Wirtschaft
Die Besten gehen ins Ausland

Um ein Unternehmen zu gründen, muss man in Deutschland zu viele Hindernisse überwinden.

19.07.2016 | Stand 16.09.2023, 6:47 Uhr

Stefan Friedrich ist Landesvorsitzender von „Die jungen Unternehmer“ in Bayern und Geschäftsführer der Unternehmen Kandler Gruppe GmbH und Flowerbox Deutschland GmbH.

Knapp jeder zweite Deutsche hat schon einmal in Erwägung gezogen, ein Unternehmen zu gründen, aber nur 22 Prozent haben ihre Idee auch in die Tat umgesetzt. Das belegt eine bundesweite Umfrage des Wirtschaftsverbandes „Die jungen Unternehmer“ und des Meinungsforschungsinstituts YouGov. Die Argumente nicht zu Gründen lauten: schwierige Kapitalbeschaffung, Bürokratie und mangelnde Anerkennung. Es fehlt den Menschen nicht an der Lust zu gründen, sondern am politisch zu schaffenden Klima!

Zahlreiche bürokratische Hürden rauben einem die Lust am Gründen. Das ist fatal, denn Unternehmensgründungen leisten einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes. Ich habe selbst zwei Unternehmen gegründet und weiß, wovon ich spreche. Ständig haben Gründer mit Auflagen und Berichtspflichten zu kämpfen, die den Schritt in die Selbstständigkeit erschweren. Bayern und besonders die Landeshauptstadt München haben sich in den letzten Jahren durchaus zu einem veritablen Gründerzentrum entwickelt. Aber klar ist: Es wäre noch wesentlich mehr möglich.

In anderen Ländern boomt die Start-up-Szene deutlich stärker als bei uns. Woran liegt das? Erstens herrscht in diesen Ländern eine ausgeprägte Risikokapitalkultur. Das Thema ist komplex, aber lässt sich einfach zusammenfassen: Unsere gesetzlichen Rahmenbedingungen für Risikokapital sind katastrophal. Viele – auch deutsche – Geldgeber investieren nicht in deutsche Start-ups.

Staatliche Mittel und Förderungen als Ersatz dafür sind der falsche Weg, denn sie führen zu Mitnahmeeffekten und Marktverzerrungen. Am Beispiel Regensburg erkennt man das sehr gut daran, was gefördert wird: Derzeit liegt der absolute Schwerpunkt der Förderung auf (informations-)technologischen Gründungen. Fähige Absolventen anderer Fachrichtungen, wie z. B. Ärzte, Betriebswirte oder Juristen, haben in Regensburg kaum eine Chance auf Unterstützung: Das neue Gründerzentrum „Techbase“ am Galgenberg lässt sie abblitzen. Der lapidare Hinweis des Betreiber-Geschäftsführers, Alexander Rupprecht von der städtischen R-Tech GmbH, auf den Gewerbepark als Ansiedlungsort für universitätsnahe Ausgründungen nicht-technischer Fächer ist ein Scherz.

Vielmehr gehört zur Gründerkultur – zweitens – auch das Umfeld, das Gründerklima. Laut unserer Umfrage befürchten 20 Prozent der potenziellen Gründer die sozialen Konsequenzen eines möglichen Scheiterns. Denn in Deutschland ist Scheitern verpönt und Fehler zu machen gilt als Schwäche. Hier können wir von anderen Ländern, in denen Scheitern konstruktiv als Chance gewertet wird, etwas lernen. Es wäre wichtig, dass Kinder bereits in der Schule in den Grundzügen darin ausgebildet werden, wie Wirtschaft in der Praxis, d. h. im Unternehmen, funktioniert. Die Lehrpläne haben Nachholbedarf.

Damit es in Deutschland mehr Start-ups gibt, brauchen wir dringend eine Verbesserung der Rahmenbedingungen. Die Politik darf damit nicht länger warten, denn wir bilden an den Schulen und Universitäten unseres Landes mit unseren Steuergeldern weltweit mit die besten Köpfe aus. Danach allerdings verlieren wir jedes Jahr Scharen davon ins Ausland. Das müssen wir stoppen!