Gesellschaft
Brandl und Kick: So heißt Ostbayern

Müller führt die Top Ten der häufigsten Familiennamen in Deutschland an. Regional gibt es kleine, aber feine Unterschiede.

29.05.2017 | Stand 16.09.2023, 6:31 Uhr
Nina Schellkopf

Ein Klingelschild mit dem Namen „Brandl“ – dieser Name kommt in Deutschland, aber auch in Bayern häufig vor.Foto: dpa

Müller, Schmidt, Schneider... Das sind die Familiennamen, die in Deutschland am häufigsten vorkommen. Insgesamt sind in den Telefonbüchern der Telekom mehr als 800.000 Namen gelistet. Diese zu erfassen, zu erforschen, zu katalogisieren und nach ihrem regionalen Vorkommen zu kartieren, haben sich Wissenschaftler von der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur, der Universität Mainz und der TU Darmstadt zur Aufgabe gemacht.

Das Mammutprojekt„Digitales Familiennamenwörterbuch Deutschlands“ist auf 24 Jahre angelegt. Bislang sind schon mehr als 5000 Namen analysiert worden. Im vergangenen Sommer präsentierte Projektleiterin Rita Heuser dieListe der 50 häufigsten Nachnamen. Datengrundlage der Namensforscher sind die Telefonbücher Deutschlands von 2005. Warum so alt? „Damals hatte noch fast jeder Haushalt einen Festnetzanschluss“, erklärt Heuser. Mit den Telefonbüchern von heute sei eine solche Auswertung nicht mehr zu machen. Dass sich die Verteilung inzwischen verändert haben könnte, glauben die Wissenschaftler nicht: Namen sind beständig und haben sich seit dem Mittelalter kaum mehr verändert.

Bayern heißen ein bisschen anders

Huber, Loibl, Mayr... Das sind Familiennamen, die vor allem in Bayern verbreitet sind. „Es gibt einige lautliche Besonderheiten, an denen man Nachnamen aus Bayern erkennt“, sagt Heuser. Typisch sei etwa die Auslassung eines Vokals – zu sehen bei Mayr, Vogl oder auch Gmeiner und Gschwend. Außerdem seien Zusammensetzungen mit „-müller“ üblich, erläutert Heuser. Schließlich sei typisch, dass der „eu“ gesprochene Umlaut im Freistaat meist als „oi“ geschieben werde. Beispiele: Loibl, Stoiber, Kroiß.

„Es gibt einige lautliche Besonderheiten, an denen man Nachnamen aus Bayern erkennt.“Projektleiterin Rita Heuser

Ein zuverlässiges Ranking für den Freistaat können die Wissenschaftler nicht aufstellen. Derzeit werden die Daten aus den Telefonbüchern nur deutschlandweit ausgewertet. Hier kann jedoch derProfessor Hubert Klausmann von der Uni BayreuthAbhilfe schaffen. Nach einer ähnlichen Methode wie die Mainzer Forscher hat er die Familiennamen im Freistaat analysiert und in seinem„Atlas der Familiennamen von Bayern“gelistet. Müller, Schmidt, und Bauer sind demnach am weitesten verbreitet. Der Name „Huber“ – den auch die Mainzer Forscher ganz weit vorne sehen – spielt vor allem im südbayerischen Raum eine herausragende Rolle: Nicht weniger als 60 Prozent aller Träger dieses Namens wohnen in Bayern. Weitere „typisch bayerische“ Nachnamen sind Gruber, Mayr und Brunner. Klausmann und seine Studenten haben die Daten der Telefonanschlüsse zudem auf weitere regionale Besonderheiten untersucht – und sind fündig geworden.

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Besonderheiten in Ostbayern

Schraml, Brunner, Mühlbauer... Das sind einige der Namen, die für Ostbayern typisch sind. In den Randgebieten zu Tschechien, dem Oberpfälzer und dem Bayerischen Wald gibt es laut dem Bayreuther Professor auffällig viele Familiennamen mit einer klaren regionalen Umgrenzung. So sind beispielsweise die Seidls im Landkreis Cham besonders stark vertreten. Dem Namen Jobst begegnet man häufiger im Landkreis Schwandorf. Typisch ostbayerisch ist außerdem der Familienname Ertl, besonders viele von ihnen leben in der Gegend um Amberg und im Landkreis Regen.

Eine offizielle Liste, welche Familiennamen in der Oberpfalz am häufigsten vorkommen, gibt es nicht. Bei der Regierung der Oberpfalz werden solche Daten nicht erhoben. Die letzte „Studie über die Verbreitung von Familiennamen in den ländlichen Bezirken der Oberpfalz“ ist über 100 Jahre alt. Damals hat Ludwig Braun, geboren in Dietldorf im Landkreis Schwandorf, 6000 Familiennamen für die Gemeinden bis 1000 Einwohner festgehalten: Meier, Schmidt, Bauer, Müller und Huber sind demnach damals die in der Oberpfalz am häufigsten vorkommenden Nachnamen gewesen.

Auch die Forschergruppe Namen an der Universität Regensburg kann hier nicht weiterhelfen, erklärt Professorin Roswitha Fischer. Durch die extreme Zersplitterung in Gemeinden und Landkreise sei es in Deutschland aktuell gar nicht möglich, derartige Daten zentral zu erfassen. Demnach können nur die einzelnen Kommunen beziehungsweise deren Einwohnermeldeämter Auskunft geben.

Cham fällt aus dem Muster

Eine Nachfrage bei den größten Kommunen der Region ergibt schließlich ein sehr differentes Ergebnis: In der Stadt Regensburg ist der Name Müller – wie in der gesamtdeutschen Hitliste – Spitzenreiter, dicht gefolgt von Bauer und Schmid. In Weiden schafft es Müller nur auf den zweiten Platz: Hier gibt es mehr Personen mit dem Familiennamen Weiß, der übrigens nur noch in Amberg unter den TopTen auftaucht. Dort leben ansonsten mehr Schmidts als Müllers und Bauers. Huber, Wagner und Müller sind die häufigsten Namen in Kelheim. Die Stadt Cham fällt völlig aus dem Muster: Abgesehen von Fischer auf Platz zwei gibt es hier bei den zehn häufigsten Nachnamen keine weiteren Übereinstimmungen mit dem deutschlandweiten Ranking. Auf Platz eins landet der Name Bauer.

Für die Tatsache, dass die Hitliste der häufigsten Nachnamen sich in manchen Regionen deutlich unterscheidet, hat der Bayreuther Professor Klausmann eine einfache Erklärung: Je kleiner man den Radius fasst, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die häufigsten Familiennamen keine große Rolle mehr spielen und regional spezifische Familiennamen das Bild prägen.

„Kein Name ist langweilig“

Entstanden sind die Nachnamen irgendwann im späten Mittelalter. Da es immer mehr Menschen mit dem gleichen Vornamen gegeben hat, musste ein anderes Unterscheidungsmerkmal her, um beispielsweise Rechtsgeschäfte tätigen zu können. Durch das Aufkommen der Verwaltungen in den Städten des 13. Jahrhunderts wurden Familiennamen zu einer festen Einrichtung. Und: „Die regionalen Nachnamen haben sich seit dem Mittelalter kaum geändert“, sagt Germanistin Heuser von den Mainzer Namensforschern. „Ganz viele Namen sind noch da zu finden, wo sie entstanden sind.“ Ausnahmen seien lediglich systematische Wanderungen. Ursprünglich schlesische Namen seien etwa heute in ganz Deutschland zu finden.

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Die Namensforscher gehen von fünf Namensklassen aus: Die Namen, die sich aus einer althergebrachten Berufsbezeichnung ableiten, kommen am häufigsten vor. Viele Namen wurden auch aus Vornamen generiert. Namen wir Gruber, Brunner oder Amberger gehen auf den Wohnort oder die Herkunft der Vorfahren zurück. Andere Familiennamen verweisen auf Charaktermerkmale oder Körpereigenschaften, sowie Krauss, Lang oder Weiß.

„Kein Name ist langweilig“, sagt Heuser. Sie sind vielmehr wichtig für die Identität vieler Menschen – und sie erlauben einen Blick in die Vergangenheit und über Kultur, Geschichte und Alltagsleben der Menschen im Mittelalter. (mit Material von dpa)

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