Bauen
Ein Meisterstück im Maßstab 1:15

Der Zimmerer Josef Hauer hat den Dachstuhl der Amberger Basilika St. Martin aus 1553 Einzelteilen in Miniatur nachgebaut.

30.11.2016 | Stand 16.09.2023, 6:38 Uhr
Christian Danzer
Josef Hauer und Josef Kohl mit dem Modell der Amberger St. Martinsbasilika. −Foto: Fotos: Danzer

1700 Arbeitsstunden liegen hinter dem ehemaligen Zimmerermeister Josef Hauer. Ende Oktober hat er den letzten von 1535 Holzsparren in seinen Modellbau des Dachstuhls der St. Martins Basilika in Amberg eingesetzt. Befestigt wurde er mit einem von über 2600 Holznägeln.

Mittlerweile wurde der Dachstuhl, der im Maßstab, 1:15 gebaut wurde, aus seiner Werkstatt in das Rathaus in Parkstein verlegt. „Vier Mann brauchten wir dazu“, erzählte der 79-Jährige. Fichtenholz hat eben ein gewisses Gewicht. „Der Modelldachstuhl ist, wie das Original, komplett aus Holz gebaut“, so Hauer. Jeden Sparren und jeden Holznagel hat er dabei selbst angefertigt, jeden Schwalbenschwanz selbst gesägt. Seit Mitte Februar arbeitete er werktags immer von sieben Uhr morgens bis um halb fünf nachmittags. Selbst Samstags war er den Vormittag über noch in der Werkstatt.

Viel Selbstdisziplin notwendig

Zimmerermeister und Berufsschullehrer Karl Müller, der sich auf die Fahnen geschrieben hat, das Projekt in die Öffentlichkeit zu tragen, sagt: „Es braucht viel Selbstdisziplin, um ein Projekt so hartnäckig zu verfolgen.“ Dabei ist es nicht das erste Projekt Hauers. 25 weitere Dachstühle hat er nachgebaut, darunter unter anderem der Dachstuhl der Friedrichsburg in Vohenstrauß, der Salzstadel in Regensburg oder die Bergkirche in Parkstein, deren Originaldachstuhl von einem seiner Vorfahren gebaut wurde.

„Der Dachstuhl der Basilika in Amberg ist jedoch das größte Projekt, das ich bisher hatte“, erzählt er. Die Balken im Originaldachstuhl sind bis zu 28 Meter lang und wiegen etwa zwei Tonnen. Hauer sagte: „Diese wurden aus mindestens 50 Meter langen Bäumen geschlagen. Darin findet man aber keinen Wurm und keine Schäden.“ Wahrscheinlich seien die Bäume genau aus diesem Grund im Winter geschlagen worden. Seit fast 600 Jahren tragen sie nun das Dach der Basilika. Als reiner Holzdachstuhl ist er einer der größten und bedeutendsten in Deutschland. Insgesamt wurden 425 Kubikmeter Holz mit einem Gesamtgewicht von 263 Tonnen verbaut. In einem Wohnhaus werden zum Vergleich etwa 6 Kubikmeter verbaut. Müller erklärte: „Der Dachstuhl des Regensburger Domes zum Beispiel ist nur halb so breit.“ Sein Modell fertigte Hauer auch aus Respekt vor den Meistern früherer Jahre an. „Damals dauerte es noch etwa drei Jahre bis ein Dachstuhl fertig war.“ Zuerst stand da die Konstruktion eines Dachstuhls. Außerdem mussten über diesen langen Zeitraum 1535 Einzelteile gelagert werden richtig eingebaut werden.

Mit seiner Frau, mit der er vier Töchter hat, von denen eine auch den Zimmererberuf erlernte, lebt er noch heute in Parkstein. Im Betrieb seien immer vier bis fünf Menschen beschäftigt gewesen. „Wir bauten viele Dachstühle für landwirtschaftliche Gebäude.“ Einer davon sei 28 Meter hoch und 80 Meter lang gewesen.

In den 45 Jahren veränderten sich die Arbeitsweisen. Die Etablierung von Computern im Betrieb im Jahr 1990 sei für ihn „eine unvorstellbare Erleichterung gewesen“. Früher habe man alle Konstruktionen per Hand nachmessen müssen. Heute könnten Modelle am Computer geplant werden. „Wir hätten ihn schon 20 Jahre früher gebraucht“, erzählte Hauer.

Für das Modell des Dachstuhls nutzte er allerdings keine Computer. „Die Pläne erhielt ich vom Statikbüro Landgraf“, sagt er. Dieser Plan wurde vor rund 15 Jahren angefertigt, um den Dachstuhl sanieren zu können. An der Stelle kommt Berufsschullehrer Karl Müller ins Spiel. Er war es, der damals die Mängel im Dachstuhl entdeckte. Er erzählte: „Als Stadtpfarrer Meiler mit einem Statiker den Dachstuhl besichtigte, sagte er, aufgrund der vielen Mängel zu ihm: Eigentlich müsste ich die Kirche sperren lassen.´“ Mit Gottvertrauen habe man die Kirche dann aber offen gelassen, bis ein paar Monate später schon die ersten Sanierungsarbeiten begannen.

„In meinem Ruhestand wollte ich das Modell des Dachstuhls der Basilika bauen.“ Über einen gemeinsamen Bekannten erfuhr er vor zwei Jahren von Josef Hauer und seinen Modellbaukünsten. „Wir waren bald ein Herz und eine Seele“, sagt Müller und da Josef Hauer die besseren Möglichkeiten hatte, überließ er ihm dieses Projekt.

Artikel in Fachzeitschrift

Dabei stand für Hauer vor der Pensionierung noch gar nicht fest, dass er sich dem Modellbau widmen würde. „Wenn meine Tochter den Betrieb übernommen hätte, dann wäre ich darin noch sehr stark mit einbezogen“, betonte er. Mit dem Modellbau begonnen habe er, nachdem er die ersten Pläne erhalten habe. Wie er selbst zugibt, müsse man, um so große Projekte zu schaffen „in den Beruf schon vernarrt sein.“ Zahlreiche Experten haben ihren Respekt für die Leistung Hauers bereits gezeigt, in einer Fachzeitung wurde über ihn geschrieben.

Aber nicht nur für bereits ausgebildete Experten hat das Modell großen Wert. „Durch die Maschinen kann sich ein Lehrling heutzutage nicht mehr vorstellen, wie in früheren Zeiten gearbeitet wurde.“ Anhand eines solchen Modells aber, das man zerlegen und wieder zusammenbauen kann, können Schüler und Studenten die alte Handwerkskunst untersuchen.