlebnisse oft unter Druck stand. Als er abends aus dem Büro kam, sang ich mit meiner Mutter ein Lied für ihn“, blickt sie zurück. „Außerdem erinnere ich mich an mein Bärle und daran, dass ich stundenlang in den Bäumen gesessen bin. Dort genoss ich das Alleinsein. Es hat sich früh abgezeichnet, dass ich gerne singe, tanze und Geschichten erfinde.“ Zunächst lernte sie aber einen bürgerlichen Beruf, war Medizinisch-Technische Assistentin, studierte Politikwissenschaft und kam schließlich zur Schauspielerei.

Claudia Schlenger schreibt und spielt emotionale und prägnante Rollen. Ebenso agil, motiviert und voller Kraft ist sie im wirklichen Leben. Deshalb kann man kaum glauben, wenn sie erzählt: „Zu meinem 60. hatte ich echte Depressionen. Wir waren in Barcelona und ich bekam richtige Magenkrämpfe davon.“ Eine mögliche Erklärung liefert Hanns. „Viele Leute bekommen ja plötzlich eine Depression, die einen an Weihnachten oder Silvester, die andern halt an Geburtstagen.“ Aber das sind nur kurze Anflüge starker Gefühlsregungen.

„Nächtliche Ruhestörung“: Ein Sketch mit Herbert und Schnipsi, hier im Video

„Ich kann nicht sagen, wie es mir am 70. gehen wird,“ grübelt Claudia ein bisschen, „denn mir geht es ja gut und ich bin voller Ideen.“ Ihre jugendliche Ausstrahlung führt sie auch auf die Gene zurück: „Meine Mutter wirkte lange wesentlich jünger, als andere in ihrem Alter.“ Außerdem sei das sowieso eine Sache des Kopfes. „Ich werde von anderen mehr auf das Alter hingewiesen, als es mir selbst bewusst ist.“ Für die körperliche Fitness, sagt sie, mache sie viel zu wenig. Sie lacht: „Ab und zu Qi Gong, das ist schön langsam.“ Ganz wichtig sei eine funktionierende Partnerschaft. „Viele Künstler profitieren extrem vom richtigen Partner. Ich könnte keine Beziehung führen, wo ständig ‚a Gschiss’ ist.“

Claudia Schlenger hat jede Menge Pläne. „Vor allem will ich mir mehr Zeit nehmen für Dinge, die immer zu kurz kamen. Freunde treffen, zeichnen, verreisen und lesen, vor allem über Philosophie. Ich habe lange gefragt, wie das Leben geht und bei den Philosophen viel Weisheit gefunden.“ Außerdem soll das umfangreiche Archiv an Ideen gesichtet und katalogisiert werden. Hanns fügt nachdenklich hinzu: „Ich empfinde große Dankbarkeit, weil wir immer noch erfolgreich zusammenarbeiten können und auch bei Kindern und Jugendlichen gut ankommen. Da ist kein Zaun zwischen den Generationen.“ Sohn Simon ist für die Organisation rund um Herbert und Schnipsi zuständig. „Ich schaue, dass sich die beiden außerhalb der kreativen Arbeit um möglichst wenig kümmern müssen“, erzählt er. „Das Arbeiten ist sehr angenehm, aber ich stecke als Sohn natürlich emotional viel mehr drin, als ein externer Mitarbeiter.“

Lesen Sie mehr über Herbert und Schnipsi:Hanns Meilhamer ist ein Künstler mit Tiefgang

Das Bedürfnis, sich von den Eltern bewusst abzunabeln, hatte er nie. „Ich vermute, das liegt daran, dass die beiden immer viel unterwegs waren und ich immer viele Freiheiten hatte.“ Er lacht: „Als ich ihnen Eminem vorgespielt habe, hat es ihnen sogar gefallen – zumindest haben sie das gesagt.“ Wie bei Mutter Claudia spielt das Thema Alter keine große Rolle. „In dieser Branche, wo man nicht nur zum Geldverdienen arbeitet, möchte ich so lange tätig sein, wie es möglich ist, und später als fideler, älterer Herr mit Familie und Freunden leben.“

Anfang Dezember hatte das Programm „Best of Herbert und Schnipsi“ in Ebersberg Premiere. Hanns erzählt: „Wir haben die älteren Sachen teilweise von VHS-Kassetten ausgesucht, das war schon bewegend.“ Er lacht: „Wir waren beide ziemlich jung, aber auch etwas steif auf der Bühne damals. Inzwischen sind wir viel beweglicher geworden.“ Claudia ergänzt: „Es war ein Schock, mich damals zum ersten Mal im TV zu sehen. Ich dachte nur: Um Gottes Willen! Wie steh’ ich denn da.“ Aber am nächsten Tag gab es auf der Straße positive Reaktionen. Der Start war gelungen. Das Duo entwickelte sich zum Publikumsliebling. „Höhepunkte gab es viele“, sagt Hanns Meilhamer. „Etwa, als wir zehn Mal hintereinander im Circus Krone gespielt haben.“ Die Bühne war trotz der TV-Erfolge extrem wichtig für das Duo. „Dort führt das Publikum Regie und man lernt, wie man Sätze formuliert und Pausen setzt, um einen Gag perfekt zu platzieren“, erklärt Hanns Meilhamer. „Das hilft auch enorm bei Film-Sketchen“.

Höhepunkte aus der Karriere präsentieren „Herbert und Schnipsi“ auf ihrer Tournee. Sie stellen fest: „Lustigerweise haben wir früher mehr Sketche über das Alter gemacht, als heute.“

Hier geht es zum Bayern-Ressort.

Weitere Stars aus Bayern finden Sie in unserem Special MZ-Kantine.

Hier geht es zur Kultur.