MZ-Serie
So schön frech traut sich sonst keine

Die Kabarettistin Monika Gruber litt als Teenager unter Magersucht. In ihrem Beruf fand sie schließlich zu sich selbst.

01.08.2017 | Stand 16.09.2023, 6:22 Uhr

Kabarettistin Monika Gruber hatte als Teenager Minderwertigkeitskomplexe, heute gilt sie als Paradebeispiel der selbstbewussten Frau. Foto: Tibor Bozi

Die Kabarettistin Monika Gruber gilt als das frechste Weibsbild in Bayern. „Krachert“ nennt sie sich selbst. Ihr Publikum liebt die deftigen Sprüche. „Scheiß da nix“, ist so eine ihrer Lebensweisheiten. Die „Gruberin“ sagt es gradheraus. „Mir krabbeln solche Dinge den Hals hoch, und wenn’s dann da ansteht, muss es einfach heraus.“ Dann filetiert sie Männer, Frauen, Veganer, Singles und auch mal Politiker. Alles, was ihr eben so unterkommt. Dabei vergisst sie nie, sich selbst in den Spott mit einzubeziehen. Doch die Oberbayerin hat auch eine ganz andere Seite. Eine leise, eine zweifelnde. Eine Seite, die sie in ihrer Jugend schwer krank gemacht hat.

Haferlschnitt und Dirndlg’wand

Geboren wurde die Kabarettistin 1971 in der Nähe von Erding. Aufgewachsen ist sie auf dem Bauernhof ihrer Eltern in Tittenkofen. Ein schüchternes Kind sei sie gewesen und ein greislicher Teenager, sagte sie einmal in einem Interview. Wer sie so sieht, mag das nicht glauben. Vermutlich war es auch nicht so, denn Monika Gruber litt in der Pubertät unter Minderwertigkeitskomplexen. „Es fiel mir schwer, mich so zu akzeptieren, wie ich war. Ich schielte immer auf die anderen, dachte, die sind so toll. Die anderen in der Schule hatten Benetton-Klamotten an, waren beim besseren Friseur, waren sportlich –und ich kam am ersten Schultag im Gymnasium mit dem Dirndlg’wand, Haferl-Haarschnitt und dicker Brille daher“, erzählte sie vor einigen Jahren der Zeitung „Die Welt“. Es sei wohl der Moment gewesen, in dem es in ihrem Kopf losgegangen sei. Monika Gruber, groß, schlank und unglücklich, fing an, sich über Essensmengen zu definieren. Wie auch andere Mädchen in ihrer Clique.

Sie aß keinen Kuchen, dann kein Fleisch mehr, verzichtete auf Süßigkeiten und irgendwann auf Brot. Ein paar Salatblätter mariniert mit Zitronensaft und hin und wieder ein Apfel, so schauten ihre täglichen Mahlzeiten aus. Als sie noch 45 Kilo bei einer Größe von 1,75 Metern wog, brachten sie ihre verzweifelten Eltern zum Frauenarzt. Der sagte deutlich: „Sie sind dabei, Ihr Leben zu ruinieren. Sie können unfruchtbar werden und sogar sterben. Wenn ich Sie so anschaue, dann dauert das vielleicht gar nicht mehr so lang.“ Worte, die wehtaten, letztlich aber auch halfen, sagte die Künstlerin später. Nach drei Jahren sei es ihr gelungen, den Weg aus der Magersucht zu finden. Ihre persönliche Geschichte erzählt die Kabarettistin auch, um junge Mädchen vor der tückischen Krankheit zu warnen.

Wie aber wurde nun aus dem schüchternen, selbstkritischen Teenager die selbstbewusste, frotzelnde Kabarettisten. Das dauerte noch einige Jahre. „Es war nicht so, dass irgendwann einer gekommen ist und gesagt hat: ‚Mei Moni du bist super, du wirst bestimmt eine tolle Schauspielerin.“ So absolvierte Monika Gruber zunächst eine Ausbildung zur Fremdsprachensekretärin und arbeitete bei einer amerikanischen Computerfirma in München. Mit 27 Jahren wagte sie schließlich den Sprung ins Ungewisse und meldete sich auf der Schauspielschule Ruth-von-Zerboni in München an. Nebenbei probierte sie sich auf kleinen Kulturbühnen aus. Unter anderem war sie bis 2005 Mitglied der Iberl-Bühne in Solln.

Sie lernte, wie man ein Bühnenprogramm erarbeitet und verwandelte sich 2002 in die Kellnerin Monique, die alltägliche Geschichten auf die Spitze trieb. Da durften Frauen saufen und den Männern den Marsch blasen. Das Publikum war angesichts der g'schlamperten Ausdrucksweise amüsiert und irritiert. „Sie sind saufrech und wenn Sie nicht so gut aussehen würden, würd’ ich Ihnen das nicht verzeihen“, sagte einmal ein Zuschauer zur Gruberin. Auch das Fernsehen bemerkte sehr schnell, dass diese starke Frau, die sich in einer Männerdomäne behauptete und dazu noch gut aussah, ein Selbstläufer war. Kellnerin Monique wurde Teil der Comedy-Reihe „Kanal fatal“, wo die Gruber auch Günter Grünwald und Michael Altinger kennenlernte, mit denen sie später bei „Die Komiker“ zusammenarbeitete. Auch in der „Grünwald Freitagscomedy“ wurde sie festes Ensemblemitglied.

Regisseur Franz Xaver Bogner besetzte Monika Gruber in seinen Serien „Der Kaiser von Schexing“, „München 7“ und zuletzt in „Monis Grill“. Geschwätzige, aber zupackende Frauen, die sich nix gefallen lassen, das sind Figuren, die der Oberbayerin auf den Leib geschnitten sind. Als Frau des Bürgermeisters in dem Kino-Erfolg „Eine ganz heiße Nummer“ war sie das kongeniale Pendant zu Gisela Schneeberger. „Wir fahren nach Zwiesel und auf’m Rückweg zum Aldi“, flötete sie in den Tante-Emma-Laden, der kurz vor der Pleite stand. „Soll ma eich was mitbringa?“ Seit Juli ist sie in einem hochdeutsch besetzten Kinofilm zu sehen – als Mutter eines versandelten Teenagers ohne Manieren in „Das Pubertier“.

Riesige Nachfrage nach Tickets

Im Herbst will Monika Gruber, die bis heute in der Nähe ihrer Eltern und ihrer beiden Brüder lebt, mit einem neuen Programm auf die Bühne, weshalb ihr Management Interviewanfragen derzeit konsequent ablehnt. „Sie hat gerade so viel um die Ohren und muss schauen, dass sie ihre Texte endlich fertig bringt“. „Wahnsinn!“ wird es heißen und Wahnsinn ist auch, dass bereits sämtliche Termine, die im November und Dezember geplant sind, ausverkauft sind. Auch für die Vorstellung am 8. November im Aurelium in Lappersdorf gibt es keine Karten mehr.

Das unsichere Mädchen vom Bauernhof gehört heute zur ersten Liga der bayerischen Kabarettistenszene. Mit 46 Jahren kann sie diese Rolle auch annehmen. „Man muss als Frau in meinem Alter schließlich auch irgendwann einmal mit sich selbst Frieden schließen. Und das habe ich geschafft. Meistens jedenfalls.“

Lesen Sie hier weitere Teile aus unserer Serie „Kulturkantine“

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