Leben
Er überlebte dank einer Zufallsbegegnung

Mitten auf dem Atlantik treffen sich zufällig zwei Schwesterschiffe, zwei Seemänner tauschen die Posten – nur einer überlebt.

13.04.2017 | Stand 16.09.2023, 6:37 Uhr

Das Beweisbild: Um 1957 begegneten sich die Schwesterschiffe Pamir und Passat. Fotos: J. Braun

Unendliche Weiten – was einst Captain Kirk sah, wenn er in der Enterprise aus dem Fenster schaute, hat Josef Braun in den 50er Jahren auf der Pamir auch gesehen, wenn er aus dem Bullauge blickte. Unendlich viel Wasser, tausende Kilometer nichts als Wasser, wochenlang kein Land, kein Schiff in Sicht. Nur einmal, eben an diesem speziellen Tag, tauchten am Horizont Segel auf, als der stolze Viermaster unterwegs war Richtung Amerika. Mit an Bord der gebürtige Waldmünchener Josef Braun als 1. Offizier.

Was da von der anderen Seite näher kam, war so unglaublich, dass vielen der Begriff Seemannsgarn dazu einfällt. Doch es war das 1911 gebaute Schwesterschiff, die Passat, die ihnen unter vollen Segeln entgegen schipperte. Margarete Braun, die die Geschichte heute erzählt, hat sogar einen Beweis auf dem Tisch: ein Foto der Zufallsbegegnung, das ihr Schwager selbst geschossen hat. Mitten auf dem Atlantik trafen die beiden Schiffe aufeinander, so die 92-jährige Windischbergerdorferin.

Es wurde eine schicksalhafte Begegnung für Josef Braun, der am 11. Februar 1932 als fünftes von sechs Kindern in Unterhütte geboren wurde. Der Vater war Holzhauer im Staatswald, die Mutter kümmerte sich um den Haushalt und die zwei Kühe im Stall. In der Einöde war vor allem der Winter beschwerlich – nur dank der vom Vater gebastelten Bretter konnten Josef und seine Geschwister durch den Schnee zur Schule kommen.

Nach der Volksschule wechselte er nach Cham an die Oberschule – musste aber nach der sechsten Klasse passen, weil das Geld für mehr fehlte. Zudem trieb es ihn in die Ferne. Erst habe er mit dem Fahrrad nach Hamburg radeln wollen, sagt Margarete Braun – doch ihr Mann Ernst, der ältere Bruder von Josef, lieh ihm Geld für den Zug nach Norden. In Hamburg heuerte er in der Seemannsschule an und fuhr mit Küstenschiffen zwischen Hamburg und Skandinavien hin und her.

Von der Pamir zur Passat

Josef Braun willigte ein – ihm sei es egal gewesen, auf welchem der Schiffe der Reederei er segelt. Egal war es jedoch nicht – wie sich wenig später herausstellte. Denn am 21. September 1957 sank die Pamir in einem Hurrikan – und mit ihr der Freund sowie weitere 79 Seeleute.

Meist junge Kadetten kamen ums Leben, denn die Pamir war in der Nachkriegszeit wie die Passat zum Segelschulschiff für die Handelsflotte geworden – ein Ausbildungsboot. Hätte Josef Braun damals nicht gewechselt, hätte es ihn erwischt. Das Unglück der Pamir schlug damals weltweit hohe Wellen, es gibt sogar Bücher über den Untergang. Umstritten ist bis heute die Ursache.

Forelle ist ein Muss

Mittlerweile nennt sich Josef Braun mit Vornamen Joe und kommt noch immer mit seinen jetzt 85 Jahren mehrfach im Jahr nach Deutschland – begleitet von Sohn und Enkeltöchtern. „Dann wohnen sie im Elternhaus in Unterhütte“, erzählt Margarete Braun. Und der Kaitersberg und Voithenberg sei dann ein wichtiges Ziel. Wie auch die Forellenzucht am Steinbruchsee – denn nicht Leberkäs oder Weißwurst vermisse Joe am meisten, sondern vor allem Süßwasserfisch, sagt Margarete Braun. Den gebe es dort, wo er wohne, nicht.

Lesen Sie hier die Erinnerungen von Margarete Braun an die Zeit, in der ihr Vater noch rund 80 Schüler in einer Klasse unterrichten musste.

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