Angeschaut
Dieses Paar macht Platz für Iris Berben

Marianne und Josef Hösl verlassen demnächst ihren Hof bei Neunburg vorm Wald. Er wird Kulisse für eine Krimiserie.

02.06.2017 | Stand 16.09.2023, 6:31 Uhr
Kurze Pause auf der Bank vor dem Haus. Marianne und Josef Hösl stehen aufregende Wochen bevor. Sie ziehen aus, um Platz für eine Fernsehproduktion zu machen. −Foto: Stöcker-Gietl

An der kleinen Kapelle mit der Marienfigur ist Schluss. Von hier aus führt nur noch ein Feldweg hinein in den Wald. Reiter sind unterwegs, Hunde laufen mitten auf der Straße. Autos fahren selten. In diese Einöde findet nur, wer sich in der Gegend auskennt. Marianne und Josef Hösl leben dort, wo selbst das Navigationsgerät nicht weiter weiß, in einem abgelegenen Hof bei Neunburg vorm Wald (Lkr. Schwandorf). Mit der Ruhe ist es allerdings bald vorbei. Anfang August wird auf dem Anwesen für eine neue ZDF-Krimireihe gedreht – mit den Schauspielern Iris Berben und Moritz Bleibtreu.

Auf dem betagten Holzofen in der Küche steht der Wasserkessel. „Einen Elektro-Ofen haben wir auch, aber den nehmen wir fast nie her“, sagt der 85-jährige Josef Hösl. Vieles hier in der Küche hat den Charme der guten alten Zeit. Der blaue Steinguttopf, in den Marianne Hösl Schwämme und Spülmittel sortiert hat. Die rustikalen Holzmöbel, die noch ihr Vater schreinerte. Die gerahmten Lebensweisheiten an der Wand. Nur der moderne Flachbildfernseher fällt aus dem Bild. Hier sitzt Marianne Hösl gerne in ihrem bequemen Sessel und schaut Serien. „Dahoam is dahoam“, „Sturm der Liebe“ und den„Bergdoktor“.„Die Iris Berben kenn ich freilich auch aus dem Fernsehen“, sagt die Seniorin, die demnächst ihren 83. Geburtstag feiert. „Die mag ich.“ Dass sie der bekannten Schauspielerin aber ihre Küche, ihr Wohnzimmer und weitere Räume im Haus für Dreharbeiten zur Verfügung stellen würden, daran hat das Ehepaar in seinen kühnsten Träumen nicht gedacht. „Des wird was werden“, sagt Marianne Hösl. Ihr Mann grinst verschmitzt. Er freut sich, dass sich demnächst richtig was rührt auf seinem Hof.

Der Hof ist fast 200 Jahre alt

Vor einigen Monaten kam die Anfrage aus dem Rathaus in Neunburg vorm Wald, erzählt der Schwiegersohn Josef Falk. Gesucht wurden alte Bauernhöfe, in denen dieZDF-Krimireihe „Die Protokollantin“ gedreht werdensollte. In der fünfteiligen Serie geht es um Freya Becker (Iris Berben), die im Morddezernat arbeitet. Tag für Tag hört und schreibt sie die Vernehmungen zu Verbrechen nieder. Sie lebt zurückgezogen und hat bis auf ihren Bruder Jo (Moritz Bleibtreu) kaum Kontakt zur Außenwelt, nachdem ihre Tochter vor elf Jahren verschwand. Doch dann verändert sich plötzlich alles. Das Drehbuch zur Serie basiert auf einer Idee des Autors Friedrich Ani („Der namenlose Tag“). Das ZDF hat die Ausstrahlung der fünf 60-minütigen Episoden für 2018 angekündigt.

Sehen Sie hier Bilder vom Hof der Hösls:

Welche Rolle der Hof der Hösls, der 1833 erbaut wurde, in der Serie spielen wird, dazu gibt es offiziell keine Informationen. „Wir vermuten, es hängt mit der Familie der Protokollantin zusammen. Ob in unserem Haus auch ein Mord geschieht, das können wir nicht beantworten“, sagt Claudia Falk, die Tochter, die die Eltern während der Dreharbeiten bei sich aufnehmen wird.

Der Neunburger Bürgermeister Martin Birner spricht von einer „tollen Werbung für unsere Region“, die die Krimiserie mit sich bringen wird. „Es macht mich stolz, dass wir ein solches Projekt zu uns holen konnten“, sagt er. Seit drei Jahren knüpft der CSU-Mann Kontakte in der Filmbrachne. Bereits im vergangenen Jahr fanden am Eixendorfer See Dreharbeiten für denRTL-Film „Witwenmacher“statt. „Wir haben so eine tolle Landschaft, das können wir in Filmprojekten einem großen Publikum zeigen. Birners Traum wäre, eine Serie wie den „Bergdoktor“ in die Neunburger Region zu locken. „Das ist keine Spinnerei. Etwas Besseres gibt es nicht für den Tourismus.“ Da müssen dann aber auch die 8500 Einwohner aufgeschlossen sein, weiß Birner. Zumindest für die Serie mit Iris Berben ist er sich dieser Unterstützung sicher. Das Ehepaar Hösl habe sehr offen reagiert, als die Produktionsgesellschaft Interesse am Hof bekundete. Auch der Festspielverein unterstützt die Produktion. Über 100 Neunburger lassen sich als Komparsen casten. Wie die Bürger auf Straßensperren und andere Maßnahmen, die im Zusammenhang mit den Dreharbeiten notwendig werden, reagieren, das wird sich erst in den nächsten Wochen zeigen.

Draußen, im Hof der Hösls, steht noch ein gemauertes Häusl, in dem die früheren Hausbewohner ihre dringenden Geschäfte erledigt haben. Vor der dunklen Holztür mit dem ausgesägten Herzerl blühen Vergissmeinnicht und eine rote Pfingstrose. „Das Häusl muss stehen bleiben, haben sie uns gesagt.“ Auch der kleine Gemüsegarten, den der Hausherr pflegt, soll in den kommenden Wochen nicht mehr verändert werden. „Und den Rasen dürfen wir auch nicht mehr mähen, es soll wohl alles etwas ungepflegt wirken“, sagt Josef Falk. Darauf deutet auch der Umstand hin, dass das Haus, das früher einen direkten Zugang zum Stall hatte, für die Dreharbeiten von außen bearbeitet wird. „Es soll älter ausschauen. Sie wollen Risse und abgeblätterten Putz.“ Wie die Kulissen entstehen, das wissen die Hösls nicht. „Wir haben vorgeschlagen, wenn ihr was richtig Altes wollt, dann drehts halt im Museum. Aber das wollten sie auch nicht“, sagt Josef Hösl. Nun sorgen Kulissenbauer dafür, dass das Anwesen einen morbiden Charme erhält.

„Des wird was Größeres“

Auch im Inneren wird sich Einiges verändern. Die modernen Kunststofffenster sollen nicht mehr zu sehen sein. Das Küchenfenster wird abgehängt, um den Blick nach draußen zu verändern. „Ich muss die alte Strukturwalze suchen, damit sie das Muster von der Wand weiterführen können“, verrät Josef Falk. „Des wird was Größeres“, sagt Josef Hösl. Und grinst wieder verschmitzt. Seine Frau sagt, dass es ihr lieber gewesen wäre, wenn sie nicht ausziehen müsste.

Zwei bis drei Wochen wird vorbereitet und gedreht. Etwa 80 Personen werden auf dem Hof sein. Vor der Scheune werden Schienen für Kamerasysteme aufgebaut. Auch im Haus muss jede Menge Technik untergebracht werden.

Die Produktionsfirma gibt sich zu den Dreharbeiten bedeckt. Lediglich, dass in Seebarn vom 7. bis 10. August ca. 40 Komparsen für einen Trauerzug gesucht werden, gab sie bekannt. Auch ein Leichtrunk wird im Dorf gedreht, im Gasthaus Schindler, in dem schon länger nicht mehr ausgeschenkt wird.

Die Hösls hoffen, dass der Trubel trotz der Aufregung im Vorfeld nicht zu groß wird. Der Bürgermeister hofft, dass sich Neunburg als Filmkulisse etablieren kann. Die Produktionsgesellschaft hofft auf gute Quote. Dann ist Fortsetzung nicht ausgeschlossen.

Immer wieder ist das MZ-Verbreitungsgebiet Drehort für Filme, Fernsehserien oder auch Doku-Soaps. Die Schauplätze finden Sie in unserer Karte: