Karriere
Der harte Weg ins Profigeschäft

Korbinian Burger aus Cham will Profi werden. Er spielte schon beim FCB. Luxus ist ihm fremd. Sein Auto: ein alter Mercedes

21.08.2017 | Stand 16.09.2023, 6:31 Uhr

Schwitzen für den Profikader: Korbinian Burger aus Cham (2.v.r.) will sich einen Platz in der Lizenzmannschaft von Zweitligist Greuther Fürth erarbeiten. Foto: Kellermeier

Eine Szene an der Säbener Straße in München: Mario Götze will den Ball zu einem Mitspieler passen. Ohne Erfolg. Mit viel Schwung grätscht Korbinian Burger dem Weltmeister dazwischen und blockt den Pass ab. Der gebürtige Chamer hat den WM-Siegtorschützen ausgebremst. Ein Fotograf am Rand des Trainingsplatzes hat die Aktion mit der Kamera festgehalten. Götze postet das Foto kurz nach der Trainingseinheit auf seiner offiziellen Facebookseite. Das war 2016. Nachwuchsverteidiger Korbinian Burger, damals 21 Jahre alt, hat einen Screenshot davon gemacht.

Stolz zeigt er das Bild, das er auf seinem iPhone gespeichert hat. „Die Bayern-Profis haben gesagt, dass sie meine Freunde sind“, erinnert sich Burger. Bei Bayern wurde der Fußballamateur in der zweiten Mannschaft eingesetzt. Im Aufgebot der Profimannschaft stand er zweimal – unter anderem beim Freundschaftsspiel gegen den SSV Jahn Regensburg. Seit Juli hat er die Trikotfarbe gewechselt. Korbinian Burger ist jetzt ein Kleeblatt, steht bei der SpVgg Greuther Fürth unter Vertrag. Verpflichtet wurde der Defensivspezialist für die zweite Mannschaft – mit Perspektive auf den Profikader. „Durch gute Leistungen kann sich Korbinian natürlich auch für den Lizenzkader empfehlen“, sagt Janos Radoki, der Chefcoach der Fürther.

Höchstleistung auf Pfiff

Es ist heiß, Mitte August. Die Sonne steht fast senkrecht. Immer wieder sind die lauten Turbinen der Maschinen vom Nürnberger Flughafen zu hören. Der Airport ist knapp zehn Kilometer vom Fürther Trainingsgelände in der Kronacherstraße entfernt. Urlaubsgefühle kommen auf. Nur das Bild auf dem Trainingsplatz passt so gar nicht dazu. Die Profis der SpVgg Greuther Fürth schwitzen auf dem Kunstrasen. Athletik steht auf dem Programm.

„Korbi, hol sie dir“Mirko Dickhaut, Co-Trainer bei der SpVgg Greuther Fürth

Co-Trainer Mirko Dickhaut verteilt Sprintbänder. Die Profis bilden Zweier-Teams. Unter ihnen ist auch Korbinian Burger. Seit mehreren Wochen trainiert er ausschließlich mit der Lizenzmannschaft. Burger schnallt sich den Gurt um. Maximilian Wittek hält das Band. Die Profis stehen in einer Reihe. Ein Pfiff. Burger beißt die Zähne zusammen und sprintet los. Die Anstrengung ist ihm anzusehen. „Korbi, hol sie dir“, feuert ihn Co-Trainer Dickhaut an. Mit Erfolg: Burger überquert die Mittellinie als Zweiter. Die Übung wird mehrmals wiederholt. Verstecken muss sich „Korbi“ – so nennen sie ihn hier alle – nicht. In Sachen Geschwindigkeit hat er Profiniveau.

Burger fährt sich durch die Haare. Schweißperlen kullern über seine Stirn, als er zusammen mit dem Team zum Duschen geht. Wer meint, dass Fußballer nicht schufften, irrt. Vor der Trainingseinheit war die Mannschaft bereits im Kraftraum.

Das ist Alltag für den Chamer geworden. Mit 15 Jahren hat er sich bewusst für den Fußballzirkus entschieden. Es war vor einer Physikstunde, als Burger seinen Klassenkameraden vom Interesse des TSV 1860 München erzählt hat. In der Pause haben die Neuntklässler auf dem Hartplatz des Robert-Schuman-Gymnasiums in Cham noch zusammen gebolzt. Und jetzt soll der Korbi ein Löwe werden? „Das war schon ein Riesenschritt“, sagt Burger.

In unserem Video-Interview können Sie Korbinian Burger besser kennenlernen:

Der Gymnasiast räumte kurzerhand seinen Platz im Klassenzimmer und zog nach München. Kein Luxusappartement, kein Chaffeur. Burger wohnte im ersten Jahr in einem neun Quadratmeter großen Zimmer bei seiner Großtante. Die U-Bahn brachte ihn zum Trainingsplatz. Zeit für Heimweh hatte der Nachwuchsfußballer nie. „Wir hatten ja sechsmal Training die Woche. Und nebenbei bin ich auch noch zur Schule gegangen.“

Mit den Profis an der Säbener Straße gekickt

Den Absturz der Löwen hat er mitverfolgt. „Das war schon ein heftiger Abstieg und sicher nicht zu erwarten.“ Burger glaubt an den Neuanfang des TSV. Für ihn sind die 60er in der Regionalliga der Meisterfavorit.

Das ist die Mannschaft des FC Bayern wohl auch – nur drei Spielklassen höher. Burger kennt viele der Profis von der Säbener Straße. An seine erste Begegnung mit den großen Stars erinnert sich der Chamer genau. Arjen Robben kam total verschwitzt aus dem Kraftraum und grüßte den Nachwuchsspieler. „Das ist echt ein Vollprofi.“ Arrogant war keiner. Die Profis machen keinen Unterschied. Mitspieler ist Mitspieler – egal, welcher Kontostand. Burger ist die Erfahrung viel wert: „Man versucht das alles aufzusaugen.“ Abgeschaut hat er sich viel von Holger Badstuber. „Ich denke, dass ich eine ähnliche Spielweise habe wie er.“ Auch die Technik von Jerome Boateng und Mats Hummels hat Burger analysiert. Beide sind für ihn Weltklasse-Verteidiger. „Sergio Ramos ist aber aktuell der beste Innenverteidiger.“

Burger ist 100 000 Euro wert

Bei rund 40 Millionen Euro liegt laut dem Onlineportal transfermarkt.de der Marktwert des Spaniers. Korbinian Burger kann man für wesentlich weniger Geld verpflichten. Sein Marktwert wird mit 100 000 Euro beziffert. Während Burger einen alten Mercedes fährt, ist Ramos im Porsche und Audi unterwegs. Die Unterschiede im Fußballzirkus sind groß. Burger ist mit dem zufrieden, was er hat. In Fürth lebt er in einer 3-Zimmer-Wohnung. Ein Aufstieg im Vergleich zu seinen Anfängen bei den Löwen.

Jetzt will Burger seine Chance ergreifen und sich im Profikader der Fürther festbeißen. Seine Schwester Leonie hat ein ähnliches Ziel – nur im Musikbusiness. 2014 hat sie die RTL-Sendung „Rising Star“ gewonnen. In den großen Metropolen der Welt nimmt sie gerade Songs auf.

„Korbinian zeichnet aus, dass er sehr wissbegierig ist“Janos Radoki, Trainer der SpVgg Greuther Fürth

Korbinian Burger ist auf dem richtigen Weg: Mit seinen Leistungen hat sich der Bayerwaldler in den Fokus des Cheftrainers gespielt. „Korbinian zeichnet aus, dass er sehr wissbegierig ist, lernfähig und den Ehrgeiz hat, sich weiterzuentwickeln“, lobt Janos Radoki, der während seiner Profikarriere selbst als Verteidiger bei Greuther Fürth gespielt hat.

Der erste Profieinsatz im DFB-Pokal

Der Deutsch-Ungar vertraut dem 22-Jährigen. Beim Ligaauftakt gegen Darmstadt saß Burger auf der Bank. In der Hauptrunde des DFB-Pokals gegen den SV Morlautern hatte der Nachwuchsverteidiger seinen ersten Profieinsatz und spielte die 90 Minuten durch. „Davon bin ich nicht ausgegangen“, sagt Burger und ergänzt: „Im Fußball kann es schnell nach oben gehen – oder auch nach unten.“

„Ich sag’ dann gar nicht gern, dass ich Fußballer bin“Korbinian Burger

Der Erfolg in Fürth hat Korbinian Burger nicht verändert. Kontinuierlich arbeitet er an seiner Fitness, powert sich in jedem Training aus und bleibt selbst in der Diskothek diszipliniert. Alkohol und Berufsfußballer passen nicht zusammen. Und wie ist das, wenn Korbinian eine Frau im Club kennenlernt? „Ich sag’ dann gar nicht gern, dass ich Fußballer bin.“

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