Ausstellung
Zweimal Zacharias an der Wand

Claudia und Thomas Zacharias zeigen in Regensburg sanfte Formengeflechte, handgreifliche Hände und Lumpen-Fotografien.

19.01.2016 | Stand 16.09.2023, 6:52 Uhr
Gabriele Mayer
Claudia Zacharias, Künstlerin und Kunstlehrerin, entwickelt in ihren Bildern farbvitale Figuren in einer Art Schwebezustand. −Foto: Fotos: altrofoto.de

Seit Generationen gibt es in der Familie Zacharias Künstler. Neben dem Regensburger Walter Zacharias hat sich aus der Münchner Linie vor allem Thomas Zacharias, Jahrgang 1930, auch als Professor an der Münchner Akademie einen Namen gemacht. Und mit von der Partie bei der aktuellen Ausstellung in Räumen der Stadtkunst ist die Kunsterzieherin Claudia Zacharias, eine Tochter von Thomas Zacharias, mit zahlreichen Aquarell-, Kreide- und Ölmalereien.

Vater und Tochter entstammen der alten Regensburger Malerfamilie Zacharias,die von 1765 an über fünf Generationen eine Werkstätte für Dekorationsmalerei betrieben hat. Insgesamt handelt es sich um sieben Generationen und 13 malende Mitglieder der Familie.

Farbenfroh leuchtend, mit viel Gelb und Rot in verschiedenen Nuancen changieren die Bilder von Claudia Zacharias zwischen gegenständlicher und ungegenständlicher Malerei. Figürliches schält sich heraus, scheint sich abzuzeichnen, um sich selben Moment wieder aufzulösen, im Rhythmus der sanft ineinander übergehenden Farben- und Formengeflechte. Hinter- und Vordergrund sind kaum zu taxieren. Wir haben es hier mit einer ausgetüftelten und nuancierten Malerei zu tun, die aber den Gestus des kindlich Naiven trägt und auf jeden Fall unbekümmert wirkt.

In diesen Bildern steckt der Schalk

Hinter den kleinen Zeichnungen von Thomas Zacharias auf der Galerie bei der Stadtkunst steckt der Schalk. Genau so gut kann man die Arbeiten aber als akademische Kunst bezeichnen, die bestimmte Probleme und Fragen in zwei Serien bearbeitet. Da sind zum einen die lautmalerischen Zeichnungen zu Begriffs-Neubildungen wie „Bauch-Redner-Pult“ oder „Bauch-Pinsel-Zeichnung“. Hier geht es um das ebenso alte wie prekäre Verhältnis zwischen Wort und Bild. Wenn man Begriffe verbildlicht, noch dazu solche, die keine ausgewiesene Bedeutung haben, bildet man dann ab oder bildet man neu?

Bei der zweiten Serie geht es um die gezeichnete Hand, die groß ins Bild gesetzt wird. Die Hand hält zum Beispiel eine Art Tasche, die nicht gezeichnet ist, sondern als echtes Plastikband auf die Zeichnung aufgeklebt ist.In einem der in der Schau ausliegenden Künstler-Skizzen-Büchermit Texten von Thomas Zacharias dreht sich alles ausschließlich um die Zeichnung von Händen und Fingern in Rekurs auf die Gemälde alter Meister. Bei Thomas Zacharias gewinnen Hände ein Eigenleben, das sie, indirekt und doch beredt, wie man erkennt, auch bei den alten Meistern haben. Er zeichnet zupackende Hände, die handeln, also etwas eminent Menschliches, und das in seiner ganzen Ambivalenz.

Lappen neben Grashalmen

Sehr interessant ist seine Serie von Fotografien, in der es um alte Lumpen geht. In den Pariser Straßen leiten sie den Wasserfluss: Lumpen neben Gittern und Kanalschächten. Oder gewickelte Lappen, wie geheimnisvolle Pakete neben Steinen und Grashalmen. Aus dem üblichen Verwendungszusammenhang sozusagen ausgeschnitten und groß ins Bild gesetzt, bekommen diese fotografierten Lumpen etwas eminent Symbolisches zwischen Verbergen und Enthüllen, und wirken, als wären sie magisch aufgeladen, wie Andenken oder Totemgegenstände.

Ein nicht lebendiges Etwas, ein Ding, Abfall nur, entwickelt sich bei dieser Fotografie zu etwas Zauberhaftem, das gefangen hält. Fotografie wird hier zum stillen, aber außerordentlichen Medium einer Metamorphose.

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