Menschen
Dr. Moser verschenkt seinen Zirkus

Dr. Hans-Jürgen Moser hat ein ganzes Leben an einem Traum gebastelt. Jetzt sucht er jemanden, der diesen Traum bewahren will.

02.03.2016 | Stand 16.09.2023, 6:56 Uhr
Dr. Hans-Jürgen Moser in der Welt seines Traums: Den Circus Krone hat er selbst gebaut. Jetzt will er ihn abgeben – an einen Liebhaber. −Foto: ef

Zirkus zu verschenken! – Elefanten, Löwen, Zebras, ungezählte andere Exoten der Tierwelt, 300 Fahrzeuge und das große blaue Zelt. Überall steht „KRONE“ drauf. Mittendrin steht ein Mann im dicken Mantel, der das alles überragt – mannshoch. Oder genau gesagt im Verhältnis von 1:16.

Das ist die Welt des Chamer Arztes Dr. Hans-Jürgen Moser, wenn er sich einmal nicht in seiner Praxis am Steinmarkt um seine Patienten kümmert – oder als Stadtrat um die Zukunft seiner Heimatstadt, – oder als Vorsitzender des FC Chammünster um seine 850 Mitglieder, – oder er malt, wenn er nicht gerade 30 000 Steine in 80 Vitrinen seiner Mineraliensammlung ordnet!

Der Mann hat so viele Seiten. Das wissen die Chamer aus diversen Geschichten, die schon über ihn geschrieben sind. Auch diese: Hans-Jürgen hängt einem Traum nach – seit er als zehnjähriger Bub gerne die Zeitschrift „Rasselbande“ gelesen hat. Da war ein Artikel drin, wie man ein Zirkusmodell baut. Und seitdem hat er sich seine eigene Welt gebastelt – eine Manege, in der er „abschalten“ kann.

Der Bub aus dem Café Moser

Hans-Jürgen stammt aus dem Café Moser am Steinmarkt, wo er heute noch seine Praxis hat. Für seinen Traum war das deswegen von Bedeutung, weil er so ganz leicht an Bastelholz kam – Holzleisten, die seine Eltern eigentlich zum Ofen-Anheizen fürs Café vom Gebhardt geholt haben.

Drei Jahre später war daraus „ein kleiner Zirkus“ geworden mit 20 Wägen, und einem Zelt, zu dem als Plane ein Rock der Mutter herhalten musste. Und wenn ein echter Zirkus in die Stadt kam, dann ist der kleine Hans-Jürgen immer am Bahnhof gestanden und hat gefragt, ob er vielleicht ein Zebra durch die Stadt zum Zirkusplatz führen durfte, der damals meistens auf der Stadellohe oder später am Volksfestplatz war. Noch heute schwärmt Dr. Moser von einem Bild, das er leider in keinem Foto-Album hat: „Durch die Ludwigstraße sind 150 Elefanten gezogen.“ So geht das weiter, wenn dieser Mann erstmal ins Erzählen kommt von seinem großen Traum im Leben. Aber für den Buben hatte dann „erstmal die Schule Priorität“. 1969 ist er zum Medizin-Studium nach München gegangen. „Da war mein erster Weg zum Zirkus Krone an die Marsstraße.“ Seitdem lebt er ihn weiter, seinen Traum. Und er hat ihn zur Wirklichkeit gemacht – im Maßstab 1:16.

Drei Jahre ist es knapp her, da haben die Chamer den echten Cirkus Krone hier in der Stadt erlebt, draußen auf den Wiesen beim Segelflugplatz. Wenn‘s gut kommt, dann dürfen wir uns auf den Herbst 2017 freuen.Dann will der größte Zirkus Europas wieder nach Cham kommen.

Wie macht der Mann das nur?

Wie er das überhaupt alles auf eine Reihe bringt – als Arzt, Stadtrat, Vereinsvorsitzender undundund…? „Alles eine Frage der Planung“, sagt Dr. Moser. Sein Zeitmanagement geht so: „Von Montagfrüh bis Freitagabend gehöre ich ganz der Medizin.“ Da kommen ziemlich regelmäßig bis zu 70-Stunden-Arbeitswochen zusammen.

Und das Wochenende, das gehört seinen Träumen. Wir wissen ja jetzt, dass es nicht nur der von einem Leben in der Zirkus-Manege ist. Hier hinter dem Rolltor in der Halle beim Raab-Maler, da kann sich dieser Mann „entspannen von der Arbeit“ – „…einfach mal in den Sessel fallen lassen und ein Bild malen – in einer Stunde, einer Woche oder einem Monat“.

Gerade arbeitet er daran, die Inneneinrichtung des Krone-Zeltes zu perfektionieren. Wie macht man einen Klappstuhl im Verhältnis von 1:16, möglichst identisch mit dem Original? – Allein über so eine Frage kann Dr. Moser eine Viertelstunde lang erzählen. So viel dazu: Bei allem, was er schon selbst gesägt, geklebt oder genäht hat.

„Wohin mit dem ganzen Zeug?“

In diesem Fall wird er eine perfekte Konstruktionszeichnung machen. Und dann bekommen wahrscheinlich die Leute in der Justizvollzugsanstalt in Straubing ein bisschen Arbeit. Immerhin: Da geht‘s um 1000 Stühle. Und die Leute, die drauf sitzen? Dr. Moser hat sich kundig gemacht: Im Spielzeughandel würde eine Figur sechs Euro kosten. Das wären bei 1000 Zeltgästen 6000 Euro.

Also: Die Figuren wird er selber gießen. Hoppla! Jetzt hat sich dieser Mann schon wieder so in seinen Traum verplaudert, dass wir fast vergessen hätten, warum wir seine Geschichte jetzt hier erzählen: Dr. Hans-Jürgen Moser wird 70 in diesem Jahr. Da denkt auch ein Mann wie er über diese Frage nach: „Was werden meine Kinder nach meinem Ableben sagen? Wohin mit dem ganzen Zeug?“

„Was werden meine Kinder nach meinem Ableben sagen? Wohin mit dem ganzen Zeug?“Dr. Hans-Jürgen Moser

Dr. Moser will auch diese Sache noch selber regeln. Deshalb sucht er jetzt jemanden, der ihm den Zirkus Krone abnimmt. „Wenn‘s ein Privatmann ist, der seine Freude dran hat“, dann gibt‘s das alles kostenlos, was jetzt in der Raab-Halle steht.

Von einem Profi, der für eine Ausstellung Eintritt verlangen würde, wollte Dr. Moser auch einen kleinen Obolus nehmen. Am liebsten aber wäre es ihm, wenn sein Zirkus ihm doch ganz nahe bleiben könnte: „Vielleicht findet sich ja jemand, der hier bei uns ein Zirkusmuseum aufmachen möchte.“