Justiz
Tödlicher Unfall: Fahrer vor Gericht

Sein Auto erfasste bei Fußenberg einen Fußgänger, Alkohol spielte dabei eine Rolle. Hat der 74-Jährige fahrlässig gehandelt?

15.02.2017 | Stand 16.09.2023, 6:35 Uhr
Marion Boeselager

Das Bild zeigt die zertrümmerte Scheibe des Unfallwagens. Der Fahrer hatte einen Fußgänger übersehen, der bei dem Aufprall tödlich verletzt wurde.

Ein tragisches Ende nahm Anfang März vergangenen Jahres ein gemeinsamer Ausflug eines 78-jährigen Landkreisbürgers und seines Sohnes zum Schlachtschüssel-Essen in ein Lokal in Wenzenbach. Die beiden Männer waren gegen 21.40 Uhr zu Fuß auf dem Heimweg von Thanhausen in Richtung Fußenberg. Da kam ihnen aus Fußenberg auf der Hauzensteiner Straße ein Opel entgegen – offenbar als beide Männer gerade dabei waren, die Fahrbahn zu überqueren. Während der Sohn es noch auf die andere Straßenseite schaffte, erfasste der Wagen den alten Herrn frontal. Der 78-jährige wurde gegen die Frontscheibe des Opel und anschließend zu Boden geschleudert. Er erlitt ein Polytrauma und erlag noch am Unfallort gegen 22 Uhr seinen schweren Verletzungen.

Fahrer war alkoholisiert

Seit Mittwoch steht der 74-jährige Unfallfahrer, ein pensionierter Lehrer aus dem Landkreis, wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs vor dem Amtsgericht. Ihm wirft die Staatsanwaltschaft vor, den getöteten Fußgänger „infolge seiner alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit“ übersehen zu haben. Er hatte nach den Ermittlungen bei dem Crash mindestens 0,85 Promille im Blut.

Über seinen Anwalt Michael Haizmann erklärte der Angeklagte, es tue ihm sehr leid, dass durch ihn ein Mensch zu Tode kam. Es gehe ihm sehr nahe. Der 74-Jährige hatte sich nach einem Besuch bei einem früheren Kollegen und dem Genuss von drei Halben Bier „noch fit gefühlt.“ Auf der Heimfahrt habe er dann den Fußgänger übersehen.

„In Fußenberg habe ich meinen Tempomat auf 50 gestellt“, schilderte der ehemalige Lehrer den Unfall aus seiner Sicht. „Plötzlich tauchten rechts am Straßenrand Fußgänger auf. Einer winkte und trat einen Schritt auf die Fahrbahn. Ich wich aus. Plötzlich hörte ich einen Knall und sein Vater landete auf meiner Frontscheibe. Ich hatte ihn nicht wahrgenommen.“

Wiederbelebungsbesuche des Schwerverletzten durch zwei weitere Autofahrer blieben erfolglos. Der Notarzt konnte nur noch den Tod des Seniors feststellen.Auch der Opelfahrer erlitt einen Schock. „Ich bedaure sehr, was passiert ist“, sagte er vor Gericht. Er habe seitdem „schlaflose Nächte und andere psychische und physische Probleme.“

„Eigentlich weiß man doch: mehr als ein Bier ist nicht drin. Bei zwei wird's kritisch.“Richterin Frauke Helm

„Und nach drei Bier haben Sie sich noch fit gefühlt?“, fragte Richterin Frauke Helm nach. „Eigentlich weiß man doch: mehr als ein Bier ist nicht drin. Bei zwei wird's kritisch.“ Doch der Angeklagte bekundete, er habe „keine Probleme“ gehabt.

Einer der beiden Ersthelfer am Unfallort hatte den Unfall mit eigenen Augen gesehen. „Ich sah im Licht der Straßenlaterne auf der gegenüberliegenden Fahrbahn zwei Personen, die an sich hin und herzerrten.“ Erst habe er an eine Rauferei gedacht. Im Nachhinein habe er die Vermutung gehört, dass der Sohn wohl versucht habe, den deutlich langsameren Senior über die Straße zu befördern.

Doch dann seien die Schweinwerfer eines entgegenkommenden Wagens aufgetaucht. „Als der auf Höhe der Personen war, hörte ich einen dumpfen Aufprall. Bremsgeräusche hörte ich nicht. Dann sah ich einen Körper neben der Straße liegen.“

Er und eine Dame hätten Wiederbelebungsmaßnahmen eingeleitet und die Rettungskräfte verständigt. Doch jede Hilfe kam zu spät.

Sohn des Getöteten erschien nicht

Der Hauptzeuge des Prozesses, der Sohn des Getöteten, blieb indes dem Verfahren unentschuldigt fern. Richterin Frauke Helm meinte zwar, man könne das Verfahren auch ohne ihn zum Abschluss bringen: „Nach den Gutachten ist klar: Der Unfall war vermeidbar.“

Doch die Staatsanwältin bestand darauf, den Sohn des Opfers persönlich zu hören und seine Sicht der Dinge zu erfahren.Auch Verteidiger Haizmann meinte, man könne dann auch ein eventuelles Mitverschulden des Opfers und das angesprochene „Gezerre“ näher ausleuchten.

Richterin Helm dachte laut nach: „Ich frage mich auch die ganze Zeit: Wieso stellt sich der Sohn an die Straße und winkt, anstatt seinen Vater über die Straße zu ziehen?“ Auch Vater und Sohn waren bei dem Unfall leicht alkoholisiert.

Das Gericht verhängte gegen den nicht erschienen Zeugen ein Ordnungsgeld von 200 Euro, ersatzweise zwei Tage Ordnungshaft. Außerdem hat er die Kosten, die durch sein Fernbleiben entstanden sind, zu zahlen. Der Sohn soll nun bei einem Fortsetzungstermin im März gehört werden.

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