Geschichte
Wer war der Räuber Heigl wirklich?

Der Robin Hood des Bayerwaldes soll vor 200 Jahren geboren sein. Doch das ist ebenso unklar, wie vielen seine Geschichte.

27.08.2016 | Stand 16.09.2023, 6:39 Uhr

Der Räuber Heigl, wie ihn der Kötztinger Maler August Philipp Henneberger sah. Zeitgenössische Bilder gibt es nicht, nur eine Beschreibung seines Körpers nach der Obduktion.

Der Räuber als Wohltäter, der den Reichen nahm und den Armen gab. Eine Geschichte, wie sie sich in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder in den Erzählungen vieler Nationen findet. Der bekannteste unter ihnen ist sicher der verarmte Adlige Robin Hood im England des Mittelalters – der allerdings wohl nie gelebt hat. Die Existenz seines Bayerwald-Gegenstückes, des Räubers Michael Heigl, kann hingegen schon nachgewiesen werden. Jedes Kind kennt ihn, und jeder Urlauber, der auf den Kaitersberg geht, bekommt die Geschichte des Robin Hood vom Bayerwald an der praktischerweise ausgeschilderten Höhle erzählt. Die Tafel will auch wissen, dass er im August 1816 geboren wurde, also vor genau 200 Jahren.In der Gemeinde Hohenwarth wird darum an diesem Wochenende sogar ein großes Fest gefeiert.

Auf dieses Jubiläum hin befragt, winkt Heimatforscher Clemens Pongratz aber gleich ab. „Heigls Geburtseintrag findet sich nicht in den Kirchenbüchern – leider. Ich frage mich immer, woher das Datum stammt.“

Eltern waren Tagelöhner

Warum das so ist, darauf hat Pongratz allerdings eine Antwort. „Für uns ist er heute eine große Person“, sagt er, „aber damals war er einfach nur einer von vielen.“ Darum gebe es im Staatsarchiv in Landshut zwar viele Akten über seine Verbrechen, darin ist aber nicht gerade viel über ihn selbst herauszufinden. Die meisten Unterlagen seien standardmäßig nach einer gewissen Zeit vernichtet worden, wie in anderen Kriminalfällen auch üblich.

Geboren wurde Michael Heigl wohl durchaus im Jahre 1816, „aber mit ziemlicher Sicherheit nicht in Kötzting“. Clemens Pongratz verweist auf die Aufzeichnungen der Kirche, die in den Jahren zuvor und auch danach Geburten von Kindern der Eheleute Wolfgang Heigl und Anna Heigl, geborene Rupprecht aus Grafenwiesen, ausweisen, nicht aber im Jahr 1816. Das könnte allerdings daran liegen, dass sich die Eltern als Tagelöhner verdingten und die Geburt des berühmten Michael Heigl so auch woanders hätte sein können. Aufgewachsen ist er jedenfalls in Beckendorf, später wohnte er in Arndorf. Rund um sein 20. Lebensjahr sind auch Geburten unehelicher Kinder von ihm im Kirchenmatrikel verzeichnet. „Ob er das war, lässt sich natürlich nicht mit Sicherheit sagen“, erklärt Pongratz, doch es sei sehr wahrscheinlich.

Er narrte die Polizei

Eine Tatsache ist es aber wiederum, dass er die Gendarmerie – respektive deren Ansehen – auf die Dauer in arge Bedrängnis brachte. Es wurde sogar ein Fall aktenkundig, in dem Polizisten einen Mann verprügelten, von dem sie vermuteten, er habe die Geschichte ihrer glücklosen Verfolgung in Straubing herumerzählt. Es war die Tatsache, dass er die Obrigkeit vorführte, die ihn damals in der Bevölkerung populär machte, nicht seine Wohltätigkeit, ist sich Pongratz sicher.

Dass er schließlich doch gefasst wurde, dafür war ein Trick des Landrichters (heute in etwa Landrat) Carl von Paur verantwortlich. Er richtete in Hohenwarth eine Polizeistation ein und ließ die umliegenden Gemeindebürger dafür zahlen. „Er ging ihnen an den Geldbeutel“, sagt Clemens Pongratz, und das wirkte. Im Juni 1853 wird der Räuber samt Geliebter bei Simpering, heute Ortsteil von Hohenwarth, gesehen und sein Versteck am Kaitersberg eingekreist. Als er sich zur Wehr setzen will, trifft er einen seiner Verfolger mit einem Streifschuss am Kopf, kurz bevor er überwältigt wird. Dieser Schuss wird ihm als Mordversuch ausgelegt und führt vor Gericht, wo ihm nicht besonders viele Taten nachgewiesen werden können, zur Todesstrafe.

Woher der Geburtsmonat August?

Nach einem Gnadengesuch wird das Urteil in eine lebenslange Haftstrafe im Arbeitshaus in Au bei München abgemildert und Michael Heigl steigt sogar zum Aufpasser über Mitgefangene auf. Die Freiheit hat er nie wieder erlangt: Er wurde vier Jahre später von einem Mitgefangenen im Streit mit dessen Eisenkugel erschlagen, die der an der Fußfessel trug.

Ein Geheimnis um den August als Geburtsmonat des Räubers Heigl konnte Clemens Pongratz zwischenzeitlich übrigens klären. Der stammt vom Heimatforscher-Kollegen Ludwig Baumann, wie er auf Nachfrage erfuhr. Anhand der belegten Geburtstermine der Geschwister geht der davon aus, dass dieser Monat als wahrscheinlich gelten kann. Noch größer sind die Vermutungen, die über sein Aussehen angestellt werden müssen. Denn eine zeitgenössische Abbildung des Räubers gibt es nicht. Die einzige Beschreibung enthält der Obduktions-Bericht nach seiner Ermordung im Gefängnis. Da war er 43 Jahre alt – wahrscheinlich ...

Hier lesen Sie weitere Meldungen aus dem Landkreis Cham.

Aktuelle Nachrichten von mittelbayerische.de auch über WhatsApp. Hier anmelden:http://www.mittelbayerische.de/whatsapp