Bürgerentscheid
Kümmersbrucker stimmen mit Nein

53,5 Prozent der Bürger sind dagegen, dass das Großprojekt Westumgehung in kommunaler Sonderbaulast gebaut wird.

24.09.2017 | Stand 16.09.2023, 6:21 Uhr

Bürgermeister Roland Strehl (Mitte) im Gespräch mit Heinrich Schäfer, Vorsitzender des Verbands für Wohneigentum und Befürworter der Westumgehung (links), und Josef Roggenhofer von der „IG Ortsdurchfahrt entlasten“, die die Westumgehung für die falsche Lösung hält. Foto: Spies

Sind Sie dafür, dass die Ortsumgehungsstraße (Staatsstraße 2165) von Haselmühl/Kümmersbruck/Lengenfeld – die sogenannte „Westumgehung“ – in kommunaler Sonderbaulast der Gemeinde gebaut wird? Diese Frage hatten die Kümmersbrucker gestern beim Bürgerentscheid zu beantworten. Wolfgang Roggenhofer, der Abstimmungsleiter für den Bürgerentscheid Westumgehung in Kümmersbruck, verkündete um 21.50 Uhr im Rathaus das Ergebnis: 3341 Bürger, das sind 53,5 Prozent der abgegebenen Stimmen, haben sich gegen den Bau der Westumgehung in kommunaler Sonderbaulast ausgesprochen, 2904 (46,5 Prozent) Bürger der fast 10 00 Einwohner zählenden Gemeinde waren dafür. „Das Schicksal der Westumgehung wird damit an den Freistaat Bayern zurückgegeben“, sagte der Kümmersbrucker Bürgermeister Roland Strehl nach der Auszählung. Das Votum der Bürger ist für den Gemeinderat nun ein Jahr bindend, das heißt die weiteren Entscheidungen und Details müssen im Sinne des Bürgerentscheids auf den Weg gebracht werden.

Baurecht wird nicht berührt

Bei dem Bürgerentscheid ging es nicht per se um die Frage, soll die Westumgehung gebaut werden oder nicht. Das mit dem abgeschlossenen Planfeststellungsverfahren vorliegende Baurecht für die Umgehungsstraße wird durch den Bürgerentscheid nicht berührt. Auch die Möglichkeit der Übernahme der Bauträgerschaft durch den Freistaat Bayern in fernerer Zukunft bleibt durch den Bürgerentscheid unberührt. Aber um die Baumaßnahme zeitnah zu realisieren und zu finanzieren, stand im Raum, dass die Gemeinde Kümmersbruck die Straße in kommunaler Sonderbaulast selbst errichtet. Kommunale Sonderbaulast bedeutet: Die Gemeinde übernimmt an Stelle des Freistaats Bayern die Bauträgerschaft, errichtet die Straße und erhält dafür staatliche Zuwendungen. Die aktuelle Kostenkalkulation für die Westumgehung liegt inklusive Nebenkosten bei rund 30 Millionen Euro. Der Gemeinde Kümmersbruck als Bauträger wäre eine staatliche Förderung von mindestens 80 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten in Aussicht gestellt gewesen. Der Eigenanteil der Gemeinde von mindestens sechs Millionen Euro hätte über ein Darlehen finanziert werden müssen.

„Ich bin stolz, dass sich so viele Wahlberechtigte an der Abstimmung beteiligt haben“, betonte Bürgermeister Roland Strehl. 7888 Wähler, damit 80 Prozent der Kümmersbrucker, haben sich an der Abstimmung beteiligt. Laut Strehl würde dieses Ergebnis auch die Stimmung widerspiegeln, die er in den vergangenen Wochen in der Gemeinde verspüren konnte. Strehl zeigte sich überzeugt, dass die Entscheidung der Mehrheit des Gemeinderats richtig gewesen sei, mit Hilfe der Bürgerbefragung eine Entscheidung herbeizuführen. Allerdings habe er sich ein deutlicheres Ergebnis gewünscht. „Wir werden aber die Ja-Stimmen nicht vergessen“, wandte sich der Bürgermeister an Heinrich Schäfer, den Vorsitzenden des Verbands für Wohneigentum Haselmühl als Vertreter der Befürworter der Westumgehung. Die Gemeinde werde Alternativ-Konzepte erstellen lassen, um den Verkehr in der Ortsdurchfahrt zu reduzieren.

„Wir sind natürlich enttäuscht von diesem Ergebnis, verzögert es doch eine Lösung des Verkehrsengpasses in Haselmühl um mindestens zehn Jahre!“ Dass die Staatsstraße 2165 in der Ortsdurchfahrt von Lengenfeld/Haselmühl/Kümmersbruck eine der am stärksten frequentierten Staatsstraßen Bayerns ist, steht außer Frage. In einer Informationsbroschüre der Gemeinde Kümmersbruck im Vorfeld des Bürgerentscheids ist von 17 400 Fahrzeugen pro Tag im stark belasteten Abschnitt zwischen Zeilenstraße und Kirchensteig die Rede, vier Prozent davon sind Busse und Lastwagen. Die Zahlen stammen aus einem Verkehrsgutachten aus dem Jahr 2011.

Zurück zu konstruktiver Arbeit

Heinrich Schäfer machte als Vertreter der Befürworter der Westumgehung kein Hehl daraus, dass die CSU nun das Ergebnis habe, das sie gewollt habe. „Das Ratsbegehren war eine klare parteipolitische Entscheidung“, betonte er. Schäfer wünsche sich aber auch, dass das Abstimmungsergebnis die Gemeinde nicht langfristig spalte, der Gemeinderat wieder zu einer konstruktiven Zusammenarbeit zurückfinden möge.

Josef Roggenhofer als Vertreter der „IG Ortsdurchfahrt entlasten“ erinnerte daran, dass die Absicht, die Bürger durch ein Ratsbegehren an der Entscheidungsfindung teilhaben zu lassen, bereits im Wahlprogramm der CSU vor der letzten Gemeinderatswahl festgeschrieben gewesen sei. Der Flächenverbrauch und die Kosten-Nutzungs-Rechnung würden im Widerspruch zum Erfolg des Straßenbauprojekts Westumgehung stehen. Die Lösungsansätze der IG sind beispielsweise eine Verflüssigung des Verkehrs durch eine bessere Steuerung der Ampelanlagen, eine Bezuschussung von Schallschutzfenstern für die Anlieger, der Bau von Kreisverkehren in der Ortsmitte sowie Aus- und Weiterbau von Gemeinde- und Kreisstraßen nach Nordosten.

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