Menschen
Zwei Diamanten auf Lebenszeit

Johann und Maria Hamperl setzten Wilting mit ihrer Metzgerei ein Denkmal. Jetzt feiert das Paar diamantene Hochzeit.

12.07.2017 | Stand 16.09.2023, 6:26 Uhr
Michael Gruber

Das Wiltinger Jubelpaar: Seit 60 Jahren halten sich Johann und Maria Hamperl die Treue und bauten einen Generationenbetrieb auf.Foto: Gruber

Johann Hamperl dreht seine Hände, fährt sich über die Finger. Kein Ehering zu sehen – „den habe ich bei der Arbeit nicht tragen dürfen“, scherzt der pensionierte Metzgermeister. Aufstehen um vier Uhr früh, ab in den Stall, das Vieh auf die Schlachtbank führen. Um 12 Uhr möchten die Gäste vom Wirt den Schweinebraten haben. Jahrzehnte lang schuftete Hamperl bis spät in die Nacht für sein Gasthaus an der Pfarrkirche, das er kurz nach dem Meisterabschluss von der Familie Neuhierl gepachtet hatte. Ein Knochenjob in Bayerns Armenhaus – doch im Landkreis Cham der späten 50er war das nicht sein erster Glücksfall.

Wahrscheinlich könnte Hamperl heute nicht so kerngesund da sitzen und von früher erzählen, wäre da nicht seine Herzensdame an seiner Seite. Maria heißt sie, 80 Jahre ist sie alt, neun Jahre jünger als er. Am Sonntag feiert das Paar die Diamantene Hochzeit: Vor 60 Jahren haben sich die Gründer von Wiltings bekannter Metzgerei das Ja-Wort gegeben. Und ihr Versprechen, sich durch Höhen und Tiefen treu zu blieben, hält noch immer.

Schicksalstag auf der Kirwa

„Die Frau muss auf jeden Fall gut kochen können, das hält gesund.“Johann Hamperl

Die Zeiten haben sich geändert: Statistisch endet heute jede dritte Ehe mit einer Scheidung. Was ist das Geheimnis hinter einer Partnerschaft, die mehr als ein halbes Jahrhundert überdauert? „Die Frau muss auf jeden Fall gut kochen können, das hält gesund“, sagt der 89-Jährige und schickt ein schelmisches Grinsen hinterher. Pragmatisch bleiben hat eben auch einen gewissen Charme – und mit entsprechendem Augenzwinkern antwortet seine Angetraute Maria: „Der Klügere muss einfach nachgeben. Und das ist meistens die Frau“, sagt die 80-Jährige.

Eine feste Wiltinger Hausnummer

Die Ehe der Hamperls stand von Beginn an unter dem Vorzeichen einer Zeit, in der Arbeit ein rares Gut war und oft nur die Selbstständigkeit blieb, für die eine Partnerschaft funktionieren musste. 1944 zog die Wehrmacht Johann Hamperl an die mittlere Ostfront bei Tschechien ein, zwei Jahre später wurde er als einer der ersten Gefangenen von den Sowjets wieder entlassen. Bei der Metzgerei Schifferl in Wörth an der Donau beendete er seine Ausbildung zum Metzger und sattelte einen Meisterbrief auf. Über einen guten Freund verschlug es den gebürtigen Ebersreuther zuerst nach Lam als Arbeiter auf einer Straßenbaustelle, ehe er auf ein Gasthaus in Wilting aufmerksam wurde, das zur Pacht ausgeschrieben war.

„Die Familie Hamperl hat maßgeblich die Entwicklung von Wilting vorangetrieben.“Bürgermeister Sepp Marchl

Mit seiner Frau Maria machte Hamperl den Gasthof Neuhierl bei der Pfarrkirche zur Instanz im Dorf – 12 Jahre lang. „Damals gab es in Wilting nur 21 Hausnummern“, sagt er, „aber die Gemeinde fing plötzlich an zu wachsen“. Ein Grundstück stand frei: die Chamer Straße 56. Von hier aus sollte die Gemeinde künftig mit Lebensmitteln versorgt werden und aufblühen. „Die Familie Hamperl hat maßgeblich die Entwicklung von Wilting vorangetrieben“, würdigt der Bürgermeister der Gemeinde Traitsching, Sepp Marchl, das Lebenswerk.

Bis ins Jahr 1987 führten die Hamperls die Metzgerei, mit ihren zwei Töchtern Elisabeth und Ingrid wohnten sie im Geschoss über dem Schlachthaus. Nach knapp 20 Jahren bekam Johann jedoch Probleme mit dem Herzen. Er ließ sich mit seiner Frau Maria in einem Haus in der Radlinger Straße nieder und übergab die Metzgerei seiner jüngeren Tochter Elisabeth, die seither das Geschäft mit ihrem Mann, dem Metzgermeister Siegfried Kiesl führt.

Langeweile? – Im Gegenteil. „Wir lassen es ruhig angehen, unternehmen Busreisen an Seen und Berge oder sind einfach nur im Garten“, sagt Maria im Namen des Jubelpaars im Ruhestand. Ihr Ehering sitzt immer noch fest am Finger – und der von Hans? „Ich weiß gar nicht, ob der noch drauf passt“, sagt der schmunzelnd und wirft seiner Angetrauten einen Blick zu, den kein Ring ersetzen kann. Für eine „Diamantene“ braucht es einfach mehr als bares Gold.

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