Veröffentlichung
Hatte der Räuber Heigl einen Enkel?

Ein Hohenwarther beklaute im 19. Jahrhundert die Reichen und unterstützte die Armen. Ein Buch erzählt von einem Nachfahren.

04.11.2016 | Stand 16.09.2023, 6:37 Uhr
Fred Wutz

Der Räuber Heigl, wie ihn der Kötztinger Maler August Philipp Henneberger sah. Zeitgenössische Bilder gibt es nicht, nur eine Beschreibung seines Körpers nach der Obduktion. Foto: MZ-Archiv

Abenteuer und Erlebnisse verspricht der Titel des Buches „Räuberheiglblut“, das in der zweiten Novemberhälfte in Bad Kötzting vorgestellt wird. Es handelt sich um die Lebensgeschichte des Josef Pritzl (1884 - 1931), die jener als handschriftliches Manuskript hinterließ. Herausgeber ist Josef Koller aus Hengersberg, seines Zeichens Rektor a. D. und ein gebürtiger Haibühler. Ein Umstand erregt an dem Buch besonderes Interesse: Die Hauptperson des Buches, Josef Pritzl, soll nämlich ein Enkelsohn des bekannten Räuber Heigl gewesen sein. Das ist dem autobiografischen Text zu entnehmen, im Übrigen sprechen auch einige Fakten dafür, die Koller durch seine Nachforschungen zusammengetragen hat.

Stimmige zeitlich Einordnung

Von der zeitlichen Einordnung her ist die (im Buch nachlesbare) Darstellung des ursprünglichen Verfassers als „stolzer Enkelsohn des Räuberhauptmanns Heigl vom Kaitersberg“ nicht von der Hand zu weisen: Josef Pritzl wurde am 7. April 1884 geboren und starb am 10. Oktober 1931. Er hinterließ eine Art Autobiografie, handschriftlich niedergelegte Erzählungen, wobei schon zu Anfang klarstellt und unter anderem schreibt: „Ich muss das meiste Blut von meinem Großvater haben, welcher Räuber vom Kaitersberg war.“ Der hier offensichtlich bezeichnete Räuber Michael Heigl lebte von 1816 bis 1857, seine Lebensgefährtin war die „Roude Res“, eine Theresia Pritzl, die aus Gotzendorf stammte und einige Zeit mit Heigl (größtenteils auf der Flucht vor der Obrigkeit) lebte. Der Räuber hatte mit ihr Kinder, so dass der genannte Josef Pritzl also durchaus sein Enkel gewesen sein könnte. Fakt ist – das hat Herausgeber Josef Koller nach seinen Worten verifiziert – dass der Vater des Josef Pritzl ein Georg Pritzl war, welcher wiederum von seiner Lebenszeit und den Umständen her der Sohn der besagten „Roudn Res“ gewesen sein müsste. Nachforschungen hierzu, speziell Einsichtnahme in diverse Register bei Gemeinden und Pfarreien, hat Josef Koller nach seinen Worten noch am Laufen, denn: „Ich habe mich da richtig hineingegraben, das Thema beschäftigt mich sehr!“

Authentisches Material

Josef Koller, in Haibühl gebürtig, stieß – wie er gegenüber unserer Zeitung berichtete – fast zufällig auf jenes Manuskript, das Josef Pritzl kurz vor seinem Tod verfasste. Dass dieses Material authentisch ist, lässt sich in dem Buch „Räuberheiglblut“ nachvollziehen, denn dort ist auch die am Grabe Pritzls gehaltene Trauerrede zu lesen (und auch als Schriftstück fotografisch abgebildet), in welcher genau diese Autobiografie erwähnt ist. Die Witwe Maria Pritzl hatte die schriftlichen Aufzeichnungen aufbewahrt und ihrer Nichte Kreszenz Koller übergeben. Diese hatte die Autobiografie wiederum ihrem Neffen Josef Koller überlassen, der nun das Buch zusammenstellte, genau gemäß einer Art Auftrag, den ihm Pritzls Witwe (vom Herausgeber als „Tant-Mare“ bezeichnet) schon in jungen Jahre gegeben hatte – aus diesem Material doch einmal ein Buch zu machen.

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Der Herausgeber, Josef Koller, hat die Aufzeichnungen nach eigenen Worten „überarbeitet, zeitdokumentarisch ergänzt und zum 85. Todestag von Josef Pritzl in Buchform veröffentlicht“. Er macht kein Hehl aus seiner Einschätzung über das, was zustande kam: „Räuberheiglblut tropft – dem Titel entsprechend – fast aus jeder Seite. Eine Zeitreise der besonderen Art und ein reich bebildertes Lesebuch … das mehr als abenteuerliche Leben des Bayerwäldlers Josef Pritzl aus Hohenwarth“.

Viele Bilder und Darstellungen

Tatsächlich handelt es sich beim „Räuberheiglblut“ um ein Werk, das weder in die Kategorie Jugendbuch noch in die Richtung Unterhaltungsliteratur einzustufen ist. Eine Leseprobe, vom Herausgeber vorab zur Verfügung gestellt, zeigt, dass Josef Pritzl in teils drastischen Worten – offenbar so, wie ihm der Schnabel eben gewachsen war – schildert, wie eben um 1900 miteinander umgegangen wurde. Ergänzt werden Josef Pritzls Schilderungen, die rein textlich etwa die Hälfte der 376 Buchseiten ausmachen, durch viel Bildmaterial und Darstellungen aus jener Zeit. Herausgeber Josef Koller hat, wie er gegenüber unserer Zeitung sagte, „bewusst viel recherchiert und das alles illustriert“ – immer in der Absicht, eine Art Gesamtbild zu schaffen.

Arbeit wird noch fortgesetzt

Mit der Vorstellung des Buches, das der Herausgeber im Eigenverlag (zunächst in kleiner Auflage, die nach Bedarf erweitert wird) erscheinen lässt, ist für Josef Koller die Arbeit an der Thematik keineswegs beendet. Speziell die Verbindung des Josef Pritzl zum „Räuber Michael Heigl“ zu belegen, ist die erklärte Absicht. Koller sieht die Chancen dafür als gar nicht schlecht an, denn: „In den Verzeichnissen und Aufzeichnungen der Pfarreien ist viel vermerkt. Vor allem wenn es sich um uneheliche Kinder gehandelt hat, dann wurde da vom Pfarrer in den Listen schon einmal ein Ausrufezeichen oder ein Kommentar dazugegeben. Das weiß man, und davon versprechen ich mir etwas.“ Entsprechende Suchen hat der pensionierte Rektor aus Hengersberg jedenfalls geplant bzw. auch schon eingeleitet. Es bleibt also auch über die Veröffentlichung des Buches hinaus spannend – und vielleicht lässt sich ja demnächst über den Räuber Heigl und seine Nachfahren noch Interessantes berichten…

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