Gesundheit
Gefährliche Raupen sorgen für Angst

Eichenprozessionsspinner können allergische Reaktionen hervorrufen. Im Landkreis gibt es noch keinen Fall. Aber in Eichstätt.

02.06.2017 | Stand 16.09.2023, 6:30 Uhr
Edith Vetter

Als kleines Naturschauspiel der Gespinstmotte entpuppte sich der Strauch am Straßenrand von Sallingberg nach Rohr. Foto: Vetter

Borkenkäfer, asiatischer Laubbockkäfer, Mückenplage oder Buchsbaumzünsler sorgen seit geraumer Zeit für Schlagzeilen. Und jetzt soll auch noch der giftige Eichenprozessionsspinner sein Unwesen im Landkreis treiben – speziell am Straßenrand von Sallingberg nach Rohr. Auch in Bad Abbach wollen Bürger die Plagegeister gesichtet haben. Seit Tagen schicken besorgte Menschen deshalb an unser Medienhaus Fotos von einem kahl gefressenen Strauch, total umwoben mit einem silbrig glänzenden Gespinst, verbunden mit der besorgten Frage, ob es sich hier um den Eichenprozessionsspinner, eine aus der Mittelmeerregion stammende, giftige Raupenart handle. Der hat sich nämlich in den vergangenen Jahren zu einem gefürchteten Allergieträger entwickelt.

Asthmaanfälle möglich

Haben die Raupen erst ihre feinen Brennhärchen ausgebildet, reicht es, ein paar davon einzuatmen, damit der Körper mit stark juckenden Hautausschlägen, Reizungen der Schleimhaut und Asthmaanfällen reagiert. In Gespinstnestern, die wie Zuckerwatte aussehen, bevölkern die Raupen mancherorts ganze Alleen, Sportplätze oder Schwimmbäder. Am Freitag erreichte uns die Nachricht, dass die Schule Schernfeld (Landkreis Eichstätt, Luftlinie 56 Kilometer von Kelheim) geschlossen werden musste. Grund: „Leider sind die Eichen auf unserem Schulgelände mit dem Eichenprozessionsspinner befallen“, heißt es auf schule-schernfeld.de. Nach Informationen unseres Medienhauses mussten sich einige Schüler nach einer Fahrradprüfung am Donnerstag in ärztliche Behandlung begeben. In der kommenden Woche soll eine Spezialfirma die Tiere absammeln. Im Notfall müssten die Bäume gefällt werden, heißt es auf der Homepage der Schule.

Wenn die Raupen des eigentlich harmlosen Nachtfalters im Frühjahr aus den Baumkronen herabkriechen und ihre giftigen Härchen ausbilden, sollten Mensch und Tier die Eichen meiden, wo es geht, sagt Diplom-Ingenieur für Landespflege Andreas Ehlers vom VöF. Denn die Gifthärchen bleiben bis zu zehn Jahren in den Gespinsten hängen. Bis Donnerstag kannte er keine Meldungen vom Befall des Eichenprozessionsspinners in unserer Region. Wie der Name schon sagt, bevölkert der Schädling Eichen. Viel weiter nördlich als Augsburg sei das Tier bisher noch nicht vorgedrungen, viel weiter östlich auch nicht.

Im Fall bei Rohr gibt der Experte allerdings Entwarnung, da der „Südländer“ zum Gedeihen wärmere Gefilde bevorzuge. Allerdings würde der Klimawandel dazu beitragen, dass solche wärmeliebenden Arten deutlich zunehmen. In Sallingberg handelt es sich bei dem Gespinst zweifelsfrei um das seidene Kunstwerk der harmlosen Gespinstmotte, die seit Tagen viele Blicke anlockt.

Auch Bürgermeister Andreas Rumpel wurde von dem Naturschauspiel durch besorgte Bürger auf den Plan gerufen. Denn beim Schädling Eichenprozessionsspinner sei vonseiten der Gemeinde zwecks „Gefahr im Verzug“ Handlungsbedarf nötig, so Rumpel. Ihm sei auch wohler, seitdem die Entwarnung von der Naturschutzbehörde und Forstrat Winfried Scharold (AELF) Abensberg gekommen sei, der die Gespinstbildung eindeutig einer Gespinstmottenart zuordnen konnte.

Gespinst schützt

Die Raupen der Gespinstmotten fressen Bäume und Sträucher kahl und schützen dabei ihr „Schlaraffenland“ vor Fressfeinden, indem sie ein silbrig glänzendes Gespinst weben, in dem sie gesellig leben und fressen.

Die Gehölze überstehen das zumeist unbeschadet. Die Schmetterlingsart wird 20 Millimeter groß. Im Herbst schlüpfen die weiß-gepunkteten Raupen und überwintern. Im Frühjahr fangen sie an, sich durch die Blätter von Obstbäumen, Weiß- und Rotdorn, Schlehen oder Pfaffenhut zu fressen. Die kahlgefressenen Stellen an den Pflanzen sehen schlimmer aus, als sie sind. Beim zweiten Blattaustrieb wächst das Grün wieder nach. Dann sind die Schmetterlinge, zu denen sich die Raupen entwickeln, bereits geschlüpft und die Motte kann den Bäumen und Sträuchern nichts mehr anhaben. Die Falter schlüpfen im Juli und legen ihre Eier an Zweigen ab.