Neubau
Matthias Altmann war kurz irritiert

Im Juli hat der Chamer Bauher sein Geschäftshaus Brunnenhof eröffnet. Er ist ein Macher. Auch Fluten bremsen ihn nicht.

31.12.2016 | Stand 16.09.2023, 6:32 Uhr
Matthias Altmann hat den Brunnenhof in Cham selbst geplant und gebaut und ist zweimal damit untergegangen – mit Haltung. −Foto: Schiedermeier

Ich war irritiert. Da sitzt dieser Matthias Altmann locker in Jeans und Pulli auf dem Drehstuhl in der Redaktion und sagt tatsächlich: Ich war irritiert! Spätestens jetzt ist klar, dass die Wahl für den Monat Juli im Jahresrückblick goldrichtig war. Der Typ ist cool. Er umschreibt mit diesem einfachen Satz den Moment, als er im Treppenhaus seines neu hingestellten Millionenbaus in Cham am 29. November um 6.30 Uhr feststellte, dass er untergehen würde. „Das Wasser lief aus allen Ritzen und wie ein Wasserfall über die Treppe. Ich hab den Haupthahn abgedreht und es passierte – nichts!“ Fast vier Stunden lang triefte es aus den Wänden und den Böden des Baus, dem neuen Stolz der Chamer Innenstadt, derseit Juni vierstöckig in Brunnendorf in den Himmel ragt.

150 Betonpfähle und 150 000 Euro Schaden später

„Ein Selbstläufer war es nicht“, sagt Altmann. Der Typ macht einen fertig. Deswegen erzählen wir die Geschichte des Brunnenhof-Baus hier ganz von vorne. Es begann damit, dass ihn keiner bauen konnte. Jahrelang nicht. Niemand hatte die Grundstücke oder die Pläne, die die Stadt sich vorstellte. Altmann kam, kaufte innerhalb von 14 Tagen das Filetstück, präsentierte sein Konzept und bekam den Zuschlag. So weit so einfach.

„Es war kein Selbstläufer“Matthias Altmann

Dann begann das, was Altmann umschreibt mit „Es war kein Selbstläufer“. Er musste die1100 Quadratmeter Fundament auf 150 sechzig Zentimeter dicke Betonpfählestellen. Jeder rund zehn Meter tief im Boden. Das Gelände war vorher Flusslauf des Regens und von den Chamern nach dem Krieg aufgefüllt worden. Deswegen stand auch das Bombenkommando daneben und beobachtete jede Baggerschaufel Erdreich. Mit dem Schutt wurden nach dem Krieg nämlich auch Bomben neu verbuddelt.

Als Altmann schon gedacht hatte, über den Berg zu sein, geschah es das erste Mal. Die Freude über die Eröffnung des großen Biomarktes im Erdgeschoss währte gerade mal einen Tag. Dann ging er unter. Wasserschaden. Eine Muffe in der Hauptleitung war nicht verpresst und es lief, wie sich später herausstellte, bereits etwa drei Wochen das Wasser in den Boden. Dann wurde die Wand nass und Altmann bemerkte den Schaden. „Alle wollten den Markt wieder schließen und den Schaden beheben. Ich wollte das nicht“, sagt er. Er setzte Zwischenmauern und riss unbemerkt von den Kunden die Wände dahinter wieder weg. Nachts und an den Wochenenden arbeiteten Gebläse, Sauger und Spezialfirmen. 150 000 Euro Schaden später lief der Laden wieder, als wäre nichts gewesen.

Der Hund hat’s gewusst

Routine und die Mieter zogen ein. Und dann kam die Nacht zum 29. November. Altmanns Golden Retriever Sheriff kam um 2 Uhr mehrmals ans Bett und stand vor seinem Herrchen. „Er hat nicht gewinselt. Also musste er nicht raus. Ich hab ihn ins Körbchen geschickt“, erinnert sich Altmann.

„Ich war irritiert.“Matthias Altmann

Fehler! Der Hund hatte mit dem Ohr am Boden das verdächtige Plätschern gehört, das sonst niemand hören konnte. Am nächsten Morgen rief ein Elektriker um 6.30 Uhr den Bauingenieur an, der schon im Büro war. „Komm schnell, hier stimmt was nicht!“ Als Altmann kam, ging gerade sein Bau unter. Der erste, den er als sein eigener Bauherr entworfen, geplant, errichtet und vermietet hatte. Die Zuleitung zum Sterilisator für das Ärztebesteck der Klinik im 1. Stock war geplatzt. Die Treppe war ein Wasserfall. „Ich war irritiert“, sagt Altmann. Dann entsann er sich seiner Erfahrungen aus dem ersten Untergang und schafft innerhalb von drei Stunden alle nötigen Firmen ins Haus: „Da ist keine Zeit für Trauer. Da ist ein Problem und du musst das lösen. Daran bin ich wirklich gewachsen.“

Tags darauf sind schon die nassen Wände entfernt, die am 19. Dezember wieder eingebaut werden. Die Commerzbank im Untergeschoss kann dank des schnellen Eingreifens an den Wochenenden trockengelegt werden. Mitte Januar kann die Klinik wieder arbeiten, sagt Altmann. Und er sagt auch: „Ich würde den Brunnenhof immer wieder bauen.“

Da ist der Reporter kurz irritiert.

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