Diebstahl
Eine plagt sich, andere ernten

Luise Naderer bewirtschaftet Streuobstwiesen rund um Riedenburg. Immer öfter fahren Andere die Ernte ein. Nun reicht es ihr.

11.10.2017 | Stand 16.09.2023, 6:18 Uhr

So mancher Zeitgenosse hält Streuobst-Wiesen für einen Selbstbedienungsladen. Die wenigsten Flächen sind aber „herrenlos“. Foto: dpa

Luise Naderer ist so sauer wie der Apfelsaft, den Unbekannte vielleicht gerade abfüllen: von Luise Naderers Äpfeln. Die wollte sie bis zur vollen Reife hängen lassen, um sie dann erst zu mosten. Doch immer öfter kommen der Streuobst-Direktvermarkterin dreiste Diebe zuvor und räumen ihre Bäume leer. So oft, dass die Riedenburgerin jetzt Anzeige erstattet hat. Denn „das ist existenzbedrohend für mich“, erklärt sie im Gespräch mit unserem Medienhaus. Und klagt: „Die Leute achten das Eigentum Anderer nicht mehr“.

Seit sie vor rund zehn Jahren aus der Hallertau ins Altmühltal gezogen ist, baut Naderer eine regionale Direktvermarktung auf, ihre „Luisengärten“: Auf eigenen und gepachteten Flächen, verstreut im Umkreis von 20 Kilometern um Riedenburg, legt sie auch neue Streuobst-Bestände an; vor allem aber richtet sie bestehende, oft Jahrzehnte alte Anlagen wieder her. Eine richtige Plackerei, wie sie schildert: „Oft sind die Wiesen von Brombeeren und Sträuchern zugewuchert“. Einmal ausgelichtet, müssen sie regelmäßig gemäht werden. Die teils jahrelang ungepflegten Bäume – Äpfel vor allem, Birne, Kirsche, Zwetschge – müssen neu ausgeschnitten werden, damit sie nennenswert Ertrag bringen. Daneben fängt sie an, junge Bäume mit alten Sorten zu veredeln. Rund 500 Bäume bewirtschaftet sie mittlerweile.

Pomologie, also Äpfelkunde, Gartenbäuerin, Baumwart, Direktvermarktung: Für all das hat sich Luise Naderer weitergebildet, seit sie, als Gartenpflegerin unterwegs zu Kunden, immer mehr verwilderte Obstbaumbestände entdeckte und aus ihrer Leidenschaft dafür nun schrittweise ein Erwerbsbetrieb wird. Sie betreut öffentliche und private Flächen. Oft seien es ältere Menschen, die sich freuen, dass ihre lange gehegte Obstwiese in „gute Hände“ kommt, schildert sie. Naderer ist überzeugt, dass die Vielfalt alter Sorten den wenigen modernen Hochleistungssorten einiges voraus hat. Letztere werden ihrer Erfahrung nach von vielen Allergikern oft nicht mehr vertragen – Saft aus alten Sorten dagegen schon.

Das, aber vor allem wohl Luise Naderers praktische Vorarbeit dürften die Obst-Diebe zu schätzen wissen. In vielen Beständen habe sie sich ein, zwei Winter abgeplagt, um sie wieder bewirtschaftbar zu machen – die Ernte auf den nun erkennbar gut gepflegten Flächen fahren Andere ein. Im wahrsten Wortsinne: „Die Leute laden den ganzen Kofferraum voll!“ Bemitleidenswerter Hungerleider sei gewiss nicht, wer solche Mengen stiehlt – anstatt sie bei ihr am Hof zu kaufen.

Ein Paar habe sie mal auf frischer Tat ertappt, schildert die Riedenburgerin – und habe sich dann beschimpfen lassen müssen, was sie überhaupt wolle. Einen anderen Missetäter verfolgte sie und stellte ihn schließlich zur Rede. Ihm drohte sie damals nur mit Anzeige. Heuer, als ihr fast jede Woche mehrere Bäume geleert wurden, ging sie tatsächlich zur Polizei.

Tipps zum Diebstahlschutz kann sie nur bedingt umsetzen: Wo Obstwiesen als Ausgleichsflächen angelegt wurden, sei Einzäunen zum Beispiel nicht erlaubt. Der Einsatz von Überwachungskameras ist rechtlich limitiert – diesen Rahmen schöpft Naderer aber mittlerweile aus. Anlieger hat sie um Hinweise auf Obst-Diebe gebeten, bislang mit wenig Erfolg. Und auf Anraten der Stadt bringt sie mittlerweile Schilder an mit dem Hinweis, dass die Bestände bewirtschaftetes Privateigentum sind. „Die Leute trampeln einfach dran vorbei“, musste sie freilich schon beobachten.

Auf Schilder setzt künftig auch Georg Stöckl – vorbeugend. Obstdiebstahl hat der Rohrer Biobauer auf seinen im Landkreis verteilten Streuobst-Flächen zwar noch nicht nennenswert bemerkt. „Vielleicht aber auch, weil wir nicht alle Flächen regelmäßig kontrollieren“. Heuer, angesichts magerer Obsternte, könnte die Verlockung schon größer sein, vermutet er. Jedenfalls lässt Stöckl für seine Flächen Tafeln fertigen, die erklären: Probieren ist erlaubt, mehr nicht. Darunter der Hinweis auf seinen Hof, wo man Obst und Saft ganz legal erwerben kann. Einen solchen positiv formulierten Wink mit dem imaginären Zaunpfahl empfiehlt Stöckl auch seiner Kollegin Luise Naderer.

Allen Interessenten, die vermeintlich herrenlose Obstbäume entdeckt haben, rät Stöckl dringend, sich zum Beispiel bei der Gemeinde zu erkundigen, ob man dort pflücken respektive Andere darauf aufmerksam machen darf (auf Internet-Plattformen wie „mundraub.org“). Dass Obst lieber verwertet werden als verfaulen soll, sei zwar in Ordnung. „Aber wirklich ,herrenlose’ Bäume gibt es fast nicht!“

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