Studium
Mit Hogwarts-Schal ins erste Semester

Studienstart für die ersten elf Studenten des neuen OTH-Studiums in Abensberg: Sie alle sind Praktiker aus sozialen Berufen.

15.10.2016 | Stand 16.09.2023, 6:42 Uhr

So wie Mareike Rosin (li.) aus München wurden auch ihre zehn Kommilitonen von Abensbergs Bürgermeister Dr. Uwe Brandl am ersten Tag standesgemäß mit schwarz-weißem „Hogwarts“-Schal, orangem Kaffeebecher und anderen wichtigen Accessoires ausgestattet. Fotos: Weigert

Am Ortsschild war es am Samstag zwar noch nicht ersichtlich, doch Abensberg ist jetzt Hochschulstandort. Wie schnell die Zeit vergeht. Vier Jahre ist es her, seit die erste Idee in den Köpfen herumgeisterte, sagte Bürgermeister Dr. Uwe Brandl. Im Sommer 2015 gab es vom Ministerium nach einem Wettbewerb den Zuschlag. Am Samstag bogen ab 9.30 Uhr im ersten Stock des Aventinums das erste Mal nach und nach die elf ersten Studenten des neuen dezentralen Studiengangs „Soziale Arbeit“ der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Regensburg teils noch ein wenig schüchtern um die Ecke. „Ist das hier der Raum für die Studenten?“

Ja, das war er. Der einstige Depot-Raum mit kaltem Steinpflaster und einfachen verzinkten Regalen war auch für Nicht-Neulinge kaum wiederzuerkennen. Ein heller Holzboden und moderne Deckenleuchten sorgen nun für eine warme Atmosphäre. Für die ersten Studenten reicht zunächst die kleine Raum-Variante. Aber wie Melanie Schmid von der Stadt, die für den letzten Feinschliff und das Herrichten der Räume verantwortlich zeichnete, zeigte, gibt es hinter der Trenntür einen zweiten Raum. Durch das Herausnehmen der Tür lässt er sich flugs in einen größeren „Hörsaal“ ummodeln.

In den Bögen an der Wand werden die Regale noch mit Büchern aus dem Museumsbestand gefüllt. Dann wird es so hier richtig nach Seminarraum aussehen. Modern ausgestattet sind die OTH-Räume mit Whiteboard und Laptops. Denn digitales Arbeiten gehört seit Jahren zum Standard der OTH. Darüber hinaus sollen in dem Studiengang, der in dieser Form eine Neuheit an der OTH ist, auch virtuelle Lernformen angewendet und in den folgenden Semestern noch intensiver genutzt werden, sagte Professorin Barbara Seidenstücker, die zum ersten Vorlesungstag an die Abens gekommen war.

Erstmals in der Stadt war die OTH-Dozentin der Fakultät für angewandte Sozial- und Gesundheitswissenschaften aber nicht, wie sich im Gespräch herausstellte. Ihre allerersten beruflichen Schritte ging die Professorin nämlich vor 28 Jahren in Abensberg. Genauer gesagt bei Schwester Sieglinde im Cabrinihaus in Offenstetten. Dort absolvierte Barbara Seidenstücker, die vor dem Studium der Erziehungswissenschaften, Erzieherin lernte, in Offenstetten u.a. Vor- und Berufspraktikum.

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Streng genommen war es am Samstag gar nicht das allererste Zusammentreffen von Lehrender und Studenten. Am 26. September waren diese mit einer Blockwoche im OTH-„Mutterhaus“ in Regensburg gestartet, erklärte OTH-Pressesprecherin Diana Feuerer. Parallel drückte am Samstag auch ein weiterer Teil der insgesamt 32 Studierenden der „Sozialen Arbeit“ am Standort in Tirschenreuth erstmals die „Schulbank“. Kommende Woche folgen die Bewerber am Standort Cham.

Zwar waren Barbara Seidenstücker, die Pressesprecherin und die Studenten am Samstag erstmals in ihren Räumen. Doch dass die „ganz toll“ sein sollten, das hatte der „Flurfunk“ in Regensburg bereits vorab verkündet. Das Eingewöhnen dürfte da nicht schwerfallen, sagte die Professorin und eine Studentin meinte: „Toll, da hat Abensberg wirklich geklotzt, nicht gekleckert.“

Was am Samstag so keiner mehr bemerkte. Bis zum Freitag war in Abensberg gewerkelt worden, verriet Tobias Hammerl. Der Abteilungsleiter der Stadt, der sowohl Abensbergs Bewerbung um den Zuschlag als OTH-Standort wie auch den Umbau der Räume fachlich begleitet hatte, führte Studenten und Professorin durchs Aventinum. Weil ihm das Projekt am Herzen liegt, unterbrach er am Samstag für den Auftakt gerne seinen Erziehungsurlaub.

Nun liegen neun von eigentlich elf Semestern vor den Studenten. Wegen der Berufsausbildung werden ihnen zwei Semester „geschenkt“. Manch einer war sich noch unsicher, ob sich die Doppelbelastung mit Beruf und Studium so leicht wuppen lässt. Damit der Einstieg glückte, überreichte Bürgermeister Dr. Uwe Brandl an Studis und Professorin eine „Schultüte“. Mit schwarz-weiß gestreiftem „Hogwarts“-Schal, orangefarbenem Kaffeebecher und einigen weiteren „überlebenswichtigen“ Accessoires.

Gut, dass auch ein Stift enthalten war. So war das WLAN-Passwort schnell notiert. Dann blieb nur noch die Schlüsselübergabe an den spontan gekürten Gruppensprecher. Und Bürgermeister Brandl verkündete noch schnell, dass die Bürgerstiftung plane leistungsabhängig für einen Studenten ein Stipendium auszuloben. Dotiert mit 1500 Euro.

Dann übernahm die Professorin. Am ersten Tag in Abensberg standen sozialpädagogische Fallstudien und Diagnostik auf dem Plan. Einzelne Fälle sollten bis 15.45 Uhr auch gleich diskutiert werden. Seidenstücker freut sich bei dem neuen Projekt auch über den „Luxus“ so kleiner Gruppen. In Regensburg sitzen üblicherweise 30 bis 50 Studenten vor ihr. Neben ihr werden die Studenten noch viele weitere Dozenten kennenlernen. Mediziner, Psychologen, Juristen, Sozialarbeiter oder Künstler werden ihr Wissen an sie weitergeben.

Das sagen die Studenten

Marina Meixner aus Weltenburg arbeitet seit vielen Jahren bei der Frühförderstelle „Magdalena“ der Katholischen Jugendfürsorge in Abensberg. Die Erzieherin hat Zusatzausbildungen u.a. als Montessoripädagogin. Ein Studium war früher schon ihr Wunsch. Mit den Kindern ließ sich der aber nicht realisieren. Dass der neue Studiengang berufsbegleitend ist, gab bei ihr den Ausschlag, sich anzumelden.

Hubert Zeilbeck aus Offenstetten ist gelernter Heilerziehungspfleger. Seit 1998 arbeitet der 41-Jährige im Wohnheim im Cabrinizentrum als Betreuer. Zum OTH-Studium am dezentralen Standort Abensberg meldete er sich an, „weil ich mich beruflich weiterentwickeln möchte“. Er freut sich in den kommenden Semestern auf neues Wissen. Der Studienplan verspricht breitgefächerte Inhalte und Themen.

Franziska Bortenschlager ist die einzige Studierende im Abensberger Premieren-Semester, die aus dem Vorschulbereich kommt. Die Mainburgerin arbeitet im dortigen Waldkindergarten. Die 50-Jährige träumte nach ihrer Ausbildung zur Erzieherin schon vor vielen Jahren von einem Studium. Doch dann zog sie ihre eigenen Kinder groß. „Soziale Arbeit“ an der OTH studiert sie nun für sich persönlich.

Nicole Herzog wohnt im Landkreis Regensburg, in Pfakofen. Die 24-Jährige arbeitet als Erzieherin in einer Wohngemeinschaft für Körperbehinderte. Durch das Studium hofft sie, dass ihre Berufsmöglichkeiten erweitert werden. Bislang hatte sie als Erzieherin wenig Chancen in den Jugendlichenbereich „hineinzukommen“. Doch wenn man sich umschaue, werden künftig im sozialen Bereich Fachleute noch gefragter sein.

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