Menschen
Leben zwischen Ost und West

Wie sich in einem Foto zwei Lebenslinien von Gerhard Sabathil kreuzen – eine europäische Geschichte und die eines Zufalls.

19.08.2017 | Stand 16.09.2023, 6:16 Uhr

Was für eine Fügung: Professor Dr. Gerhard Sabathil hatte schon ein wenig Zeit, sich mit der Geschichte seines Onkels vertraut zu machen. Für seine Kinder Victoria und Frederic ist die Verwandtschaft zu dem bekannten Maler noch Neuland. Der Waldmünchener Hans Beer (rechts) hat nicht nur Fakten, sondern auch Bilder aus dem bewegten Leben zusammengetragen. Foto: Schoplocher

Ein weit gereister EU-Botschafter, die Einladung zu einer Lesung, der Blick auf ein Foto und dazu die Namen Offner und Ronsperg. Mosaiksteine – Jeder alleine ins Wasser geworfen zöge weite, spannende Kreise. Auch in der Gesamtschau ergibt sich eine „bemerkenswerte Story“. Findet jedenfalls Hans Beer, der an dieser Story nicht ganz unschuldig ist.

Schon vor Jahren hat der Waldmünchener Fotograf ein Faible für die (verborgenen) Schönheiten des Nachbarlandes entwickelt, architektonisch wie landschaftlich – was er freilich nicht losgelöst von ihrer (Kunst)Historie sehen will. So beginnt auch seine persönliche Ronsperg-Geschichte. Das vom Verfall bedrohte Schloss, das benachbarte Kloster Stockau und der jüdische Friedhof haben es ihm angetan. „Das hat mich so gefangen, dass ich immer wieder in dieser Sache unterwegs bin“, erzählt Hans Beer, als er sich mit Gerhard Sabathil trifft – vor dessen erstem Trenckfestspielbesuch.

Porträts der Adelsfamilie

Bleibt Maler Alfred Offner, dessen Porträts Hans Beer schon vor fast 20 Jahren in Bischofteinitz in seinen Bann zogen. Die wiederum sind untrennbar verbunden mit der Adelsfamilie Coudenhove-Kalergi, bis 1945 Besitzer des Schlosses im heutigen Pobežovice und vom 1947 gestorbenen Offner oft gemalt.

Auch Professor Sabathil kann wenig Licht ins Dunkel bringen, schließlich hat er den Onkel nicht gekannt, die Tante starb 1999 und sein Cousin wurde vom neuen Mann seiner Mutter adoptiert. Was er aber weiß: Offners Sohn, der in Hamburg lebt, hat offensichtlich dessen Talent geerbt, „er hat wunderbar gezeichnet“, erinnert sich der Diplomat. Schließlich habe er als Gewerbeschullehrer seine künstlerische Ader sogar in den Beruf einfließen lassen können.

Dass die Paneuropa-Bewegung ihre Wiege in Ronsperg hat, könnte als weitere Fügung durchgehen – wobei der promovierte Wirtschaftswissenschaftler in einer Rezension des Romans selbst das Wort „Filmstoff“ in die Feder genommen hat.

Geheimnisse bleiben

Da passt es, dass Geheimnisse bleiben und weitere Geschichten um die Geschichte. Dass Gerhard Sabathils Romanexemplar etwa derzeit bei einer seiner Töchter in Valencia weilt, weil diese der Stoff so interessiert. „Wer weiß, was daraus werden kann“, schmunzelt Hans Beer.

Oder der Ordner, den Gerhard Sabathil von seinem Vater geerbt hat und der den Schriftverkehr zu einem möglichen Lastenausgleich beinhaltet. „Muss ich mal reinschauen“, meint er mit einem gleichsam neugierigen wie hinterfragenden Lächeln. Auch der Lebensweg Gerhard Sabathils selbst erzählt mit den Ronsperger Wurzeln schließlich eine eigene, europäische Geschichte.

„Stellen Sie sich vor...“ – So beginnt mancher Satz und Sabathil an diesem Sommerabend und man ahnt, mit welchem Interesse und Wissensdurst die beiden Männer die Geschichte, die längst auch ihre geworden ist, weiterverfolgen werden.