Sprache
Woher kommt der Begriff Handy?

In seiner Kolumne“Damisch-Denglisch“ geht Franz Aschenbrenner heute der Frage auf den Grund, warum die Amerikaner über unser Handy schelmisch lachen

03.03.2014 | Stand 16.09.2023, 7:21 Uhr
Franz Aschenbrenner

Griff zum „Handy“: Amerikaner verbinden damit heute ganz andere Assoziationen.

Vor einigen Tagen erschien im Bayerwald-Echo ein Artikel mit der Überschrift „Handy“. Er handelt von der derzeitigen Karikaturen-Ausstellung im Landratsamt: „Streifschüsse – Überflüssige Anglizismen“. Eines der Wörter, die „angeschossen“ werden, ist „Handy“. Hierzu schreibt der Verfasser des genannten Artikels: „Leider kann ich persönlich nichts Negatives am Wort „Handy“ erkennen. Ganz im Gegenteil. Die englische Sprache scheint für deutsche Zungen so einfach nachvollziehen zu sein, dass nach englischem Muster Worte geschaffen werden, die es im Englischen gar nicht gibt. Und das ist gut so.“

Nun: Das Wort „handy“ gibt es bekanntlich im Englischen. Die deutschen Entsprechungen hierfür sind: handlich, praktisch, nützlich.

Wir jedoch verwenden „handy“ in einer Bedeutung, die für englische Muttersprachler meist fremd ist. (Ein bei der britischen Botschaft in Berlin arbeitender Engländer sagte mir einmal: „Only educated English people know the German meaning of handy.“ – „Nur gebildete Engländer kennen die deutsche Bedeutung von „Handy“.)

Allerdings wird im Englischen „handy“ bei einem technisch Verwandten und Vorgänger unseres „Handys“, dem Mobilfunkgerät – englisch: „handie talkie“ – , verwendet (siehe Bilder). Entwickelt wurde dieses Ende der 30er Jahre in den USA.

Irgendein Deutscher – wer es genau war, ist bis jetzt nicht endgültig geklärt – hat nun vermutlich das erste Wort aus „handie talkie“ – das Eigenschaftswort „handy“ – zu einem Gegenstandswort gemacht und bei uns als Bezeichnung für das tragbare Funktelefon, das man so leicht in der Hand halten kann, eingeführt. Leider – hier ist dieser Seufzer berechtigt – kann die Verwendung des Wortes „Handy“ peinlich sein. Auf der Netz-Seite „http://www.gutefrage.net/frage\“ schrieb 2012 ein junger Deutscher: „Ich war vor einer Weile in Amerika, Schüleraustausch, es war recht nett, aber mir ist aufgefallen, dass Amerikaner immer lachen, wenn jemand „handy“ sagt. Angeblich bedeutet es im entfernten auch „onanieren“ bzw. „Hand anlegen“, meinte zumindest mein Lehrer mal…“

Was der Lehrer sagte, stimmt. Im amerikanischen „Slang“ wird mit „handy“ sowohl als Tätigkeits- als auch Gegenstandswort eine bestimmte sexuelle Spielart bezeichnet, so dass das Lachen der Amerikaner verständlich ist.

Für die Verwendung des Wortes „Handy“ bei uns ist dessen amerikanische Bedeutung meist ohne Belang. Wer hat denn schon einen Englisch-Lehrer genossen, der amerikanischen „Slang“ unterrichtet, oder kennt sich hierin aus einem sonstigen Grund aus?

Wir rümpfen daher zu Recht nicht unsere moralische Nase, wenn sich ein Telefonladen in Cham einen Namen gegeben hat, der (neben der Bezeichnung für eine bestimmte Art von Frauen) „Handy“ beinhaltet. (Ein amerikanischer Besucher von Cham könnte sich allerdings fragen: Wo bin ich hier gestrandet?) Wir Deutsche können uns glücklich preisen. Wir gehören sozusagen zu den „seligen Unwissenden“, die halt „nichts Negatives am Wort ’Handy‘ erkennen“. Die Kunde von „Handy“, das die Amerikaner meist „cellular phone“, „cell phone“ oder kurz „cell“ nennen, ist inzwischen sogar nach Amerika gelangt. Das Netz-Magazin „Wired“ erklärt im Jahr 2000 in seinem Slang-Verzeichnis: handy – slang for cell phone. Im Forum des amerikanischen „Business Magazin“ schlugen Leser vor, „handy“ als Wortalternative zu übernehmen. (Allerdings ergibt sich eben oben erwähntes Problem, zum Beispiel bei der Bitte: „May I use your handy?“)

Liebe Leserinnen und Leser, sollten Ihnen Bedenken – die bei uns aber, wie oben dargelegt, nicht angebracht sind – gegen den Gebrauch des Wortes „Handy“ kommen, könnten Sie auf eine Reihe von deutschen Bezeichnungen ausweichen (von denen sich jedoch bis jetzt keine allgemein durchgesetzt hat). Die meisten der vorgeschlagenen Bezeichnungen stammen aus den Einsendungen, welche die Gesellschaft für Deutsche Sprache, Mannheim, 1996 bei einem Wettbewerb „Solide Alternativen zum Begriff Handy“ erhielt.

Hier einige der deutschen Benennungen – - einige sind sicherlich nicht ernst gemeint: Funkfernsprecher, Funktelefon, Mobiltelefon, Taschentelefon, Gürteltelefon, Handtaschentelefon, Portofon, Anrufli, Foni, Mini, Mobi, Nervi, Rufli, Sacki, Schnelli, Tragi, Ohrli, Porti, Wo-bist-Du-Kiste, Schnöselfon, Potenzknochen.

Welcher Vorschlag gefällt Ihnen? Oder hätten Sie einen anderen?

Anmerkung: Wie sagt man in anderen Ländern?

Argentinien: mobicom; Bulgarien: GSM; Dänemark: mobiltelefon; England (UK): mobile phone, mobi, mobile; Finnland: matkapuhelin, kännykkä; Frankreich: portable, mobile; Griechenland; kinito; Italien: mobile, telefonino; Island: farsím; Japan: keitai, enwa, keitai; Makedonien: mobileu, mobilka; Norwegen: mobil; Polen: komórkowy, komórkay; Portugal: telemóvel; Russland: mobilnij/sotovij telefon, ortativnij telefon; Schweden: mobiltelefon, kurz „mobil“; Schweiz: Natel; Spanien:móvil; Swahili: simu ya; Ukraine: mobilka; Ungarn: mobil; USA: cellular phone, cell phone, cell.

(Quelle: Das Wort „Handy“, ww.u32.de/handy.html)