Unternehmen
Die Geschichte vom Müllkutscher

Die Firma Müll Obermeier aus Cham wird 60 Jahre alt. Früher wurde diese Arbeit mit dem Pferdegespann erledigt.

14.10.2016 | Stand 16.09.2023, 6:43 Uhr
Alois Obermeier am Steuer des ersten Müllautos seiner Firma. Es war ein Mercedes mit 90 PS. 60 Jahre später sind acht Müllfahrzeuge unterwegs und 22 Mitarbeiter in der Firma beschäftigt. −Foto: Obermeier

Wenn heute jemand ein Auto als Müllkutsche bezeichnet, dann ist das eine boshafte Beleidigung. Paul Obermeier, der Senior-Chef des gleichnamigen Unternehmens in Cham-Janahof, kennt die Zeiten noch, als seine Eltern Alois und Franziska in ihrem Bauernhof anspannten und den Müll tatsächlich noch kutschierten. Das war damals nur ein kleines Zubrot für die Bauern.

Der erste Mercedes

1956 schaffte Alois Obermeier dann den ersten Müll-Mercedes an. Er hatte 90 PS und war schon 14 Jahre unterwegs, als schließlich die sogenannte „staubfreie Müllabfuhr“ eingeführt wurde, die einmal im Monat die runden Blecheimer abholte. Am Jahresende wurde dann kassiert, erinnert sich Paul Obermeier an das Geschäft seiner Eltern. Er hat es ausgebaut. Das war ein hartes Stück Arbeit. „Ich habe viele Schulden machen müssen und manche schlaflose Nacht verbracht“, erzählt er.

„Ich habe viele Schulden machen müssen und manche schlaflose Nacht verbracht.“Alois Obermeier

Oft ist er tagelang die Touren alleine gefahren, hat im tiefsten Winter die großen Container einzeln mit Kette und Seil bis zur Kippvorrichtung gezogen. „In Furth hatte ich einmal einen Getriebeschaden und bin mit vier von sechs Gängen eineinhalb Stunden heimgefahren. Dann habe ich das Auto bis 4 Uhr morgens zerlegt und wieder zusammengebaut. Um 5 Uhr ging es weiter.“

Es ist nicht leichter geworden

Obermeier gewann mit den Altlandkreisen Furth, Bad Kötzting und Roding drei Viertel des Landkreises, verlor aber den Abfuhrbezirk Cham direkt vor der Haustüre. „Wir mussten Autos kaufen und Personal suchen. Dafür hatten wir nur einige Wochen Zeit. Dann hatten wir schon völlig neue Abfuhrbezirke zu stemmen“, erinnert sich Thomas Obermeier.

Er erinnert sich auch noch gut an die Verzweiflung in den ersten Tagen, als 30 Zentimeter hohe Zettelberge an Beschwerden auf seinem Schreibtisch lagen. An einem Morgen schloss sich seine Frau eine Viertelstunde ein und weinte. Wenn man alle 14 Tage 11 000 Restmülltonnen und 9000 Biotonnen zu leeren hat, dann sind am Anfang 200 Beschwerden relativ wenig. Aber sie sind die Hölle.

„Da rufen Leute schon um 7.30 Uhr an und fragen, wo wir bleiben. Bei Glatteis hat mich eine Frau zusammengefaltet, weil wir nicht kamen. Da hab ich ihr gesagt, sie soll mal vor die Türe gehen. Antwort: Ich geh nicht raus. Da ist es glatt“, erzählt Barbara Obermeier. Die Geschichten über derartige Gemeinheiten würden Ordner füllen. Zumal der Chef lapidar feststellt, dass seit Aufkommen des Internets die Zahl der Bösartigkeiten rasant gestiegen ist.

Die Dame im Nachthemd

Es gibt aber auch die liebenswürdigen Geschichten. Von der alten Dame zum Beispiel, die die Müllwerker in Roding beim Kirta immer schon erwartete und ihnen dann Striezel und Kücherl brachte. Oder von der gut gebauten Dame, die ein Auge auf einen Müllwerker geworfen hatte und deshalb immer ihren Mülleimer um 5 Uhr direkt auf die Straße fuhr – im Nachthemd!

Für Thomas Obermeier steht fest, dass es weitergeht für seine Firma im Müllgeschäft. Aber zuerst wird am Samstag der 60. Geburtstag gefeiert. Mit vielen Ehrengästen, befreundeten Firmen und einer frisch gestrichenen Fassade.

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