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Wie modern darf ein Grab sein?

Grabstätten und -steine sind im Landkreis Kelheim traditionell aus Stein – eine Elsendorfer Firma geht nun neue Wege.

28.10.2017 | Stand 16.09.2023, 6:26 Uhr

Mit einer Kombination aus Metall und Glas will die Firma „Der Grabmacher“ aus Elsendorf künftig Gräber schmücken. Foto: Neumaier

Wie viel Modernität verträgt ein Friedhof? Mit dieser Frage mussten sich Gemeinde- und Stadträte auch im Landkreis Kelheim schon öfter befassen. Denn je mehr Mobilität in der Gesellschaft Einzug hält, desto mehr drückt sich dies auch beim Gedenken an die Verstorbenen aus. Das Gesicht des traditionellen Friedhofs wandelt sich. Es muss nicht mehr das große Grabdenkmal mit einem riesigen Grabstein sein. Eine würdige Gedenkstätte kann eine Mehrfachgrabstätte oder eine Urnenwand sein, mit einem Grabzeichen für alle oder kleinen Gedenksteinen, Liegeplatten oder Namenssteinen, die Raum für Individualität der Bestatteten bieten.

Mit der Individualität hält – bei aller Tradition – auch die Modernität immer mehr Einzug auf den Friedhöfen. Einer, der auf diese Schiene setzt, ist Gerhard Maier. Unter dem Label „Der Grabmacher“ werden moderne Metallgräber mit Glasgrabsteinen produziert. Es ist ein zweites Standbein Maiers, dem auch die Firma Maier Pulverbeschichtungstechnik aus Elsendorf gehört. In den Fabrikationshallen des Unternehmens, in denen sonst Balkone, Treppengeländer oder Material für die Industrie hergestellt und pulverbeschichtet werden oder auch schon Teile für ein Weltraum-Teleskop entstanden, hielten vor etwa zwei Jahren moderne Grabanlagen Einzug.

Idee entsteht aus Trauerfall

Die Geschichte dahinter ist traurig, erzählt Tom Kelch, der für „Der Grabmacher“ verantwortlich ist: „Als der Bruder unseres Chefs verstarb, suchte er für ihn eine etwas ausgefallenere Grabstätte – wurde aber bei keinem Steinmetz fündig. Da kam er auf die Idee, für seinen Bruder ein Grab aus Metall und Glas anzufertigen. Die Resonanz von Zulieferern oder Kunden war sehr gut, deshalb entstand die Idee, ein Unternehmen draus zu machen.“

Seitdem hat das Unternehmen Grabeinfassungen aus grundiertem und pulverbeschichtetem Stahl oder Edelstahl sowie poliertem Edelstahl im Portfolio. „Unser Ziel ist es ein modernes zeitgemäßes, pflegeleichtes und unvergessliches Andenken vom Verstorbenen für die Hinterbliebenen zu schaffen.“, sagt Kelch und ist sich bewusst, „dass wir gegen eine fest verwurzelte Tradition ankämpfen.“ Die Resonanz in Kundengesprächen sei zwar positiv, „doch zu einer Kaufentscheidung können sich nicht viele durchringen. Aber das ist kein Problem, wir wollen den Menschen die Skepsis nehmen. Elektroautos konnte sich auch keiner vorstellen und nun fahren immer mehr herum.“ Vorbehalte gebe es „vor allem bei Zwischenhändlern, für die wir Partner und nicht Konkurrenz sein wollen“, sagt er – also bei Bestattungsunternehmen oder Steinmetzen.

Steinmetze sind skeptisch

Skeptisch ist auch Steinmetz Georg Ostermeier aus Siegenburg: „Ich halte wenig davon. Mir wurde das Produkt angeboten, aber ich nehme es nicht in mein Programm auf. Vor allem weil ich finde, dass die modernen Gräber nicht in unsere Friedhofskultur passen. Metall ist in unserer Region ein begleitendes Material für Kreuze oder Ornamente, aber kein Hauptwerkstoff für Grabanlagen. Sie sind modern, aber nicht zeitgemäß.“

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Auch Petra Schinn vom gleichnamigen Steinmetz-Betrieb in Kelheim sieht in den Metallgräbern „allenfalls ein Nischenprodukt“, könne sich aber vorstellen, „dass wir unser Portfolio damit erweitern. Geschmäcker sind verschieden und der Kunde ist König“, sagt sie. „Bei uns ist es aber bisher nicht nachgefragt. Es dominiert Stein – vor allem aus heimischen Steinbrüchen – in allen Farben und Facetten. Poliert, satiniert, geschliffen oder naturbelassen. Das wird wohl auch so bleiben.“

Dass die Metallgräber bisher kaum Einzug auf den Friedhöfen im Landkreis halten, dafür sorgen auch Friedhofssatzungen, in denen Materialien für Grabeinfassungen und Grabsteine klar geregelt sind. „In den Friedhöfen sind nur pflanzliche Grabeinfassungen und Einlassungen aus Naturstein vorgesehen“, steht beispielsweise in der Satzung für die Abensberger Friedhöfe. Die Regelung ist allerdings von Ort zu Ort unterschiedlich.

Kelch ist das klar, er setzt aber darauf, dass „sich die Friedhöfe weiterentwickeln. . Außerhalb Bayerns ist das schon vielerorts so.“ Deshalb setzt das Unternehmen auch auf verschiedene Vertriebsarten wie z. B. über Onlineportale wie Amazon oder Ebay, sowie feste Vertriebspartner. Kelch will „in einem ersten Schritt den Markt Deutschland abstecken und dann über eine Internationalisierung nachdenken.“ Das wolle er auch über den Preis tun: „Wir können Gräber etwa 30 bis 50 Prozent günstiger anbieten, als analoge Produkte aus Stein.“ Er weiß die Lage aber einzuschätzen: „Nichtsdestotrotz werden wir ein Nischenprodukt bleiben.“ Auch deshalb wurde die Angebotspalette kürzlich um Urnengräber erweitert.

Der erste Schritt in die Öffentlichkeit soll bei der Fachmesse „Mein letzter Weg“ am 25. und 26. November in Erding gelingen.

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