Deo-Tester – ein echter Schweiß-Job

Beruf Die Beiersdorf-Forschungsabteilung beschäftigt 30 professionelle „Sniffer“.

17.11.2007 | Stand 17.11.2007, 0:00 Uhr

von michael witt

Boris Kristof (35), als Ingenieur in der blitzblanken Forschungsabteilung des Kosmetikriesen Beiersdorf („Nivea“, „Eucerin“, „Labello“) unter anderem für die Methodenentwicklung zuständig, steigt des Öfteren in die Niederungen des menschlichen Daseins ab – und fährt mit dem Fahrstuhl erstmal sechs Stockwerke höher. In Raum 2622 des wissenschaftlichen Zentrums der Firma wird er dann für etwa 20 Minuten zum nebenberuflichen „Sniffer“, zu einem Spürhund des Schweißgeruchs.

42 verschlossene, bräunliche Probengläser stehen vor ihm auf einem Edelstahlwagen. Gefüllt mit feuchten, teilweise übel stinkenden Wattepads. Links neben Kristof hat man in Augenhöhe in die Kabinenwand einen Touchscreen eingebaut, auf dem nichts anderes als einige Ziffern leuchten: von null bis fünf, von „kein Geruch“ bis „starker Geruch“. Bei Boris Kristof geht alles sehr schnell. Ganz der Profi, schnappt er sich Glas für Glas, dreht die Deckel auf, hält kurz die Nase hinein, urteilt. Dabei verzieht er keine Mine zum bösen Spiel, auch nicht, als durch den Raum mit den insgesamt drei Kabinen kurz ein Geruch zieht, als hätten gleich ein ganzes Dutzend Deos unter mindestens ebenso vielen Achselhöhlen versagt. Kristofs knapper Kommentar: „Manchmal ist das schon heftig!“

20 interne und zehn externe „Sniffer“ hängen ihre Riechorgane über das ganze Jahr immer wieder für eine Aufwandentschädigung in Proben, um wissenschaftlich nachweisbare Rückschlüsse auf den Wirkungsgrad von „Antitranspirantien“ (verhindern Achselschweiß durch Verengung der Drüsen mit Aluminiumchlorhydrat) und Deos (überlagern Geruch mit Parfüms) schließen zu können.

Ein Muss: tägliche Transpiration

Der Proben-Nachschub erreicht die Sniffer auf verschiedenen Wegen.

Entweder, wenn es um Anitranspirantien geht, entstehen sie bei 39 Grad im „Hotroom“ des Probandenzentrums oder in der hauseigenen Sauna bei 70 Grad (Deos). Immer am lebenden Objekt. Studenten, Hausfrauen, Facharbeiter. Wer sich mit Schwitzen etwas hinzuverdienen möchte, kommt in das im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel versteckt gelegene Zentrum. 5000 Probanden jährlich. Viele davon sind auch mehrere Tage lang im ständigen Einsatz. Immer tragen sie Wattepads unter den Achseln oder auch Silikonschichten, die auf den Unterarmen dünn aufgetragen werden. Bei der Watte lässt sich die Schweißmenge und damit die Wirksamkeit eines Mittels über das Gewicht bestimmen, während bei der Kunststoff-Methode das Messergebnis über die Tiefe der Ausprägungen von aktiven Schweißdrüsen entscheidet.

Der Leiter der Abteilung „Wirknachweise Deo/AT“ (AT = Antitranspirantien), Reza Keyhani, klärt auf, was verblüffen wird: „Schweiß ist geruchlos. Nur die Bakterien, die ihn zersetzen, sorgen für unangenehme Gerüche.“ Seine „Sniffer“ lässt er erst auf die Gläser los, wenn sie nachgewiesen haben, das sie tatsächlich über einen guten Riecher verfügen. Dazu müssen sie eine Prüfung über sich ergehen lassen. Sie sitzen dann an einem sogenannten „Olfaktometer“, an einem Apparat, der in bestimmten Abstufungen Düfte mit Luft vermischt, bis zu einer Verdünnung, die nur noch extrem schwer zu erschnuppern ist. Wer’s trotzdem schafft, gehört zum Team.

Dufte Gags nach Feierabend

Nichts Besonderes? Ein gutes Deo entscheidet schließlich über Jobs, über erfolgreiche Flirts, über Vertragsabschlüsse. Im Extremfall sogar darüber, ob jemand stinkreich wird. Und ein schlechtes sorgt für einen Insider-Gag, den sich die „Sniffer“ in ihrer Freizeit immer wieder gerne geben. Bei einem Feierabendbier in einer Bar der Hansestadt heften sie dem unbekannten Nachbarn wetteifernd und imaginär Noten ans Revers. Hüftrempelnd heißt es dann: „Der da ist doch eine glatte fünf, oder nicht?“