Bildung
Abc-Schützen und Zweitklässler im Team

Die Schule in Kelheim-Hohenpfahl wird „Flexible Grundschule“. Ab September lernen Überflieger und Lernschwache zusammen.

27.07.2017 | Stand 16.09.2023, 6:23 Uhr
Elfriede Bachmeier-Fausten

Ein Teil der Schüler dieser ersten Klasse im Schuljahr 2016/2017 besucht ab dem Schuljahr 2017/2018 eine Klasse der Flexiblen Grundschule an der Grundschule Kelheim-Hohenpfahl, mit im Bild Konrektorin Nina Rauscher. Fotos: Bachmeier-Fausten

Die Kreisstadt Kelheim hat ab dem neuen Schuljahr ein neues Angebot im Grundschulbereich: An der Grundschule (GS) Hohenpfahl wird die Flexible Grundschule eingeführt. Nach Auskunft von Rektorin Uschi Eberl besuchen insgesamt 72 Kinder die drei Klassen (jeweils 24 SchülerInnen der Jahrgangsstufen eins und zwei). Damit seien alle Plätze belegt. Alle Elternwünsche sowohl hinsichtlich des Angebots der Flexiblen Grundschule als auch der Regelklassen eins und zwei seien berücksichtigt worden.

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243 Grundschulen haben das Profil

Die Urkunde für das Schulprofil Flexible Grundschule konnten Schulleiterin Uschi Eberl und ihre Vertreterin Nina Rauscher kürzlich entgegennehmen. Die Grundschule Hohenpfahl ist eine der 28 Flexiblen Grundschulen, die ab dem Schuljahr 2017/2018 im Freistaat Bayern zu den bisherigen Profilschulen hinzukommen. So gibt es dann laut einer Pressemitteilung des Bayerischen Kultusministeriums 243 Grundschulen mit diesem Profil. An ihnen können Mädchen und Jungen die ersten beiden Jahrgangsstufen in einem, in zwei oder in drei Jahren bewältigen – ab dem neuen Schuljahr ist das auch an der Grundschule Hohenpfahl möglich.

Kultusminister Ludwig Spaenle stellt im Video das Konzept vor:

Nach Auskunft von Rektorin Uschi Eberl hat sich die Grundschule Kelheim-Hohenpfahl im Januar „in Absprache mit dem Elternbeirat, dem Lehrerkollegium und der Stadt Kelheim als Sachaufwandsträger“ entschieden, um das Profil Flexible Grundschule zu bewerben beim Bewerbungsverfahren des bayerischen Kultusministeriums. Uschi Eberl: „Wir bedanken uns beim Schulamt für die Unterstützung unser Bewerbung.“ Damit war die GS erfolgreich. Rektorin Uschi Eberl und Konrektorin Nina Rauscher betonen im Gespräch mit der Reporterin unseres Medienhauses: „Wir freuen uns auf die Herausforderung.“

Hinsichtlich des Schulprofils Flexible Grundschule nennt die Schulleiterin, „unsere Intention ist einfach der Umgang mit den ganzen Herausforderungen, die durch die heterogene Schülerschaft im Unterrichtsalltag auftreten“. Sie erwähnt Kinder mit Migrationshintergrund, Kinder mit pädagogischem Förderbedarf und Schüler, die in „ihrem Wissen und Können weit voraus sind“ und Kinder, „die Schwierigkeiten haben, sich in die Gemeinschaft zu integrieren. Bei den guten Gründen für die Flexible Grundschule bemerkt die Rektorin, dass die besonderen Voraussetzungen, Potenziale und Interessen der Schüler individuell gefördert würden.

Sie weist auf den seit 2014/2015 bestehenden LehrplanPLUS hin, „in dem alle Kompetenzen, die Kinder erwerben sollen über einen Zeitraum von zwei Jahren, festgeschrieben sind“. Beispielsweise, so Konrektorin Nina Rauscher, das Argumentieren, selbstständiges Arbeiten, Probleme lösen und vernetztes Denken.

Die bei dem Gespräch auch zu hören ist, sei vorgesehen, Zweitklässler als Tutoren für Erstklässler einzusetzen. „Lernen geschieht vorwiegend in sozialen Arbeitsformen“ – mit Partner und in der Gruppe. „Lernen miteinander und voneinander“, so die Rektorin.

Ein Thema werde auf unterschiedlichen Niveaustufen angeboten, erläutert Konrektorin Rauscher. Aufgaben seien so auszuwählen, dass sie für unterschiedliche Niveaus aufbereitet werden könnten und Kinder „unterschiedliche Zugänge“ hätten zur Lösung, so die Schulleiterin.

Als Beispiel nennt Nina Rauscher, dass die einen eine Mathe-Aufgabe vielleicht zeichnerisch lösten, andere dafür ganz strukturiert eine Tabelle anlegten.

Die Rektorin betont: „Wir sind auf ganz viel Austausch mit den Eltern angewiesen in Bezug aufs Kind“, um dieses ganz individuell zu fördern. Den Eltern müsse auch Hilfe angeboten werden für eine „häusliche Weiterarbeit“.

Flexible Verweildauer

In einer jahrgangsgemischten Klasse ist die Verweildauer von Schülern flexibel. Es hängt von der individuellen Leistungsfähigkeit eines Kindes ab, ob es ein, zwei oder drei Jahre die Klasse besucht. So könnte ein SchülerIn nach dem ersten Schuljahr gleich in die dritte Klasse wechseln, wenn die Kompetenzen gegeben sind, die am Ende der zweiten Klasse gefordert sind. Die Rektorin weist auch auf eine andere Möglichkeit hin.

Ein Kind könnte in einer Flexiblen Klasse das erste oder zweite Jahr wiederholen und bleibe so drei Jahre in der Klasse, ohne dass das dritte Schulbesuchsjahr auf die Pflichtschulbesuchszeit angerechnet werde.

Das Angebot Flexible Grundschule ist für die Rektorin und das Lehrerkollegium Neuland. „Wir waren schon auf Fortbildung“, sagt die Konrektorin. Man sei vernetzt mit Schulen, „die das Profil schon haben und wir werden begleitet von unserer Regionalkoordinatorin für Niederbayern, Barbara Blasius von der Grundschule Rotthalmünster“, so Uschi Eberl.

Was erwartet die Rektorin der GS Hohenpfahl vom Schulprofil Flexible Grundschule? „Wir erwarten uns eine veränderte Kultur das Wissenserwerbs, individuelles Fördern und Fordern aller unserer Kinder, egal welcher Herkunft und welchen Leistungsstandes.“

Das sagt die Schulrätin Nicola Moritz-Holzapfel zum Projekt:

Frau Moritz-Holzapfel, welche Erfahrungen hat das Staatliche Schulamt Kelheim mit der Flexiblen Grundschule bislang?

Wir haben an der Grundschule in Train eine Flexible Grundschule für die Jahrgangsstufen eins und zwei. Bisher haben wir gute Erfahrungen, weil die Kinder individuell gefördert werden können, vor allem in Anlehnung an den neuen Lehrplan, der offenes Lernen und offene Lernformen fordert. Somit sind für die Kinder optimale Unterrichtsformen möglich.

Was sind die Schwerpunkte in einer Flexiblen Grundschule?

Anknüpfen an vorschulische Bildung und Erziehung, jahrgangsgemischte Klassen, flexible Verweildauer, Lernrückmeldung und Leistungserhebung, Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit Eltern, individualisierende Lernangebote und die Erhebung der Lernausgangslage, sprich der Lernstand von Schülern.

Sehen Sie in der Flexiblen Grundschule die Grundschule der Zukunft?

Ja, weil Kinder gezielt aufgrund der Nutzung der Heterogenität von- und miteinander lernen.

Das ist ja ein Zurück an die Schulzeit vor Jahrzehnten oder?

Die Lernmethoden haben sich aber geändert. Der Einsatz von offenen guten Aufgaben für ein Lernen auf individuellem Niveau ermöglicht gezielte Lernangebote auf der Basis eines gemeinsamen Rahmenthemas und gemeinsamer Lernaufgaben. Zudem bilden Methoden kooperativen Lernens ein gutes Miteinander in der Klasse.

Wie wird das Angebot angenommen?

Es ist verständlich, dass Eltern zu Beginn interessiert nachfragen und durch vielerlei persönliche Gespräche mit der Schulleitung und Klassenlehrern sowie erfahrenen Referenten intensiv beraten werden. Eine enge Kooperation in Bildungs- und Erziehungsfragen ist die Grundlage für die Flexible Grundschule.

Ist das Angebot für Schüler unterschiedlicher Fähigkeiten geeignet?

Es besteht die Möglichkeit der ein-, zwei- oder dreijährigen Verweildauer entsprechend der individuellen Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler. Es gibt keine Anrechnung eines dritten Schulbesuchsjahres auf die Pflichtschulzeit.

Bewarben sich andere GS im Kreis?

Neue Neubewerbung gibt es nur von Hohenpfahl. (eb)

Unser Spezial „Abenteuer Grundschule“ gibt es hier zum Nachlesen.

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