Interview
„Im Armdrücken schlage ich die Jungs“

Judoka Raffaela Igl (16) vom TSV Abensberg steht im Nationalteam. Wie sie so weit kam und warum sie nicht „Schickimicki“ ist.

29.03.2017 | Stand 16.09.2023, 6:23 Uhr
Raffaela Igl (l.) hat in Deutschland nur die zwei Jahre älteren Dauerrivalin Marlene Galandi (r.) vor sich. −Foto: Fotos: Anton Igl

Den zu Ende gehenden März eroberte die 16-jährige Raffaela Igl wie ein Frühlingssturm, im positiven Sinn. Die junge Judoka des TSV Abensberg holte sichzunächst den dritten Rang bei den deutschen U18-Meisterschaftenund wurde dafür erstmals für ein European-Cup-Turnier nominiert. Auf Anhieb schaffte sie in Zagreb den siebten Rang. Als sie aus Kroatien zurückkehrte, erfuhr sie: Sie steht ab 1. April im deutschen Judo-Nationalkader der U18 (C-/D-Kader).

„Mit einem älteren Bruder geht’s schon mal heiß her.“Raffaela Igl

Wie zur Bestätigung räumte sie am vergangenen Wochenende Rang zwei beim internationaler Thüringen-Pokal ab, mit Siegen gegen eine Niederländerin, ein Deutsche und eine Brasilianerin, und der Finalniederlage gegen ihre Dauerrivalin Marlene Galandi (Potsdam). Nach diesem „Super-Monat“ stand die junge Rottenburgerin Michael Resch und Martin Rutrecht Rede und Antwort.

Raffaela, seit wann kämpft du für Abensberg und wie ist es, als Mädchen auf der Judo-Matte zu stehen?

Seit ich ein junges Mädel bin, trainiere und kämpfe ich beim TSV Abensberg. Ich kann auf Anhieb gar nicht sagen, wann ich anfing. Jedenfalls habe ich kein Problem, mich auf der Matte zu behaupten. Ich würde mich als ziemlich mutig bezeichnen.

Wie kamst du zum Judo-Sport?

Mein älterer Bruder macht auch Judo. Er hat mich zu diesem Sport gebracht und war schon ein kleines Vorbild. Ich musste von klein auf lernen, mich durchzusetzen. Mit einem älteren Geschwisterchen geht es schon Mal heiß her, da muss man Wege finden, um nicht ständig als Verlierer vom Platz zu gehen. Ich bin aber enorm stolz und froh, dass ich von meinem Bruder viel gelernt habe.

Du gehst in ein Gymnasium. Wirst du als Judoka von den Schulkollegen ab und an herausgefordert?

Na ja, wir balgen jetzt nicht in der Schule auf dem Boden rum. Aber beim Armdrücken bezwinge ich die Jungs aus meiner Klasse, und auch so habe ich keine Angst, mich bei einer Konfliktsituation vor jemanden zu stellen.

„Das Geld für teure Schuhe spare ich mir für Wichtigeres auf.“Raffaela Igl

Junge Frauen in deinem Alter beschäftigen sich gerne mit Mode und Styling. Wie sieht es da bei dir aus?

Ein Schickimicki-Mädel bin ich einfach nicht. Bei mir steht Judo ganz oben. Das Geld für teure Schuhe oder Lippenstift spare ich mir für Wichtigeres auf. Ich brauche diese reinen Lifestyle-Zeichen nicht.

Die letzten Wochen waren für dich ein Turnier-Rausch. Wie hast du die Auftritte empfunden?

Bei den deutschen Meisterschaften in Herne hatte ich ein wenig Pech, dass ich im Halbfinale auf die dominierende Marlene Galandi traf. Sie war die Titelverteidigerin und wechselt bald zu den Juniorinnen hoch. Ich bin zwei Jahre jünger, gegen sie komme ich einfach noch nicht an. Wäre ich nicht in ihrem Pool gelandet, hätte ich mich ins Finale kämpfen können. Aber Bronze ist natürlich auch sehr schön.

Zagreb war dein erster Einsatz bei einem Turnier der europäischen Jugendspitze. Lief es dort mit Rang sieben nach deinem Geschmack?

Ja und nein. Ich bin gut in den Wettkampf gestartet. Die ersten beiden Duelle habe ich schnell gewonnen, in der dritten Runde leider verloren. Auch die Trostrunde habe ich erfolgreich begonnen. Aber eine Holländerin hat mir den Traum von einer Medaille zerstört. Sie war groß, hatte längere Arme und war mir kräftemäßig einfach überlegen. Letztlich wäre mehr drin gewesen, es gibt noch Luft nach oben. Aber ich bin jung und habe noch Zeit (lächelt).

Wie war die Reaktion deiner Abensberger Trainer?

Radu Ivan, der Landestrainer am Nachwuchsstützpunkt in Abensberg, kam nach dem Turniertag auf mich zu und meinte, dass er sehr stolz auf mich sei. Das tat in dem Moment wirklich gut, denn ich war schon etwas enttäuscht nach meinem Ausscheiden. Auf jeden Fall waren die Erfahrungen eines internationalen Turniers sehr wichtig. Allein das Drumherum muss man mal erlebt haben.

„Natürlich möchte ich zu Olympia – wer träumt nicht davon?!“Raffaela Igl

Kaum warst du zurück, kam die Nominierung fürs U18-Nationalteam. Ein tolles Gefühl, oder?

Klar! Ich wollte den Schritt über die anstehenden Nominierungsturniere schaffen. Dass es vorher geklappt hat, ist umso schöner. Mein Können will und muss ich weiter unter Beweis stellen. Beim Thüringen-Pokal hat es ja geklappt – wäre mir nicht wieder Marlene Garlandi im Finale gegenüber gestanden. Gut ist, dass ich jetzt über Nationalkader-Lehrgänge noch mehr am Judo arbeiten kann.

Die Berufung ins Nationalteam ist ein erster Schritt. Welche Ziele verfolgst du?

Wenn ich mein Können abrufen und ausbauen kann, sind höhere Aufgaben durchaus denkbar. Irgendwann später, bei den Frauen, würde ich natürlich gerne mal an Olympischen Spielen teilnehmen. Welcher Sportler träumt nicht davon?

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