Katastrophe
Das Hochwasser und die Hilflosigkeit

Warum eine moderne Firma nur gebrauchte Maschinen kaufen kann. Ein Neukirchner Schreinermeister berichtet von seinem Ärger.

02.01.2017 | Stand 16.09.2023, 6:31 Uhr
Alois Dachs
Schreinermeister Reinhold Breu säubert eine CNC-gesteuerte Maschine in seiner Glaserei. Bis zur Höhe seiner Schultern reichte an der rückwärtigen Wand das Hochwasser am 25. Juni 2016. −Foto: Dachs rivat

„Wer hat schon das Glück, dass er alle fünf Jahre neue Maschinen kaufen darf?“ – Purer Sarkasmus spricht aus dem Mund von Schreinermeister Reinhold Breu. Der Handwerksmeister hat seinen Betrieb auf einer Gesamtfläche von 3500 Quadratmetern unmittelbar am Ufer des Freybachs in Neukirchen b. Hl. Blut – und das ist wahrlich alles andere als ein Standortvorteil!

Am 25. Juni 2016 hatte sich der leidenschaftliche Biker mit seinen Freunden vom Motorradclub in Kager zusammengesagt. Als ein Vereinskamerad kam und von Überschwemmungen in Neukirchen nach schwerem Regen berichtete, kam Reinhold Breu nicht mehr bis zu seinem Betrieb durch. Sein Sohn schaffte es gerade noch, er selbst musste hilflos zusehen, wie sein gesamter Betrieb, mit allen erst nach dem Hochwasser von 2011 neu angeschafften Maschinen, 1,75 Meter tief im Hochwasser stand.

Wasser und Schmutz überall

Span- und Schichtholzplatten hatten für einige Stunden im Wasser gestanden, die Feuchtigkeit breitete sich auf das gesamte Material aus. Alle Beschläge, Schrauben, Scharniere und sonstige Zubehörteile zeigten wenige Tage nach Ablauf des Hochwassers Roststellen – nur noch Schrott! Die Trockenkammer für das Holz war völlig zerstört, im Holzlager hing das Heu zwischen Brettern und Läden.

„34 000 Euro hat vor fünf Jahren meine neue Formatkreissäge gekostet, 500 Euro habe ich jetzt noch dafür gekriegt“, erzählt der Schreinermeister. Vierseithobel, Fräsmaschinen, Kantenanleimmaschine – alle elektronischen Steuerungen und Motoren waren kaputt.

„34 000 Euro hat vor fünf Jahren meine neue Formatkreissäge gekostet, 500 Euro habe ich jetzt noch dafür gekriegt.“Schreinermeister Reinhold Breu

Obwohl alle unter dem Wassereinbruch gelitten hatten, habe die Feuerwehr zunächst Vorbildliches geleistet, sagt Reinhold Breu, auch eine enorme Nachbarschaftshilfe ermöglichte nach der Katastrophe eine schnelle Räumung der betroffenen Betriebsgebäude. In der Nachbarschaft sah es nicht besser aus als im Betrieb der Breus: 100 Häuser waren von dem Hochwasser betroffen, das der Tradtbach, der Klapfenbach und der Walchinger Bach gemeinsam in den Freybach gebracht hatten. 200 Feuerwehrleute aus dem gesamten Hohenbogen-Winkel halfen in der ersten Not.

Viele Fragen – wenig Erfolg

Erst als immer mehr Bürger bei der Marktgemeinde vorstellig wurden und ihre Schäden anmeldeten, kamen auch finanzielle Hilfen in Gang. „Ich musste Arbeit für 10 000 Euro in den Container werfen“, erzählt Reinhold Breu. Was ihm geblieben ist vom Hochwasser, „das sind 70 000 Euro Schulden“, sagt der 58-Jährige. Weil die Regierung für Maschinen nur 50 Prozent des Zeitwerts ersetzte, habe er seine zuvor neuen Maschinen durch gebrauchte ersetzen müssen. „Und ich habe drei Monate keinen Pfennig verdient“, sagt Reinhold Breu. Wenigstens die Bank habe ihm großzügig seinen Kreditrahmen erhöht.

Die Soforthilfe der Regierung mit 5000 Euro war eher ein Tropfen auf den nassen Stein. Dabei hielt sich Reinhold Breu nach der Hochwasserkatastrophe von 1991 und dem Hochwasser von 2011 für gewappnet. Alle Türen und Fenster konnten kurzfristig mit Hochwasserschutz versehen werden. Nur – dazu reichte am 25. Juni die Zeit nicht mehr. Innerhalb von zwei Stunden sorgte das Wasser für Millionenschäden an 100 Häusern.

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