Aschermittwoch
Der Mutmacher: „Hurra, wir leben noch!“

Am Mittwoch tritt der FDP-Chef, der sich schon als Sänger im Karneval versuchte, in Dingolfing zum Schlagabtausch an.

28.02.2017 | Stand 16.09.2023, 6:33 Uhr
Reinhard Zweigler
FDP-Chef Christian Lindner will seine Partei zurück in den Bundestag führen, sonst droht das endgültige politische Aus. −Foto: dpa

Das Lied der italienischen Sängerin Milva „Hurra, wir leben noch!“ ist eigentlich ein Ohrwurm. Der FDP-Chef Christian Lindner machte aus dem Hit der 80er Jahre in der Aachener Karnevalssitzung eher einen Sprechgesang. Der Refrain allerdings, von einem gemischten FDP-Chor gesungen, drückte jedoch genau das derzeitige Lebensgefühl der Liberalen aus. Die FDP arbeitet emsig an einem politischen Comeback. Und das soll nach drei erfolgreichen Landtagswahlen – Saarland, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen – mit dem Wiedereinzug in den Bundestag gekrönt werden, hofft man im Berliner Wolfgang-Dehler-Haus, der inzwischen bescheidenen Parteizentrale.

Am Mittwoch wird Christian Lindner zum ersten Mal einen Aschermittwoch-Auftritt in Dingolfing haben. 500 Gäste werden erwartet. Man ist gespannt, wie sich der begnadete Redner mit der schier übermächtigen Polit-Konkurrenz von Union und SPD auseinandersetzt. Aber natürlich werden auch Grüne, Linke und AfD ihr Fett wegbekommen.

Der 38-jährige Lindner ist seit drei Jahren Vorsitzender und zugleich das Gesicht der Liberalen. Sein Projekt heißt Bundestag. Denn schafft es die FDP nicht wieder ins Parlament, dann droht ihr offenbar das endgültige politische Aus. Lindner gibt deshalb vor allem den Mutmacher. In der neumodischen Werbesprache, die die FDP benutzt, heißt das: German Mut.

Man habe sich in der außerparlamentarischen Opposition „erneuert, aber auch gelitten“, sagt Lindner auf dem diesjährigen Dreikönigstreffen der Liberalen in Stuttgart, das nach Jahren wieder von gleich drei TV-Sendern live übertragen wurde. Gelitten vor allem „an der falschen Politik der Regierung und der Untätigkeit der Opposition“, keilt er nach allen Seiten aus.

Die FDP und die „vernünftige Mitte“

Und die Abgrenzung zur rechtspopulistischen AfD ist scharf. Die Petry-Partei habe aus dem „Schüren von Angst ein Geschäft gemacht“, sagt Lindner. Zugleich spart er nicht mit Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik. Es sei nicht „liberal, Regeln aufzuheben und Kontrollen an den Grenzen aufzugeben“, sagt er und erhält donnernden Applaus. Da hätte auch CSU-Chef Horst Seehofer in die Hände klatschen können. Vom Marktradikalismus vergangener Jahre ist Lindner weit entfernt. Er stellt seine Partei nun vielmehr als Heimstatt für die „vernünftige Mitte“ dar.

Er benutzt Schlagworte wie das vom „starken Rechtsstaat“, verlangt mehr Polizisten, ist aber gegen neue Sicherheitsgesetze. Die bestehenden sollten nur konsequent angewandt werden. Die Sicherheitsbehörden müssten nicht von allen möglichst viel, sondern viel von denjenigen wissen, von denen eine Gefahr ausgehe. Bundeskanzlerin Angela Merkel attackiert er für ihr „Weiter so“. Das sei in einer Zeit des Wandels das Gefährlichste, was man tun könne.

Wovon will Deutschland leben?

Und den SPD-Kandidaten Martin Schulz watscht Lindner ab, weil der die Agenda 2010 „abwickeln“ wolle. Doch diese Reformen hätten Deutschland wettbewerbsfähiger und stärker gemacht. Lindners Frage: Wovon will Deutschland künftig leben? Als Antwort skizziert der FDP-Chef das Programm: den Arbeitsmarkt flexibler gestalten, den einzelnen Menschen stärken, damit der sein Leben selbst in die Hand nehmen könne. Mit einer Spitze gegen Schulz, sagt er, es gehe nicht darum, Lücken im Wohlfahrtsstaat zu schließen, sondern aus Verantwortung für Kinder und Enkel Stabilität und Wirtschaftskraft zu erhalten. Lindner ist bereits voll im Wahlkampfmodus. Ob und mit wem seine Partei, im Falle des Wiedereinzugs ins Parlament, regieren würde, lässt er offen.

Auch in der bayerischen FDP stehen die Zeichen auf Hoffnung. Um die aussichtsreichen vorderen Listenplätze für die Bundestagswahl gibt es heftige Konkurrenz. Der Generalsekretär der Bayern-FDP, Daniel Föst, 40-jähriger Unternehmer, gilt dabei als „gesetzt“. Er hat den Segen des Parteivorstandes. Aber danach drängen ehemalige Landtagsabgeordnete wie der Haushaltsexperte Karsten Klein oder die einstige Wirtschaftsstaatsekretärin Katja Hessel. Auch ehemalige Bundestagsangeordnete wie der IT-Experte Jimmy Schulz oder Stephan Thomae und Thomas Körber wollen wieder nach Berlin. Kämpferisch gibt sich auch der ehemalige Telecom-Personalvorstand Thomas Sattelberger, der im Wahlkreis München Süd antritt. „Sanierungsfälle sind meine Spezialität“, meint der 67-Jährige. Er trat erst vor drei Jahren der FDP bei. Da war sie auf ihrem Tiefpunkt angekommen. Nun aber gibt es wieder eine liberale Perspektive. Und in den ersten beiden Monaten gab es im Freistaat 250 Neueintritte, heißt es aus der FDP-Landeszentrale in München.

Unserem Berlin-Korrespondenten Reinhard Zweigler bleibt der Parteichef zu vage:

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