Wiegenfest
Prost Dr. Schneider zum 90. Geburtstag

Seit 1928 gehört das Weiße Brauhaus in Kelheim den Schneiders – den Seniorchef interessiert nach wie vor die Brauwirtschaft.

01.02.2018 | Stand 16.09.2023, 6:11 Uhr
Elfriede Bachmeier-Fausten

Der Seniorchef der Weißbier-Brauerei, Dr. Georg Schneider, feiert am 1. Februar seinen 90. Geburtstag. Foto: eb

Geboren und aufgewachsen ist er in München, aber Kelheim wurde zur Heimat für ihn: Dr. Georg Schneider lebt mittlerweile seit Jahrzehnten in der Wittelsbacherstadt an der Donau, in der er heute mit 230 Gästen und 100 Mitarbeitern und Rentnern der Brauerei seinen 90. Geburtstag im Weißen Brauhaus feiert.Das Unternehmen hat er bereits vor längerer Zeit seinem Sohn Georg VI.übergeben. Dr. Schneider ist seit 20 Jahren offiziell im Ruhestand, jedoch nach wie vor Beiratsmitglied derBrauerei Schneider & Sohn. Mit Interesse verfolgt der einstige Präsident des Bayerischen Brauerbundes die Entwicklung der Brauwirtschaft.

Ein Rezept für hohes Alter

„Mir geht es guad“, sagt der bekannte und angesehene Kelheimer. Das ist der Fall, seitdem er 2012 eine Herzklappe und drei Bypässe bekam. Der Rollstuhl ist mittlerweile „mein unbedingter Begleiter“, so der geschätzte Senior. Er ist geistig äußerst fit. Und worauf ist das zurückzuführen? „Das macht natürlich die Schneider Weisse“, antwortet er mit einem Lächeln.

Als Sohn von Anna und Georg Schneider ist er am 1. Februar 1928 im Rotkreuzklinikum in der Landeshauptstadt geboren worden – das Jahr, in dem der Vater die Brauerei in Kelheim zu der seit 1872 bestehenden Weißbier-Braustätte in München kaufte. Diese ist aber im Zweiten Weltkrieg 1944 zerbombt worden. Die Schneider-Brauerei hat nach wie vor ihren Sitz in München, aber gebraut wird seit über 70 Jahren nur noch in Kelheim.

Die Stadt, die zu seiner Heimat wurde, lernte Dr. Schneider als Kind nicht kennen. Das erste Mal kam er unmittelbar nach dem Krieg hierher. Man habe nicht gewusst, „ob der Betrieb in Kelheim überhaupt noch steht. Das Telefon ging nicht.“ Es war nicht einfach, hierher zu kommen. Ein Onkel von Georg V. „war Staatsrat, eingesetzt von Amerikanern, und musste in Regensburg etwas inspizieren“. Mit ihm habe bis Regensburg mitgefahren werden können. Vater und Sohn Schneider versuchten dann „ab 16 Uhr nach Kelheim zu kommen“, da es keine Übernachtungsmöglichkeit gegeben habe.

Zu Fuß ging es Richtung Zielort. Damals habe es u. a. eine Ausgangssperre nachts gegeben. Immer wenn man Schritte gehört habe, sei man schnell in den Straßengraben gesprungen. In der Morgendämmerung waren die beiden Schneiders schließlich in Kelheim angelangt. Die Maximilianbrücke war gesprengt, über die Pontonbrücke gelangten Georg IV. und Georg V. über die Donau. Das Weiße Brauhaus war im Krieg unversehrt geblieben.

Amerikaner haben Bier gesalzen

Die Schneiders blieben „ein paar Tage“, bis sich wieder eine Gelegenheit zur Rückfahrt nach München ergeben habe. Im Biergarten hätten sie „einen Amerikaner kennengelernt, der sich dort mit seinem Adjutanten gemütlich niedergelassen habe. Es sei der damalige sogenannte Stadtkommandant gewesen. Die Amerikaner hätten die Wirtin nach white beer gefragt. In der Wirtschaft habe es noch „alte Reserven“ gegeben. Die Männer aus den Staaten hätten das Weißbier mit Salz aus dem Salzstreuer gesalzen, „was zum Verlust des größten Teils des Weißbiers führte.“ Weil es überging. „Aber offensichtlich hat es ihnen geschmeckt“, so Dr. Schneider.

Er erwähnt auch die deutsch-amerikanische Verbrüderung mit Weißbier. „Am nächsten Tag haben sie uns zum Whiskytrinken eingeladen.“ Auf der Ladefläche eines Militärtrucks sei die Mitfahrt nach München angeboten worden. Dieser Stadtkommandant habe erlaubt, dass die Brauerei in Kelheim wieder den Betrieb aufnehmen habe dürfen. Gelaufen sei vorher nur noch die Turbine der Brauerei für die Stromerzeugung, Bier habe aber nicht mehr gebraut werden können, da Kohle zum Heizen fehlte. „Bald nach unserem Besuch ist dann provisorisch wieder zu brauen begonnen worden. Das Münchner Personal wurde zum Teil nach Kelheim evakuiert.“

1956 zog Dr. Schneider in die Wittelsbacherstadt. Er sei hier gut aufgenommen worden. In die Brauerei in Kelheim „ist viel Geld hineingeflossen.Wir haben ständig gebaut.“ Sein Leitspruch: „Wer nicht baut, bald nicht mehr braut.“ Der Jahresausstoß, als er den Betrieb übernahm, „waren einige tausend Hektoliter, jetzt sind es ungefähr 250 000 Hektoliter“.

Da in der Altstadt „der Platz nicht mehr ausreichte“, sei vor circa 25 Jahren überlegt worden, die Brauerei zu verlegen. Reißing sei für einen neuen Standort im Gespräch gewesen. Dann habe man aber „in Kelheim notwendige Grundstücke kaufen können“ und das Bierlager nach Saal verlegt. Dr. Schneider begann auch mit dem Auslandexport der Bierspezialität seines Unternehmens.

Etwa einmal monatlich kommt der Senior zum Weißen Brauhaus. Er sei aber „mehr in der Wirtschaft, um den Duft der Brauerei einzuatmen“. Bier braucht nach Ansicht Dr. Schneiders „Heimat“. Eine solche hat er in Kelheim gefunden.Zu Dr. Georg Schneiders Lebensphilosophie gehört: „Man muss zufrieden sein.“ Langeweile kennt er nicht. Er sitzt oft am Computer und so manches Mal noch am Flügel.

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