Wirtschaft
Hebt ECF in Kelheim mit neuem Eigner ab?

Anlagen für die Produktion des Ausgangsmaterials für Carbonfaser im Faserzentrum sind an die Chemiegruppe Solvay veräußert.

16.11.2017 | Stand 16.09.2023, 6:22 Uhr
Verbundwerkstoffe mit Carbonfasern von Solvay werden auch in der Flugzeugindustrie verarbeitet, laut Unternehmen u. a. im Airbus A 350. −Foto: dpa

Das Unternehmen European Carbon Fiber (ECF) im Faserzentrum Kelheim ist von der Dolan Holding GmbH (Eigentümer Alpina Partners und Dr. Jan Verdenhalven) an die internationale Chemiegruppe Solvay verkauft. Die Anlage von ECF ist zur Herstellung von Precursor (der Precursor ist ein Ausgangsmaterial für Carbonfaser). Dr. Verdenhalven weist im Zusammenhang mit dem Verkauf von ECF darauf hin, dass Solvay „in der ersten Liga im Carbonfaser- und Composite-(faserverstärkte Materialien)-Geschäft spielt“ und dabei unter den ersten drei Unternehmen weltweit rangiere.

Erlös bleibt bei Dolan Holding

Zu den Kosten von ECF (die Anlagen produzieren seit 2015 nicht mehr) äußern sich Verkäufer und Käufer nicht. Was ist mit dem Verkaufserlös? Dieser sei in der Dolan Holding. Nach Angaben von Miteigentümer Verdenhalven „werden damit auch finanzielle Mittel vorgehalten“, um jederzeit eine große, weitere Produktionslinie in Kelheim bauen zu können.

Als der Finanzinvestor Wheb (jetzt Alpina Partners) und Dr. Verdenhalven 2015 Dolan und ECF kauften, hieß es, dass man eine Precursor-Produktion in Kelheim plant. 2016 stieg Dolan bei der Carbosax GmbH ein. Wie Dr. Verdenhalven damals sagte, bekäme man so „einen schnellen Zugang zu einer Carbonfaser-Pilotanlage“. Die Beteiligung bei Carbosax „ist beendet, weil die Partner dort andere Ziel haben als wir“. Die Produktion mit der ECF-Anlage sei „immer mit einem Partner gedacht gewesen, der weltweit im Geschäft ist. Durch das Interesse von Solvay ergab sich eine noch bessere Option für die Wiederaufnahme des Precursor-Geschäfts am Standort“, sagt Verdenhalven.

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Dolan investiert fünf Millionen Euro

Wie auf Anfrage von Dirk Schulte, Leiter der Presseabteilung von Solvay in Deutschland, zu erfahren war, „wurde ECF von der Geschäftseinheit Composite Materials übernommen, die in Deutschland einen großen Produktionsstandort in Östringen hat. Mit rund 160 Mitarbeitern produziert Solvay dort leistungsfähige Verbundwerkstoffe für die Luft- und Raumfahrtindustrie – Flugzeugbauteile wie Landeklappen, Spoiler oder Tragflächen. Diese werden durch die speziellen Kohlefaserprodukte dünner und leichter – bei gleichbleibender Leistung“.

Nach Angaben von Dirk Schulte „sieht Solvay in dem Geschäftsfeld einen Wachstumsmarkt und investiert kräftig.“

Wie Dirk Schulte sagt, werde für die Produktion in Östringen bislang Precursor eingekauft von anderen Unternehmen. Zukünftig möchte Solvay Precursor in Kelheim selbst herstellen. - „Solvay will mit dem Kauf von ECF den Zugang zu einem wichtigen Ausgangsmaterial langfristig absichern. Ziel ist eine Führungsposition in Verbundwerkstoffen für die Autoindustrie.“ Wie auf Anfrage von Dirk Schulte auch zu erfahren war, hat „ECF derzeit keine Mitarbeiter. Diese werden bei Beginn der industriellen Produktion eingestellt werden. Bis dahin wird eine Pilotanlage am Standort für Entwicklungsarbeiten genutzt.“ Als ersten Schritt nennt er die Anstellung von Mitarbeitern – Ingenieure, „um das Herstellungsverfahren zu optimieren. Wenn das steht, wird die Anlage in Betrieb genommen.“ Das könnte nächstes oder übernächstes Jahr der Fall sein.

Schulte weist darauf hin, dass „Solvay interessiert ist an Precursor auf der Basis von Polyacrylnitril (PAN) für Kohlenstofffasern. Die anderen Aktivitäten Dolan (Acrylfasern) und Kelheim Fibers (Viscose) sind davon nicht berührt. Den Standort gemeinsam zu nutzen (Abwasserbehandlung, Lösemittelrückgewinnung, Kraftwerk)“ werde auch Solvay Kostenvorteile bieten, so der Leiter der Presseabteilung.

Interview mit Betriebsratschef

Herr Rummel, ihre Meinung als Betriebsratsvorsitzender zum Verkauf von ECF?

Die Dolan GmbH und European Carbon Fiber GmbH gehörten beide zur Dolan Holding GmbH, dessen Eigner der Finanzinvestor A... und Dr. Verdenhalven sind. Die ECF produziert momentan nicht und die Firma hat auch derzeit kein Personal. An Solvay wurden die Produktionsanlagen für Precursor am Standort Kelheim verkauft. Wir hoffen darauf, dass die Anlagen wieder in Betrieb genommen werden. Das würde bedeuten, dass die Dolan GmbH Spinnmasse für die Precursor-Produktion herstellen und verkaufen könnte und auch die Kelheim Fibres GmbH für Strom, Dampf, Abwasserentsorgung und Müllverbrennung einen weiteren Abnehmer hätte, ebenso für Dienstleistungen im Bereich Werkstätten und Verwaltung.

Warum wurde die Produktion auf der Anlage eingestellt?

Nachdem das Joint Venture von Lenzing und SGL Carbon 2012 scheiterte. Durch einen Sozialplan konnte das Personal weiter am Standort gehalten werden. Zwischenzeitlich wurde mit den Anlagen wieder Precursor in Kelheim für SGL Carbon hergestellt, bis SGL ihre eigene Anlage in Portugal in Betrieb genommen hat.

Seit wann werden keine Precursor mehr in Kelheim produziert?

Seit Ende 2015

Warum hat die Dolan Holding die Anlage nicht wieder in Betrieb genommen?

Es wurden Versuche unternommen, Abnehmer für Percursor zu finden. Haben Sie mit dem neuen Eigentümer der Anlagen schon Kontakt gehabt?Bislang hatte der Betriebsrat noch keinen Kontakt, aber wir versuchen über die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Kontakt zu den Betriebsräten an den deutschen Solvay-Standorten herzustellen. Dem Betriebsrat ist wichtig, wenn der neue Eigner Personal einstellt, dass sich die Firma EFC an der sozialen Einheit am Standort anschließt. Das würde für die Mitarbeiter bedeuten, dass alle tariflichen und betrieblichen Regelungen am Standort auch für sie gelten und auch der Betrieb hätte einige Vorzüge, die den Beitritt in die soziale Einheit interessant machen.

Ist der Verkauf für Sie ein Beitrag zur Stabilisierung des Faserzentrums in Kelheim?

Der Verkauf alleine ist es mit Sicherheit nicht, wenn dann wäre es die Wiederinbetriebnahme der Produktionsanlagen und ein Ausblick darauf, dass eventuell einmal die Karbonisierung für Precursor in Kelheim gebaut wird. Wir hoffen, dass der Verkaufspreis bei der Holding bleibt und in die Dolan GmbH investiert wird.

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