Wellness

Der Swarovski-Himmel muss warten

Regensburgerinnen wollen schon Karten verschenken fürs erste Hamam der Stadt. Gemach, gemach: Der Teufel steckt im Detail.

21.07.2015 | Stand 16.09.2023, 7:05 Uhr
Helmut Wanner
Blick in den Wellnessbereich der Seidenplantage. Im Hintergrund kümmert sich Peter Schober um den Reinigungs-Roboter. −Foto: Wanner

Regensburg wartet ungeduldig auf das erste Hamam auf der Seidenplantage. Seit die Mittelbayerische Zeitung im vergangenen OktoberFotos von der entstehenden Wellness-Oase Regensburgs auf den Winzerer Höhen zeigte,lässt das Interesse nicht nach. Ein Leser schrieb: „Ich freue mich riesig über die künftige Verwendung. Denn ich fand es schade, dass dieses so herrlich restaurierte Schmuckstück nur für eine private Firma zur Verfügung stehen sollte.“

Er meinte die Firma ITEC des Peter Schober, die in Regensburg Immobilien entwickelt. Schober hatte die bedeutende Immobilie im Zustand einer Halbruine 1997 gekauft. Er holte damit das 5500 Quadratmeter große Areal zurück, das sein Großvater Johann B. Schober 1881 erworben hatte und lange Zeit als Gaststätte betrieb.

„Wer geht im Sommer ins Hamam?“

Seit bald 20 Jahren ist die Seidenplantage nun schon Baustelle. Seine Frau Erika, die in Pentling ein Physiotherapiezentrum betreibt, will die „exklusive Wellness-Oase für alle“ im Souterrain der ehemaligen Magnanerie, dem Betriebsgebäude der einstigen Seidenplantage, eröffnen. „Spätestens im Sommer 2015“, so hieß es, solle es aufmachen. Die MZ fragte bei den Inhabern nach, ob der Eröffnungstermin zu halten ist, weil Leute schon Geschenkgutscheine für den Hamam erwerben möchten.

Und um zu beweisen, wie entspannt er ist, erzählt er von seinem jüngsten Erlebnis im Kneitinger-Mutterhaus. An seinem Tisch begannen wildfremde Leute über die Seidenplantage zu reden. Schober: „Da kommt ein Puff rein, sagte einer. Ich hab mir das angehört und gefragt, von wem er das weiß. Die Antwort war: Das weiß ich aus sicherer Quelle.“ Schober lässt so was kalt.

Schober ist für die Gebäudetechnik zuständig, seine Frau Erika für das Konzept. Erika Schober betreibt in Pentling eine Physiotherapie-Praxis und will damit auf den Schoberberg ziehen. „Dieses Jahr werden wir es wohl nicht mehr hinkriegen“, sagt Erika Schober am Autotelefon. „Es ist auch sinnvoll, so eine Wellness-Anlage eher in der kalten Jahreszeit zu eröffnen.“

„Bauverzögerungen“ machten die Sache so langwierig. Bei einem Vor-Ort-Termin auf Regensburgs edelster Baustelle konnte die MZ sich ein Bild machen. Ganz offenbar steckt der Teufel im Detail. Wo kriegt man das entsprechende Material her? Die Hamam-Bank, eine Riesenliege für zwei Personen, hat die Maße 2,40 auf 1,90 Meter. Für die Wellness-Oase auf der Seidenplantage soll sie aus lachsfarbenem Marmor sein. Peter Schober: „Sechs Monate sind wir dran. Der Block muss die entsprechende Größe und Farbe haben.“ Letzte Woche hat der Steinbruch in Portugal Fotos geschickt. Die Farbe passt. „Jetzt fragen wir den Steinmetz, ob auch die Größe passt.“ Liege und Waschbecken werden aus diesem Marmorblock gearbeitet.

Im blaugold gekachelten Rasulbad könnte es praktisch schon losgehen. Die Türstöcke aus historischen Beständen der Türkei wurden eingepasst. Das Blattgold ist an den Wänden der Dusche. Jetzt muss der Künstler nur noch die hauchzarte orientalische Landschaft drüberlegen.

Die Türstöcke sind aus Mahagony. Die vergoldeten Sockelleisten sind schon geliefert. Am Poolrand liegt eine Farb- und Stoffpalette. Die Bänke aus Carrara-Marmor bekommen noch entsprechende Kissen.

Ein normaler Bauherr wäre über dieser Baustelle längst Pleite gegangen. Das Aufwändigste war die nachträgliche Unterkellerung für Wellnessbereich und Behandlungsräume. Im Jet-Grounding-Verfahren wurde das Wellness-Schlösschen auf dem Schoberberg 8,50 Meter „tiefergelegt“.

„Es kann auch Frühjahr werden“

Die Seidenplantage hat heute wieder das Tempelartige, das die Regensburger auf diesem Höhenzug so schätzen. Von den Winzerer Höhen strahlt die Fassade in pompejanischem Rot auf die Stadt herunter. In der palastartigen Einfahrt liegt rosa Marmor-Kies aus Verona. Balustraden aus Sandstein umsäumen die 200 Quadratmeter-Terrasse.

Der Tempel könnte dem Janus geweiht sein – schließlich ist er privat und öffentlich zugleich. Zum Privatbereich hat man Zutritt über Finger-Code, zum Öffentlichen „spätestens ab Frühjahr 2016“ über Tickets. Dann steht der Himmel auch für die Regensburger offen. Überm römischen Mosaik-Pool mit vergoldeten Schwallbrausen geht er aus Swarovski-Kristallen auf. Am Beckenboden räkelt sich ein Oktopus aus Bisazza-Steinchen. Es lohnt sich, auf diesen Himmel noch ein Weilchen zu warten…

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