Wirtschaft
Er ist der Schreibmaschinen-Guru

Uwe Dinges hat der Fuhrmannstraße in Cham ein Denkmal gesetzt. Sein Bürowarenladen feiert dieses Jahr den 40. Geburtstag.

18.12.2017 | Stand 16.09.2023, 6:16 Uhr
Michael Gruber

Er ist ein Selfmademan der ersten Stunde: Im Jahr 1977 erwarb der gebürtige Hesse Uwe Dinges das Gebäude in der Fuhrmannstraße 16. Seit 40 Jahren vertreibt der 76-jährige Unternehmer dort Büroartikel aller Art. Foto: Gruber

Es ist eine Zeitreise in das Jahr 1901: Die Welt ist noch ein Funkloch, der PC eine ferne Utopie und vom I-Phone wagen nicht einmal die kühnsten Ingenieure zu träumen. Entsprechend staubig ist die schwarze Mignon im Schaufenster der Fuhrmannstraße, als Uwe Dinges sein Juwel vom Regal hievt. Kein Touchscreen, keine Emojis: Der Weg dahin führte über diese Nähmaschine für gedruckte Sätze.

Und so sitzt Uwe Dinges heute noch mit 76 Jahren auf seinem Bürostuhl, zwischen Druckern, Tonern, Kugelschreibern und seinem Meisterbrief, der von der Geschichte eines Selfmade-Mans aus Hessen erzählt, die noch lange nicht zu Ende ist.

Deko macht Urlauber neugierig

Genau 40 Jahre ist es her, als der junge Büromaschinenmechaniker sein Geschäft in der Fuhrmannstraße bezog, das schon viele Nachbarn hat kommen und gehen sehen. Durch das Fenster blickt Dinges heute auf den Phone-Gigant, ein Reparaturservice für defekte I-Phones, Tablets und MacBooks – beim Dinges stehen noch die Adlers, Olympias und Mignons im Schaufenster Spalier. Warum das so ist? Weil es bei einem Urgestein wie ihm, der seinen Kundenkreis seit Jahrzehnten pflegt und der das Geschäftsgebäude längst sein Eigen nennt, vielmehr heißen muss: Warum denn nicht?

Besonders die ältere Generation nehme seinen Reparaturdienst noch in Anspruch. Für Rechnungen, Etiketten oder Notizen benutzt Dinges selbst noch lieber die guten alten Schreibmaschine-Tasten. Ein Sound, der den gelernten Büromaschinenmechaniker zeit seines Lebens begleitet hat, würde man heute sagen.

„Wenn es um Bürobedarf geht, sind wir bis heute keine Kistenschieber.“Oliver Dinges

Geboren wurde der Unternehmer in Frankfurt am Main, als Sohn eines Testfahrers für Motorräder in den Adler-Werken. Dort begann Dinges Ende der Fünfziger seine Lehre, zog wenig später für renommierte Schreibmaschinen-Hersteller wie Olympia oder Remington durchs Land. Er stattete die Büros der US-Air-Base in Rammstein mit den damals modernsten Mitteln der Kommunikation aus, bis es den gebürtigen Hessen Mitte Zwanzig nach Cham verschlug.

Dort suchte der Unternehmer Hauck nach einem Nachfolger für sein Büromaschinengeschäft in der Schleinkoferstraße. „Das Ackern ging dann los“, wie er es nennt, und nach einem Umzug in die Räume des heutigen Tchibo-Ladens, schlug Dinges an der unteren Fuhrmannstraße zu.

Der Gebäudekomplex des Gasthauses Kress stand 1977 zum Verkauf. Die heutigen Rundbögen hat Dinges dort in Eigenregie verewigt: „Um sechs Uhr war oben Feierabend und dann ging es unten bis 11 Uhr auf der Baustelle weiter.“

Kein Mann fürs Rampenlicht

Inzwischen sind seine Bürowände voll mit Urkunden: Auf seine Meisterprüfung folgte das „Goldene M“, der goldene Meisterbrief, wenig später die Auszeichnung als 1A-Fachhändler. Besonders viel Wert auf das Rampenlicht legte Dinges aber nie – er winkt auch heute ab, wenn es um die Lorbeeren geht. 2006 hat er die Geschäftsführung an seinen Sohn Oliver abgegeben, mit ihm sitzt er bis heute am Schreibtisch „weil mir der Job einfach Spaß macht“, sagt Dinges.

Wie der Junior die Firmenphilosophie weiterschreibt? „Wenn es um Bürobedarf geht, sind wir bis heute keine Kistenschieber“, erklärt Oliver Dinges, „und das schätzen die Kunden.“ In Arztpraxen, Büros von Handwerkern und anderen mittelständischen Betrieben aus Cham und der Umgebung sei der Service der Büroausstatter besonders gefragt.

Sechs Mitarbeiter beschäftigt der Betrieb, die im Außendienst die Kundschaft von Büromöbeln bis hin zum Drucker versorgen. Inklusive Installation der Software und der Reparatur der Geräte, wenn die Technik streikt. Sorgen über die Konkurrenz aus dem Internet macht sich der Junior nicht: „Viele Einzelhändler jammern da, aber die Antwort kann jeder selbst in der Hand nehmen.“ Der persönliche Kontakt ist für ihn der Schlüssel zum Erfolg. Und so bleiben die Schreibmaschinen in der Fuhrmannstraße als Denkmal bestehen.

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