MZ-Serie
„A frische Sulz is wos richtig Guads“

Wichtig ist bei der beliebten Sommer- und Biergarten-Speise vor allem die richtige Konsistenz des „Zidderers“.

19.06.2016 | Stand 16.09.2023, 6:42 Uhr
Isabell Dachs

Eine frische Sulz, im extra dafür hergestellten Sulzteller, die übrigens noch aus dem Rabl-Wirtshaus sind. Foto: Isabell Dachs

Sommerzeit ist Biergartenzeit, wenn auch das derzeit unbeständige Wetter nicht immer einen Besuch desselben zulässt. Neben Wurstsalat, frischem Radi und Obatzdn ist die bayerische Tellersulz eine wahre Delikatesse an heißen Sommertagen. Die Meinungen gehen aber deutlich auseinander, was denn eine richtig gute Sulz ausmacht. Und das beginnt schon bei der Konsistenz des „Zidderers“, wie die gelierte und durchsichtige Masse genannt wird, die die Fleischteile umschließt.

Eine Sulz darf niemals alt werden

Einige Sulzenliebhaber möchten ihr gar nicht die Zeit lassen, vollständig zu gelieren. Das weiß auch meine Mutter, Christa Rabl-Dachs, zu berichten, die im Rabl-Wirtshaus in Bad Kötzting aufgewachsen ist. „Marl (Maria), san d’Suizn scho gstana?“ kam oft die Frage nach der Konsistenz der beliebten Brotzeit auf. Wurde die Frage von meiner Oma verneint, folgte umgehend die Aufforderung: „Dann derfst ma oane bringa!“

Der wahre Kenner schätzt eine frische Sulz, sie darf niemals alt werden. Sulzenliebhaber werden darum niemals Sülze mit Verfallsdatum kaufen, wie sie heutzutage in den Kühlregalen von Supermärkten angeboten werden. Es lohnt sich wirklich, die Sulzen selbst zu machen. Vielleicht klappt das Abschmecken nicht sofort beim ersten Mal, aber Übung macht bekanntlich den Meister. Eine frische Sulz schmeckt auch deshalb so gut, weil sie aus guten Grundmaterialien frisch zubereitet wird. Wer denkt, dass hier Reste verarbeitet werden, der irrt. Eine Sulz richtig abzuschmecken, ist eine Kunst für sich, hat doch jeder andere geschmackliche Vorlieben.

Eigene, flache Teller

Wer selbst schon einmal so ein Sommeressen für die heißen Tage hergestellt hat, der weiß, dass beim Abschmecken die Flüssigkeit richtig essigsauer sein muss, sonst bleibt das Endprodukt fad im Geschmack, denn beim Erkalten lässt der Geschmack nach. „Sie muss beim Abschmecken so sauer sein, dass es dir den Mund zusammenzieht, dann passt’s“, erläutert meine Mutter. Und sie muss es wissen, wurden doch in Sommerszeiten „beim Rawe“ etwa 40 Sulzen jeden zweiten Tag hergestellt. Ihre Aufgabe war es unter anderem, den Stapel gefüllter Teller in den kühlen Keller zu bugsieren, was angesichts der noch flüssigen Konsistenz nicht immer einfach war. Für die Sulzen gab es übrigens eigene flache Teller, die auch in gefülltem Zustand mittels kleiner Holzbrettchen leicht gestapelt werden konnten und so weniger Platz in Anspruch nahmen.

Mit wenig Salz und viel Pfeffer

Trotz bester Zubereitung ist es klar, dass eine Sulz fast immer nachgewürzt wird, mit wenig Salz und viel Pfeffer, der bei uns auch oft noch als „Coprater-Howan“ (Kooperator-Hafer) bezeichnet wird. „A Gelatine wenn drin ist, dann mog i koa Sulz“, tönen manche Feinschmecker und verzehren dennoch mit Genuss die klare Speise, deren Fleischscheiben alleine keineswegs zur „Standfestigkeit des Zidderers“ gereicht hätten. Um ihn gelingen zu lassen, müssen Schwarten und Knochen mitgekocht werden, sonst geliert er nicht von selbst. Aus reinem Schweinefleisch – vom Kamm zum Beispiel – kann eine solche Sommerspeise nur gemacht werden, wenn Sülzepulver oder Gelatine zugegeben werden, die das flüssige Material in der Kühlung „stehen lassen“. Natürliche Geliermasse beinhaltet hingegen die „Knöcherlsulz“, in Altbayern auch als „Boinersulz“ bekannt. Sie gilt bei Kennern als die Königin unter den Tellersülzen.

Viele garnieren ihre Sulzen mit Eierscheiben, Petersilie, Essiggurken und mitunter sogar mit Streifen von roten Paprikaschoten. Das ist zwar etwas fürs Auge, ist aber nach Meinung echter Sulzexperten nicht notwendig, es stört eher den Genuss. Ein gutes Bauernbrot hingegen kann den Sulzgenuss noch aufwerten. Zähe Brezen, die schon einige Stunden überlebt haben, oder gar Toast zur bayerischen Tellersulz, das wäre wahrlich geschmacklos.

Die vegetarische Variante

Geschmacklos werden Sulzenliebhaber auch die vegetarische Variante finden. Es sei aber trotzdem erwähnt, dass Gemüse in Aspik eine absolute Alternative für Fleischverweigerer an heißen Sommertagen ist. Natürlich dürfen sie dann auch keine herkömmliche Gelatine verwenden, sondern sollten auf Ersatzprodukte, wie etwa Agar-Agar zurückgreifen. Ansonsten wird das Gemüse nur bissfest gekocht, abgeseit und dann mit einem nach Geschmack gewürztem, gelierendem Sud übergossen.

Eine bayerische Tellersulz wird traditionell mit Schweinefleisch und den unteren Teilen der Schweinshaxe, dem Schweinsfuß, gemacht. Die Fleischteile werden gesäubert und gewaschen, zwei Minuten blanchiert, abgegossen und kalt überbraust. Alle Zutaten für den Sud in einen Suppentopf füllen, die Fleischteile einlegen, zum Kochen bringen und zwischendurch abschäumen. Je nach Größe der Fleischteile das Ganze etwa zwei bis drei Stunden zugedeckt köcheln lassen. Die Fleischteile dann herausnehmen und den Sud durch ein Sieb gießen. Dieser wird säuerlich pikant abgeschmeckt und dann zum Erkalten abgestellt. Nach dem Erkalten setzt sich oben eine Fettschicht ab, die entfernt werden sollte, sonst bekommt auch die Sulz nachher Fettaugen. Vor der Verwendung muss der Sud wieder erwärmt werden. Das Fleisch wird in dünne Scheiben geschnitten und in kalt ausgespülte Teller verteilt.

Wer möchte, kann auch mit Eierscheiben, Essiggurken oder Petersilie garnieren. Dann wird vorsichtig die warme Sulzenbrühe darübergegossen, so dass alle Teile im Teller vollkommen bedeckt sind. Was an der Oberfläche übersteht, wird schnell unansehnlich. Das Ganze dann kaltstellen und erstarren lassen.

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