Natur
Wie man ein neues Storchennest montiert

Das Storchennest auf dem ehemaligen Rentamt in Neustadt wog 700 Kilogramm und musste dringend beseitigt werden.

18.12.2017 | Stand 16.09.2023, 6:16 Uhr

Auf dem früheren Rentamt wurde das alte Storchennest durch ein neues ersetzt. Das neue hat Meister Adebar bereits besichtigt. Foto: zpi

Überraschend kam der Einsatz nicht. Im Gegenteil, eher mit langer Vorwarnzeit und sogar mit Ankündigung. Deshalb musste die Neustädter Feuerwehr auch nicht das Blaulicht einschalten, als sie unlängst auf dem Stadtplatz anrückte und die große Drehleiter ausfuhr: Der Einsatz galt keinem Notfall, sondern allenfalls der Verhinderung eines solchen – das Storchennest auf dem früheren Rentamt drohte mit seinem Gewicht den Giebel des Anwesens zu beschädigen.

Für Neustadts dritten Bürgermeister Bernhard Rieger gab es deshalb keinen Zweifel: Das Trum musste runter. Die Vortag waren nervös. Würde es gelingen, das langjährig in die Höhe gewachsene Storchennest in einem Stück abzuheben? Storchenexperte Sebastian Kellerer vom Landesbund für Vogelschutz (LbV) hatte den Horst im Januar untersucht.

Das Ergebnis der Untersuchung des Experten, vorgenommen in 20 Meter Höhe über dem Stadtplatz, fiel ernüchternd aus. Das Nest maß einen halben Meter in der Breite und 1,20 Meter in der Höhe. Es bestand aus Ästen, Erdreich und Kot und wog „mindestens 700 Kilogramm“, so Kellerer. Jahrzehnte lang hatten hier Störche genistet und ihren Nachwuchs groß gezogen. Jedes Jahr hatten die Adebars das Nest neu ausstaffiert. Das war nicht ohne Folgen geblieben.

Umfangreiche Vorarbeiten

„Der Kommandant der Neustädter Feuerwehr, Jürgen Bucher, befürchtete deshalb, dass im schlimmsten Fall die vorhandene Halterung zusammen mit dem Nest den oberen Teil des Giebels beschädigen und in der Folge zum Einstürzen bringen könnte“, erläutert der dritte Bürgermeister. „Deshalb waren umfangreiche Vorarbeiten getroffen worden, die von der Firma Hofbauer mit einem mobilen Kran unterstützt wurden.“ Die Feuerwehr war mit ihrer Drehleiter ebenfalls im Einsatz.

„Ein erhebliches Personalaufgebot der Feuerwehr war notwendig für die Absperrungen am Boden und für die Befestigung des Horstes an den Kranhaken“, erklärt Rieger. Nach rund zwei Stunden Arbeit war es gegen Mittag soweit: Der Kranführer konnte vorsichtig damit beginnen, das Nest anzuheben. Viele Augenpaare richteten sich gespannt zum Giebel des früheren Rentamts.

Und anders als erwartet nahm die Aktion dann eine Wendung: Zwei Drittel des Nestes lösten sich vom Giebel und konnten auf den Lastwagen des Bauhofs geladen werden. Der Rest des Nestes blieb auf der Vorrichtung am Dach liegen. Der Grund: Im unteren Teil des Horstes hatten sich das Baumaterial der Störche innerhalb von Jahrzehnten zu hochwertigen Humus verwandelt.

Diese restlichen Teile des Nestes mussten von der Feuerwehr mühselig mit Gabeln und Schaufeln in einen Container geschaufelt werden. Nach drei Stunden war das alte Nest vollständig beseitigt.

Fachkundig gestaltet

Anschließend wurde ein Stahlkorb auf dem Giebel des ehemaligen Rentamts montiert. „Das ermöglicht es, künftig das gesamte Nest mit dem Metallkorb anzuheben“, sagt Bernhard Rieger. „Der Storchenbetreuer Sebastian Kellerer hat das Nest fachkundig ausgestaltet. Sogar mit ‚Parkettfußboden‘, wie einige Feuerwehrler witzelten.“ Der Boden des Nestes ist mit Holzspänen, Birkenzweigen und Stroh ausgekleidet, so dass die Störche den weiteren Nestaufbau vornehmen können.

Dass die Aktion erfolgreich war, zeigte sich noch am selben Tag. „Bereits kurz nach dem Abzug der Drehleiter und des Krans konnte ein Storch am Nest fotografiert werden“, teilt Bernhard Rieger mit. Jetzt hoffen die Verantwortlichen auf die Rückkehr von Adebars Partner (oder Partnerin) und eine erfolgreiche Brutsaison 2018.

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