Opfer
Das Nacktbild der Ex bleibt für immer

Cybermobbing ist weit verbreitet. Am weltweiten Aktionstag sollen Kinder auf die Gefahren aufmerksam gemacht werden.

07.02.2017 | Stand 16.09.2023, 6:37 Uhr
Das klassische Mobbing auf dem Schulhof wird mittlerweile zu einem großen Teil durch Cybermobbing am Smartphone ersetzt. −Foto: dpa

Nacktbilder, die über WhatsApp an Dritte verschickt werden, YouTube-Videos, in denen über Mitschüler gelästert wird oder peinliche Faschingsfotos, die auf Facebook gepostet werden – Cybermobbing tritt in vielen Formen auf und ist ein gesellschaftlichesProblem..

Jeder dritte der über 1200 befragten 12- bis 19-Jährigen gibt an, dass er mitbekommen hat, wie im Bekanntenkreis eine Person gemobbt wurde. Das sagen die Zahlen der Studie JIM (Jugend, Information, Multimedia) 2016. Acht Prozent wurden laut der Umfrage des Medienpädagogischen Forschungsverbundes bereits selbst Opfer von Cybermobbing.

Das ist der Safer Internet Day:

Um die Menschen für Risiken im Internet zu sensibilisieren, findet in Deutschland seit 2008 jährlich der Aktionstag Safer Internet Day statt. Der diesjährige Tag beschäftigt sich vor allem mit Cybermobbing.

Wie viele Jugendliche in der Oberpfalz von Cybermobbing betroffen sind, kann das Polizeipräsidium Oberpfalz nicht genau sagen. „Wir können zum Beispiel die einzelnen Beleidigungen nicht differenzieren in reale oder virtuelle Welt“, erklärt Dominik Faulhammer, der beimPolizeipräsidium Teil des Teams „Soziale Medien“ist, das sich unter anderem mit Cybermobbing beschäftigt. „Es ist ein weltweites Phänomen, das mit dem Auftreten der sozialen Netzwerke ein immer größeres Problem geworden ist“, sagt der 24-Jährige.

Auf ihrer Facebook-Seite gibt das Polizeipräsidium Oberpfalz Tipps gegen Cybermobbing:

Bereits Drittklässler sind betroffen

Und das Problem fängt mittlerweile immer früher an, weißMedienpädagogin Claudia Haese-Werner. Sie unterrichtet an der Grundschule Tegernheim im Landkreis Regensburg und erzählt, dass bereits Drittklässler betroffen sind. Sie berichtet, dass peinliche Bilder auf Facebook hochgeladen werden oder dass Schüler in einem Video über Klassenkameraden lästern und diese Sequenz anschließend auf Videoportalen hochladen.

Um die Zahl der Opfer so gering wie möglich zu halten, hat Haese-Werner mit Kollegen Unterrichtsmodule für die dritte bis sechste Jahrgangsstufe ausgearbeitet. In den Modulen finden Lehrerkollegen Ideen, wie sie die Themen Cybermobbing und Verhalten im Chat in ihren Unterricht einbauen können. „Wir werden diese Module in Fortbildungen weitergeben, so dass am besten eine Lawine entsteht und viele Schulen mitmachen“, hofft sie. Bislang hat sie mit den präventiven Modulen Schulen im Landkreis Regensburg und in Cham erreicht.

Präventiv arbeitet auchMedienpädagogin Esther Christmannvon der Regensburger Jugendschutzstelle. Ihr Motto lautet: „Aufklären, aufklären, aufklären!“ Denn vielen Kindern sei nicht bewusst, dass zum Beispiel Gruppennachrichten in WhatsApp tatsächlich auch alle in der Gruppe lesen und weiterschicken können. „Das Wissen, dass WhatsApp nicht privat ist, ist noch nicht vorhanden“, sagt sie.

Dann passiert es schnell, dass sich ein peinliches Nacktbild einer Schülerin blitzschnell verbreitet. „Die Schüler meinen, dass das Bild lustig ist und denken nicht so sehr an das Opfer“, erklärt Christmann, die das Problem nicht darin sieht, dass Nacktbilder verschickt werden. „Das Sexting gehört zur Jugendkultur“, sagt sie. Kritisch werde es, wenn das Paar nicht mehr zusammen ist und einer das Nacktbild verschickt. Diese Person ist dann der Täter und macht sich strafbar. Das Opfer, das das Nacktfoto an den Freund verschickt hat, trage nicht die Schuld.

Nicht nur Täter sind verantwortlich

Beim Cybermobbing gibt es aber nicht nur die Rollen des Täters und des Opfers. „Cybermobbing funktioniert nur, wenn alle anderen aus einer Gruppe mitmachen“, sagt Christmann. Am besten lösche man ein Nacktbild, das unerlaubterweise verschickt wurde. Dann entstehe nicht die Gefahr einer Lawine. „Jeder trägt die Mitverantwortung, dass das Bild nicht weiterverbreitet wird“, stellt Christmann klar und sagt, dass es dennoch ein paar Mal in Regensburg vorkomme, dass Nacktbilder unerlaubterweise weitergegeben werden. In den meisten Cybermobbing-Fällen geht es aber um Menschen, die auf andere Art im Netz beleidigt oder bloßgestellt werden.

Im Video wird die App „Cybermobbing – Erste Hilfe“ vorgestellt:

Hilfe für Opfer soll neben Beratungsstellen auch die kostenlose App „Cybermobbing – Erste Hilfe“ bieten. In kurzen Videoclips geben Betroffene Tipps, wie sich Opfer verhalten sollen. Diese App ist nicht nur für Jugendliche, sondern auch für Erwachsene – aus gutem Grund. „Sie glauben nicht, aus welchen Altersklassen die Leute bei uns anrufen“, sagt Uwe Leest vom Bündnis gegen Cybermobbing. Laut Joachim Bauer, Neurobiologe an der Uniklinik Freiburg, kommt es auch am Arbeitsplatz immer wieder zu Online-Attacken unter Kollegen.

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