Masche
Abzocke mit dem fliegenden Baby

Die Drückerkolonne der Björn-Steiger-Stiftung verunsichert in Cham Eltern mit der Mär vom Frühchen-Transport in Todesgefahr.

22.01.2015 | Stand 16.09.2023, 7:04 Uhr
Mit amtlich aussehenden Fahrzeugen und Dienstkleidung wirken die Drückerkolonnen der Björn-Steiger-Stiftung äußerst seriös. −Foto: Schiedermeier

Die beiden Herren im gemütlich beheizten Vorraum des Edeka-Supermarktes sind bestens geschult. In ihren rot-weißen Jacken mit der Aufschrift „Björn-Steiger-Stiftung – Leben retten“ und mit dem gleichfarbigen Dienstwagen auf dem Parkplatz in Nunsting wirken sie amtlich. Dazu kommt noch das Emblem, das aussieht, als ob zwei rote Kreuze irgendwie aneinandergeraten wären.

Mit dem Roten Kreuz sind die beiden Spendensammler auch wirklich aneinander geraten– dazu später. Die beiden Herren sprechen ganz gezielt Familien mit Kindern an und junge Frauen. Denen erzählen sie dann die Story vom Frühchen, das nur mit dem einzig wirklichen Babyrettungswagen „Felix“ überleben kann. Die beiden Herren sind ausgesucht freundlich und sprudeln reizüberflutend, während sie das Ganze mit Bildern aus ihrer amtlich weiß-roten Mappe unterlegen. Sie können aber auch anders. „Als ich sagte, dass ich kein Interesse habe, da hat der Mann zu mir gesagt: Sie werden schon noch Interesse bekommen, wenn niemand Ihr Frühchen transportieren will“, ärgert sich eine junge Frau nach dem Gespräch.

Der Echo-Reporter sitzt eine halbe Stunde nebenan im Café und bekommt die Masche hautnah mit. Dann naht – wie bestellt – der stellvertretende Leiter des Chamer Rettungsdienstes. Dominik Lommer hat selber Kinder und trägt einen Einkaufskorb. Er passt gut ins Beute-Schema und wird prompt angesprochen. Angebot zum Schnäppchenpreis: Der einzig wahre Frühchen-Transport für nur 120 Euro Spende pro Jahr. Das alles zweck- und ortsgebunden und deswegen nur jetzt und hier möglich. Ganz nebenbei tischt der Spenden-Jäger haarsträubende Behauptungen auf, aus denen Dominik Lommer gemeinsam mit dem Echo-Reporter später ein Gesprächsprotokoll gefertigt hat, in das Stellungnahmen des BRK eingeflossen sind (siehe Ausführungen im Kasten unten).

Der Besuch der Björn-Steiger-Drückerkolonnen ist nicht der erste im Landkreis Cham. Immer wieder in unregelmäßigen Abständen tauchen sie in Supermärkten auf.Bereits im August 2014 hatte das Bayerwald-Echodie Stiftung in Stuttgart mit dem Auftreten ihrer Drücker in Miltach konfrontiert.

Reflexartig hatte der Stiftungssprecher Thomas Pflanz damals sofort reagiert: „Das ist bestimmt ein Missverständnis!“ Die Zeitungen sind allerdings inzwischen voll von den Missverständnissen der Spendeneintreiber. So hatte ein Mitarbeiter sauer auf eine Ablehnung reagiert und eine Dame mit dem Spruch konfrontiert: „...dann wünsche ich Ihnen noch einen schönen Unfalltod..“ Sehr bedauerlich, so die Reaktion der Stiftung. Man versprach Besserung.

In Miltach hieß es dann plötzlich, dass der Babyrettungswagen in Deggendorf stationiert werden soll und beim normalen Transport Babys durch die Luft fliegen. Anna Eberchart, Pressesprecherin der Stiftung, bedauerte „die Reaktion auf unsere Spendenaktionen“. Aber auch hier müsse ein Missverständnis vorliegen. Die Mitarbeiterin habe allenfalls gesagt, dass der Kopf des Frühchens gegen die Wand des Inkubators rutschen könne. Natürlich wünsche man keine Falschinformationen durch die Mitarbeiter und werde die Reaktionen zum Anlass für verstärkte Kontrollen nehmen. Wie unser Gesprächs-Protokoll unten zeigt, ist da wohl was schiefgegangen. Wahrscheinlich liegt ein bedauerliches Missverständnis vor.